Reisetagebuch von Katrin und Tom
Aktuelles
Wir sind z.Zt. in [] Entfernung von Berlin [0 km] Unsere akt. Uhrzeit [26.04 07:56] Deutschland (MEZ)
Bild des Tages
Ort [Parow] Dat [15.04-25.04] Tag [343-353] Temp [ca.15]
Afrika im Blick zurueck

Nun sind wir schon ueber eine Woche wieder in Deutschland. Nachdem wir zunaechst mit 24 Grad standesgemaess begruesst wurden, haben wir auch schon ein paar garstigere Tage hinter uns. Aber der Fruehling ist da und der Sommer in Sicht. Es ist unglaublich, wie schnell Deutschland mich wieder vereinnahmt hat. Natuerlich liegt es auch daran, dass man mit allen Leuten, die man ein ganzes Jahr vermisst hat, in lange, intensive Gespraeche eintaucht. Es ist eine Menge aufzuholen, teilweise ist das ziemlich anstrengend und vor allem ungewohnt, erst recht, nachdem wir uns ein ganzes Jahr fast nur allein hatten.

Afrika ist von hier aus gesehen weit, weit weg. Es ist seltsam, wie es mental von mir abrueckt, hatte es doch meine Sinne fuer so lange Zeit besetzt. Solange die Erinnerung noch intensiv ist, will ich eine Art Resuemee ziehen, wie wir es auch bei den anderen Laendern getan haben. Afrika. Fuer mich ist es der Teil der Reise, der mich am meisten emotional aufgewuehlt hat. Alle anderen Laender waren spannend und schoen, Afrika jedoch ist spannend, schoen und haesslich zugleich. Afrika ist faszinierend mit seiner einzigartigen, unvergleichlichen Tierwelt. Ein Elefant, der frei durch die Wildnis zieht und mir dabei sehr nahe kommt, ist fuer mich durch keine andere Tierbegegnung zu ersetzen. Wunderbare Landschaften, von riesigen Duenen bis zu ueppig gruenen Flussdeltas, aber auch fast unertraeglich endlose, ausgetrocknete und unwirtliche Halbwuesten haben einen faszinierenden Effekt auf den Reisenden. Auch wenn man manchmal waehrend der Fahrt glaubt, es nicht mehr sehen zu koennen, im Nachhinein versetzt einen diese Unberuehrtheit und von der Zivilisation (noch) verschonte Welt in eine Art Euphorie. Man kommt sich vor wie ein Eroberer, obwohl man zugleich weiss, wie privilegiert man ist, dort mit einem gut funktionierenden Auto durchzubrausen. Denn am Strassenrand, der Hitze ausgeliefert, stehen immer wieder Schwarze, die auf eine Mitnahme angewiesen sind, denn sie werden sich nie ein Auto leisten koennen.

Und damit komme ich auch zum haesslichen Teil dieser Reise: die unbeschreibliche Armut, die einem in Afrika begegnet. Vielleicht habe ich einen genetischen Defekt und einen zu hoch ausgelegten „Weichmacher” im Hirn, aber fuer mich laesst die Freude an der genialen, superkomfortablen Lodge nach, wenn ich weiss, dass die netten Frauen, die einem morgens das Fruehstueck machen, um die Ecke im heruntergekommenen Township leben. Wenn es gewittert und man sich das faszinierende Schauspiel am Himmel bequem aus dem Sessel anschaut, denke ich eben auch an die Menschen, denen es nun durch alle Ritzen in ihre Huette hineinregnet und die ganz sicher nicht erfreut ueber das schicke Gewitter sind. Afrika ist ein Ort der Kontraste. Die ganze Welt ist natuerlich so und auf dem Prinzip der Einteilung in arm und reich aufgebaut, aber es ist etwas anderes, im gutsituierten Europa schoene Waren zu konsumieren, ohne es direkt vor Augen zu haben, wie sie in den dritte Welt Laendern von Menschen produziert werden, die unter Bedingungen leben, die man halt wirklich besser nicht anschaut, um sich nicht die Freude zu verderben.

In Afrika jedoch kann man nicht entrinnen, denn man ist mitten drin. Die Gaestehaeuser und Nationalparks sind Oasen der Schoenheit und des Komforts inmitten einfachster Lebensformen. Mich hat es halt einiges an eigener Freude gekostet. Und dennoch: viele, viele der traditionell lebenden Afrikaner sind sehr gluecklich mit ihrem Leben, denn sie schauen ja nicht mit meinen europaeischen Vergleichsaugen auf sich, sondern sehen sich im Vergleich zu ihren eigenen Nachbarn. Und natuerlich stellt sich auch hier die Frage: Wieviel materielles braucht es tatsaechlich zum „Glueck” (was immer das bedeuten mag)? Der dritte Mercedes ist es bestimmt auch nicht, so sehr man es sich auch einreden mag. Und so lehrt Afrika mit all seiner Einfachheit auch, sich auf das Wesentliche zu besinnen, und auch dafuer ist es eine gute und bedeutende Erfahrung.

Ich bin mir sicher, nicht das letzte Mal in Afrika gewesen zu sein, denn es gibt fuer mich kaum einen faszinierenderen Flecken auf der Welt. Auf jeden Fall habe ich in Afrika eine Menge gelernt. Und vielleicht hoert es sich etwas pathetisch an, aber es hat mein Leben bereichert.

Afrika?! Was wusste ich schon von Afrika? Ein gesundes Halbwissen durchwaberte mein Gehirn, als wir in Kapstadt landeten. Suedafrika, die groesste Volkswirtschaft des afrikanischen Kontinents und dann dieser Halbgott des menschlichen Gewissens, das leuchtende Beispiel fuer einen Weg ohne Mord und Totschlag: Nelson Mandela. Im Laufe der Reise verschwommen sogar solch starke „Wundermenschen” in ihrer gelebten Realitaet. Auch Mandela hat sich in massgeblicher Position an der Planung des bewaffneten Kampfes gegen die Weissen beteiligt, zwar noch mit der Vorgabe, bei den Sabotageakten kein Blut zu vergiessen, aber schon mit der resignierten Einsicht, dass der gewaltfreie Umbruch im Land nicht zu bewerkstelligen ist. Wer weiss schon, ob aus dem Gutmenschen Mandela, waere er nicht in diesem Stadium inhaftiert worden, nicht einer dieser fanatischen Kaempfer geworden waere, die ihre Gefaehrlichkeit aus der Kombination von ueberragendem Intellekt und charismatischer Ausstrahlung erreichen.

Nelson Mandela schwebt ueber diesem Land wie das personifizierte Gewissen. Er hat es geschafft, das Zusammenleben zwischen Schwarz und Weiss in einer Weise zu regeln, die mir ein gehoeriges Mass an Respekt abringt. Trotz der schreienden Ungerechtigkeiten und der widerwaertigen Idee der Apartheid (sprich purer Rassimus) leben hier die Menschen in einer scheinbaren Friedfertigkeit nebeneinander. Dieser scheinbare Frieden erlaubt das praktisch sorgenfreie Herumreisen im Land. Mit ein paar Grundregeln des gesunden Menschenverstandes bewaffnet passiert einem in Suedafrika nichts. Das groesste Problem sind die mentalen Barrieren im eigenen Hirn, die einen ueberall bewaffnete Banden erscheinen laesst, die einem fuer ein paar Rand die Kehle durchschneiden. Man kann und wird sich in Suedafrika sicherlich problemlos als Weisser von einer „weissen” Enklave zur naechsten bewegen und sich aus diesem Stueckwerk seinen Eindruck ueber das Land bilden. Was sieht man also?

Man sieht die Angst der Besitzenden (und das sind ganz ueberwiegend die Weissen) vor der Rache der Armen (und das sind ueberwiegend die Schwarzen). Praktisch kein Haus kommt ohne hohe Mauern aus, gerne unterstuetzt durch ein paar Ueberwachungskameras und mindestens einer schwarzen Sicherheitskraft, die die ganze Nacht ueber das Grundstueck schleicht und den Reichtum vor der boesen Welt verteidigt. Das sichert den Schwarzen ein paar Arbeitsplaetze und beruhigt die Besitzerseele. Ganz nebenbei freut sich natuerlich eine riesige Sicherheitsindustrie ueber den garantierten Umsatz. Im Bewusstsein lebend, alles notwendige zur Bewahrung des hart erarbeitenden Wohlstandes getan zu haben, ist das herrschaftliche Gehabe eine natuerliche Selbstverstaendlichkeit. Warum auch nicht sollte man gleich mehrere Hausangestellte haben, die fuer einen so ziemlich alles erledigen, was einem den Tag vergaellen koennte, waehrend man selbst das harte Leben geniesst. Zum Glueck kosten die nicht viel, mehrere Angestellte braucht man schon, denn der Schwarze an sich bewegt sich ja eigentlich nur, wenn man mit der Peitsche hinterher ist. Und „denen” muss man ja jeden Tag die einfachsten Sachen neu erklaeren und Geschwindigkeit ist auch keine Erfindung des Schwarzen Afrikas. Uns wurden jede Menge Tricks im Umgang mit „diesen” Menschen erlaeutert, z. B., sollte man sich unbedingt auf einen Stein oder die Treppe stellen, denn nur dann akzeptieren „die” die Anweisungen wirklich. Aha!

Was ich sagen will: Suedafrika hat mich landschaftlich und emotional nicht so erreicht, wie viele andere Laender auf unserer Reise. Das liegt daran, dass in diesem Land etwas nicht stimmt, das aus meiner Sicht in der ueber mehrere Generationen praktizierten Apartheidspolitik und dem dem weissen Menschen grundsaetzlich innewohnenden Ueberlegenheitsgefuehl (Der Erfolg bestaetigt diese Sicht, oder ??) begruendet ist. Ich waere nicht verwundert, wenn in diesem Land doch noch eines Tages der Revanchismus die Oberhand gewinnt und es zu sehr ueblen Exzessen der Gewalt kommt. Suedafrika, eine Reiseempfehlung auf jeden Fall, ein himmlischer Flecken auch und wer in unserem Winter einen warmen Ort sucht, der sollte sich die 11 Stunden Flug goennen. Suedafrika ist jedoch kein Muss.

Ein Muss jedoch sind Teile von Namibia und Botswana. Namibia betoert durch seine pure Landschaft, die Duenenlandschaft des Soussusvlei oder den rauen Nordwesten des Landes. Das Land strahlt fuer mich eine seltsame Faszination aus. Beginnend mit dem Eindruck „Was wollen die Menschen mit dieser Einoede?” wechselte das Gefuehl irgendwann zu „Nichts ist auch ganz schoen!”. Allerdings sollte man bei knapper Zeit hier keinen Erholungsurlaub erwarten, das geht schief. Alleine die Entfernungen koennen einem als Individualtouristen schon einen Strich durch die Rechnung machen. Und dann Botswana, der Chobe Nationalpark war unser Tierweltabenteuer Nr.1 der ganzen Reise. Sicherlich haben wir einen sehr guenstigen Zeitpunkt erwischt, und wir wissen nicht, wie sich die Tierwelt und die Landschaft in diesem Nationalpark in der Duerreperiode darbietet, aber auch dann muessen die Tiere hier irgendwo bleiben, und das Safariglueck scheint mir damit gesichert. Die Gegend um Kasane hat mich fasziniert und mit lockerer Leichtigkeit alle anderen Safariabenteuer in den Schatten des angestrengten Bemuehens degradiert.

Botswana ist ein Reiseland, das sich sehr auf ein gehobenes Reiseklientel eingerichet hat, und doch ist es (zumindest in der von uns bereisten Nebensaison) auch als Individualreisender gut und problemlos zu bewaeltigen, ohne dass man sich nach wenigen Tagen finanziell am Ende befindet. Die Menschen sind ueberaus freundlich, Geschwindigkeit ist auch hier eine Hexerei und abgesehen davon hat man den Eindruck, dass die Schwarzen hier tatsaechlich das Sagen und einen selbstverwalteten Wohlstand haben. Hoffentlich schafft das Land den Aufbau einer selbsttragenden Wirtschaft, die auf Dauer auch ohne den Reichtum der Diamantenindustrie auskommt.

Wenn ich nur zwei oder drei Wochen fuer das suedliche Afrika Zeit haette, wuerde ich empfehlen, sich einen Rundtrip durch die Laender Suedafria, Namibia und Botswana zusammenzustellen. Fuer groessere Entfernungen sollte man sich einen Flug goennen, obwohl auch das Erspueren der unendlichen Entfernungen mit zu dem Reiseerlebnis gehoert, aber bei knapper Zeit eher nur an den Nerven zerrt. Meine „Schnellrunde” wuerde jedenfalls wie folgt aussehen: Flug nach Kapstadt, Teile der Gartenroute abfahren, nach Windhoek fliegen, zu den Duenen von Soussusvlei, in den Etosha Nationalpark, weiter nach Botswana und dort in das Dreilaendereck um den Chobe Nationalpark, Rueckflug ueber Johannesburg. Voila, mehr suedliches Afrika verkraftet man in der kurzen Zeit eh nicht.

Na, das ist aber ein geballtes Programm fuer zwei bis drei Wochen... Ich gebe auch mal eine Empfehlung ab: Zunaechst sollte man ueberlegen, ob man eher auf Abenteuer oder auf Erholung aus ist. Falls man K.O. ist und lieber auftanken will, ist Suedafrika mit der Gartenroute wunderbar. Will man nicht zu weit mit dem Auto rumfahren, waehlt man die Strecke Kapstadt bis Port Elizabeth (oder umgekehrt). Mit dem Addo Elephant Nationalpark und bei Bedarf diversen privaten Reservaten hat man genug Moeglichkeiten zur Tierbeobachtung, man hat das Meer zum Baden dabei und auch noch eine interessante Stadt (Kapstadt).

Leute mit mehr Abenteuerlust wuerde ich nach Namibia und Botswana schicken. Von Windhoek ueber die Wueste in Sossousvlei, dann zu den Himbas (ein unbedingtes Highlight fuer mich), in den Etosha Nationalpark und ueber den Caprivizipfel hinueber nach Botswana mit dem faszinierenden Chobe Nationalpark, von da per Flugzeug wahrscheinlich ueber Johannesburg nach Hause.

Ach ja, wie ich hier so sitze und das schreibe, koennte ich doch wahrhaftig schon wieder losfliegen! Aber leider heisst mein Papa nicht Hilton (obwohl Paris, das dumme Ding, ja lieber in den Knast geht als etwas sinnvolles mit ihrem Reichtum anzustellen) und so muss ich mich halt wieder dem normalen Leben zuwenden. Aber ganz ehrlich: ich bin extrem gespannt, wie dieses jetzt weiter geht und freue mich auch darauf!

Bild des Tages
Ort [Pretoria - Parow] Dat [10.04-14.04] Tag [338-342] Temp [ca.24]
Finale

Dienstag. Unser Tubing Abenteuer konnte beginnen. Zunaechst fuhren wir im „Afrikastil”, d. h. auf der Ladeflaeche eines Pick-Up 15 min zu einem Canyon. Da wir uns auf dem Fahrzeug mit den kleinen Booten befanden, konnten wir uns den ueblichen Fussweg in den Canyon sparen. Zusammen mit 9 anderen bekamen wir letzte Anweisungen fuer das richtige Verhalten, legten die Schwimmweste an und setzten den Helm auf. Dann packte sich jeder sein kleines Schlauchboot und wir mussten nochmals ein paar hundert Meter ueber Stock und Stein, bis wir das Wasser erreichten. Puh, das war kuehl, aber dennoch nicht mit den Temperaturen in Bergfluessen in unseren Breitengraden zu vergleichen. In dem kleinen Schlauchboot sitzt man mit den Fuessen vorne ueber den Rand haengend, und mit den Armen wird gerudert.

Uns begleiteten drei Fuehrer, die uns ueber die kritischen Stellen hinweghalfen. Schnell bleibt man mit den Booten hier und da an iregndwelchen Steinen haengen und muss sich dann wieder losruetteln, oder, wenn gar nichts anderes hilft, sogar aussteigen um das Boot wieder rauszuheben. Aber nach und nach bekam man etwas Uebung und konnte im Flusslauf schon die kritischen Stellen erkennen und mehr oder minder elegant umschiffen. Die Kaelte des Wassers vergassen wir dabei ganz schnell, ausserdem heizte die Sonne den Grund des Canyons schon ganz ordentlich auf. Schon nach kurzer Strecke erreichten wir den ersten groesseren Wasserfall, der vielleicht 4 oder 5 m hoch war. Was nun? Springen war die Loesung, je nach Geschmack von einer ca. 4 m hohen Stelle oder aus 2 m Hoehe. Das einzige seltsame daran war, dass man sich nicht einfach nur hinunterstuerzen musste, ohne einen ordentlichen Satz nach vorne wuerde man auf den schraegen Felsgrund aufschlagen. Theoretisch alles kein Problem. Einer der Fuehrer sprang zur Demo voraus, und alles sah ganz einfach aus. Als ich dann selbst als erster auf dem kleinen Podest stand, fand ich es allerdings ganz seltsam, ueber den Fels springen zu muessen. Bloss nicht lange nachdenken, und schon war ich im Wasser und endgueltig patschnass.

Der naechste Wasserfall war ein ganzes Stueck hoeher. Ca. 8 m ging es in die Tiefe, und es fuehrten drei Wege nach unten: Entweder mit dem kleinen Schlauchboot, mit dem man sich zum Glueck nicht im freien Fall befand, sondern einen sehr steilen Wasserfall hinunterrauschte, oder ein diesmal senkrechter Sprung aus einer Hoehe von etwa 8 m. Drittens konnte man eine Art Strickleiter hinunterklettern, einen Weg, den am Ende nur ein kleines Maedchen waehlte, deren Abstieg dann aber von allen fuers Selbstbewusstsein von allen ordentlich beklatscht wurde.

Da standen wir nun und konnten uns zwischen drei furchtbaren Alternativen entscheiden. Springen aus 8 m Hoehe fiel fuer mich sofort aus, beim ersten Sprung aus nur 2 m hatte mir schon mein Trommelfell zugerufen, dass es das nicht mag. Irgendwie scheint meine Birne zu hohl zu sein fuer hohe Spruenge. Die Leiter sah zwar gemuetlich aus, aber war ein wackeliges und vor allem sehr glitschiges Ding. Ich dachte mir, mit dem Schlauchboot runterstuerzen wuerde schneller vorbei sein. Damit ich es mir gar nicht erst ewig ueberlegen konnte, draengte ich mich gleich nach vorn. Ein kurzer Anschub und ich sauste wie Robert de Niro im Film „The Mission” senkrecht mit dem Boot den Wasserfall hinab. Mein lieblicher Schrei wurde von den Felswaenden zurueckgeworfen, und zack war ich unten, und das Schlauchboot schmiss mich raus. Heideschitzka, das war ja unglaublich! Ich waere gern gleich noch mal runtergefahren, kam allerdings an der schwankendenund entsetzlich glitschigen Haengeleiter nicht vernuenftig rauf. Schade, wenn man die Todesangst haette weglassen koennen, waere das bestimmt noch mal eine schoene Abfahrt gewesen.

Ich war heute mehr fuers Springen geschaffen. Ohne Brille auf der Nase sieht die Welt fuer mich eh gemuetlicher aus, ob das Wasser nun drei oder acht Meter tiefer liegt, spielt fuer meine Wahrnehmung keine so grosse Rolle. So denkt man sich die Welt zurecht. Ich konnte jedoch sehr wohl erkennen, dass das ganz schoen hoch war. Was soll´s, und plopp war ich schon im Wasser. Bis alle nach und nach auf den verschiedenen Wegen unten gelangten, vergingen fast 20 Minuten. Endlich ging es weiter, denn zur Untaetigkeit verdammt, wird es einem im Wasser dann doch recht kalt. An mehreren Stellen mussten wir die Boote am Flusslauf entlangtragen, das es war schon ein seltsamer Anblick. Wie eine Ameisenkarawane liefen wir alle mit knallgelben Schlauchbooten herum.

Einer der Fuehrer hatte dann noch richtig Pech. Er hebelte sich sein Knie aus und humpelte nun ganz gewaltig hinter der Gruppe her. Das war natuerlich komplett das falsche Gelaende fuer ein kaputtes Knie. Immerhin war es nicht das erste Mal fuer ihn, er erzaehlte von seinen ruinierten Baendern und mehreren Knieoperationen. Ich schwankte zwischen dem Impuls, ihn am liebsten tragen zu wollen und den Gedanken an mein eigenes Kaputtknie. Wie schnell konnte hier etwas passieren! Wie er da so langhumpelte, fuehlte ich den Schmerz foermlich durch mein Knie zucken. Dennoch kamen wir alle ohne weiteren Schaden am Ende der Strecke an. Jetzt fehlte nur noch der Aufstieg aus dem Tal. Mit dem Boot auf dem Ruecken auch kein so leichtes Unterfangen. So ging heute wohl unser letztes Outdoor Abenteuer auf dieser Reise zu Ende, das hatte noch mal richtig Spass gemacht. Um 14 Uhr waren wir wieder in unserer Haeuschen, und es ging gleich weiter nach Pretoria. Die ueber 300 km verliefen ereignislos auf einer gut ausgebauten Schnellstrasse. Zum Glueck hatte sich der Osterverkehr gelegt, die einzige Unterbrechung waren Mautstationen etwa alle 50 km. In Pretoria steuerten wir zielsicher wieder „unser” Guesthouse an, wo wir den letzten Raum ergatterten.

Und wir nutzten auch wieder „unseren” Bestellservice. In Pretoria gibt es eine geniale Einrichtung: In einem Buch sind die Speisekarten mehrerer Restaurants zusammengefasst, man sucht sich querfeldein aus, was man essen moechte und bestellt das bei einer Zentrale. Bei den guenstigen Restaurantpreisen in Suedafrika ist das eine echte Konkurrenz zum eigenen Kochen. In unserem Falle bediente es die Faulheit, man musste sich nicht mehr aus dem Zimmer hieven. Das Rumsizen im Restaurant ist mittlerweile auch kein wirkliches Event mehr. Was freue ich mich auf ein gemuetliches Essen zu Hause!

Am Mittwoch fuhren wir die gut 60 km bis fast ins Zentrum von Johannesburg. Wir waren gespannt, denn durch die zahlreichen Horrorgeschichten vorbelastet, die diese Stadte umgeistern, erwartet man ueberall Raeuberbanden, die einen an jeder Ecke und Ampel mit vorgehaltener Waffe aus dem Auto zerren und berauben. Natuerlich ist das alles nicht so, denn sonst wuerden hier nicht Millionen von Menschen leben und das wirtschaftliche Herz Suedafrikas und damit des gesamten suedlichen Afrikas schlagen. Man lese einfach einmal 14 Tage die Bildzeitung, dann kann man auch glauben, dass in Deutschland staendig und ueberall Kinder missbraucht werden und dass Paris Hilton die Kroenung der menschlichen Intelligenz ist. Trotzdem ist es schwer, die eingeimpften Berichte aus dem Kopf zu bekommen, und fakt ist auch, dass hier an vielen Ecken ziemlich fertige (schwarze) Gestalten herumhaengen, die bei uns unter der Kategorie Extrempenner laufen wuerden. Ausserdem wird man tatsaechlich an vielen Ampeln angesprungen und bekommt die unsinnigsten Produkte im Strassenverkauf angeboten. Das ist nach einer Weile laestig, mehr aber auch nicht.

Mit unserem Bed und Breakfast Fuehrer bewaffnet steuerten wir den Stadtteil Melville an, der nur ein paar Kilometer vom Zentrum entfernt liegt und mit zahlreichen Kneipen und Restaurants einer der Tipps fuer einen gemuetlichen Aufenthalt in Johannesburg ist. Mehrere der von uns angesteuerten Guesthouses waren ausgebucht, doch dann fanden wir eine gute Unterkunft, wie alle Haeuser hier durch hohe Mauern von der Strasse abgetrennt. Innen wurden wir vom schwarzen Personal extrem freundlich empfangen und (jetzt kommt die Abteilung Rassismus) die hatten das ganze Guesthouse auch offensichtlich voll im Griff. Die weisse Besitzerin war gar nicht zu sehen, und trotzdem klappte alles wie am Schnuerchen. Besonders Anna, eine etwas aeltere „Big Mama” hatte den Durchblick und gewann durch ihre erfrischende Freundlichkeit sofort unser Herz. So hatten wir also auch eine prima Bleibe und das fast im Herzen der Stadt.

Der Tag war noch nicht sehr alt, und so machten wir uns gleich zum Gold Reef Freizeitpark und zum Apartheitsmuseum im Sueden der Stadt auf. Bei der Abstimmung, was zuerst zu tun ist, gewann der Freizeitpark. Bei strahlendem Sonnenschein schlurften wir durch den Park, wurden wie immer gleich bei der ersten Attraktion ordentlich nass (fahren im Baumstamm durch Kanaele mit anschliessender Schussfahrt ins Becken). Das machen wir immer so, und es ist eigentlich immer gleich daemlich. Der Park gefiel uns wirklich gut, denn er strahlte eine gemuetliche Atmosphaere aus, leider waren etwas zu wenige Besucher da, aber unter der Woche waren vermutlich auch nicht mehr zu erwarten. Dafuer musste man auch nirgendwo lange in der Schlange warten. Katrin bestieg mal wieder eine verrueckte Achterbahn, von der ich lieber gleich die Finger liess, weil ich danach mit meinem empfindlichen Gleichgewichtssinn eh ausgeknockt gewesen waere. Auch Katrin tauchte ueberraschend schnell wieder auf. Leicht benommen erzaehlte sie mir mit stolz geschwellter Brust, das diese Bahn wohl wirklich nichts fuer mich gewesen waere. Meine Brust schwillt nicht, die ist Natur! Aber stolz war ich schon, denn das war eine heftige Achterbahn und meine erste mit baumelnden Beinen. Als es abging, dachte ich nur kurz: Bist du bescheuert, dich hier reinzusetzen? Aber viel Zeit blieb mir nicht, mich selbst zu beschimpfen, denn es ging dem Wahnsinn entgegen, und ich konnte gar nicht so schnell schreien wie ich Druck ablassen musste. Was ich allerdings nocht erwartet hatte, war die Auswirkung auf meinen Gleichgewichtssinn, ich wurde den ganzen Tag nicht mehr richtig klar im Kopf. Na, hier bietet sich doch geradezu ein Kommentar von Tom an nach dem Motto: Davon habe ich gar nichts gemerkt. Da schreibe ich es besser gleich selbst! Mit meinen 43 Jahren reicht mir ja auch eine Fahrt im Riesenrad, von dem aus man einen prima Blick auf Johannesburg Downtown und die naehere Umgebung hatte. Im Riesenrad hatte ich wie immer genauso viel Schiss wie in der Achterbahn, die erste Runde ist schrecklich, danach habe ich aber keine Probleme mehr. Von dort oben sieht man unschwer, dass die Existenz und die Stadtentwicklung hier durch das buchstaebliche Sitzen auf der Goldquelle gepraegt ist.

Ueberall sieht man Abraumberge im Stadtbild und selbst der Freizeitpark befindet sich auf einer stillgelegten Goldmine, die Foerdertuerme sind echt und wer will, kann sogar mit einer gefuehrten Tour in den alten Schacht einfahren. Das haben wir uns geklemmt, nachdem wir schon den ganzen Tag herumgerannt waren, fehlte uns der Elan. Auf jeden Fall kann man in dem Park gut ein paar Stunden zubringen und sogar die Tanzshow mit afrikanischen Volkstaenzen gibt einen Eindruck von der Fremdartigkeit der Kulturen. Schnell pilgerten wir noch ins benachbarte Casino, mal nicht um Geld auszugeben, sondern auf der Suche nach einer Umtauschmoeglichkeit fuer die Botswanischen Pula, die wir noch immer hatten. Fast haetten wir den Umtausch geschafft, doch ohne Reisepass ging es dann doch nicht. Schade eigentlich.

Am Abend stuerzten wir uns in unsere Kneipenstrasse und freuten uns ein grosses Loch in den Bauch, als wir einen prima Szenethailaender fanden, der uns nach all dem Huehnchen und Pommes der letzten Wochen endlich wieder mal einen richtigen Essgenuss bescherte. Den ersten Tag im furchtbaren Johannesburg hatten wir gut ueberstanden. Hoffentlich wuerden wir auch morgen mit dem Leben davonkommen.

Donnerstag. Wir stuerzten uns in ein Shoppingcenter, ich wollte unbedingt noch zum Friseur. In den letzten paar Wochen war mir dieser Gang doch sehr suspekt, da ich mir nicht richtig vorstellen konnte, wie die Friseure im Irgendwo auf meine Haarfaerbewuensche reagieren wuerden. So war ich aber wieder in „weissem” Hoheitsgebiet und entsprechend professionell wurden meine Haare auf den neuesten Stand gebracht. Inzwischen war Katrin auf der Suche nach ein paar guten Klamotten, allerdings ohne echten Erfolg.

Stattdessen stuerzten wir uns in das Abenteuer, das genial einfache und effektive Poolreinigungssystem zu besorgen, das wir unseren Eltern mitbringen wollten. Da wir uns auf einen bestimmten Hersteller eingeschossen hatten, mussten wir extra zu einem Laden fuer Poolzubehoer. Dort angekommen wurde uns klar, das wir mit diesem Geraet wohl den richtigen Riecher hatten, denn der letzte Reinigungsapparat war gerade verkauft worden. Gestern erst waeren drei weitere Geraete ueber den Ladentisch gegangen. Immerhin gab es noch ein zweite Filiale und dort waren tatsaechlich noch zwei Systeme zu haben. Wir liessen uns den Weg beschreiben (ca. 15 min entfernt) und verirrten uns prompt. Das war aber nicht unsere Schuld, die Wegbeschreibung operierte an der entscheidenden Stelle mit einem falschen Strassennamen. So lernten wir immerhin ein paar Aussenbezirke Johannesburgs kennen, und nach 45 min standen wir dann doch im richtigen Laden und wurden glueckliche Besitzer eines grossen Kartons mit dem Poolreiniger.

Abends stand noch grosse Kultur an, hofften wir zumindest. Standesgemaess zogen wir zum Musical „Soweto Story” ins Nelson Mandela Theater. Das Stueck begann mit einem schoenen Zulu Lied, und ich glaubte, im Koenig der Loewen zu sein. Das war es dann allerdings mit Exotik, sieht man mal vom herrlichen afrikanischen Slang im Englisch ab. Das Stueck war ganz huebsch, aber man ging nicht beseelt nach Hause. Immerhin: die Taenzer waren irre gut, ich bin sowieso davon ueberzeugt, dass der liebe Gott das Tanz-Gen grosszuegig ueber Afrika ausgeschuettet hat, die brauchen nur mit dem Arsch zu wackeln, und es sieht toll aus. Auf jeden Fall war die Township Story ein standesgemaesser letzter Abend in Suedafrika.

Freitag - der letzte Tag. Dieser verlief unspektakulaer. Weder rannen die Traenen seit den fruehen Morgenstunden, noch wollte sich eine uebermaessige Freude ueber die Heimkehr einstellen. Ich glaube, das Hirn hat sich nach fast einem Jahr an soviel Hin- und Her gewoehnt, dass es diesen letzten grossen Schritt noch gar nicht als einen so besonderen wahrnahm. Ausserdem gab es auch zunaechst andere wichtige Dinge zu erledigen. Katrin hatte gleich um 9 Uhr einen Frieseurtermin. Waehrend sie sich dort in Heimkehrform bringen liess, raeumte ich unsere sieben Sachen zusammen, und trotz einiger Souvenirs war der Koffer noch lange nicht am Anschlag. Lag wahrscheinlich daran, dass wir unseren Dreckwaescherucksack bis zum Bersten gefuellt hatten. Gegen 11 Uhr sollte Katrin fertig sein, mein Abholversuch endete im milden Laecheln der Friseuse, die gerade die Farbschicht fuer das Straehnen auftrug. Ich habe inzwischen ja auch so meine Erfahrungswerte mit dererlei, und so verschoben wir das Abholen mal locker auf 12 Uhr.

Ich hatte den Friseur gar nicht geplant, aber am Vorabend hatte das normale Leben schon mal angeklopft in Form eines aeusserst kurzfristigen Einstellungsgespraeches, das bereits am Dienstag stattfinden sollte. Hilfe, das ging aber schnell! Ich konnte mir gar nicht vorstellen, mich bereits mit abgehetzten deutschen Werktaetigen ueber meine aeusserst effiziente Arbeitsweise auszutauschen, schrieb man Arbeit eigentlich mit H? Mein armes Gehirn, das war bestimmt noch auf afrikanische, hitzebedingte Pendelgeschwindigkeit eingestellt. Aber was solls, man kann ja mal gucken, was sich dort anbieten wuerde. Auf jeden Fall musste ich aus mir wieder einen akzeptablen Verhandlungspartner zaubern, und das hiess, die seltsamen Haare im Moechtegern- Studentenlook mussten einem serioesen Aussehen weichen.

Also begab ich mich in die Haende einer indischen Suedafrikanerin, welche es tatsaechlich schaffte, mich zufrieden aus dem Laden entweichen zu lassen. (Tom weiss, das grenzt fast an den Rand der Unmoeglichkeit.) Etwas skeptisch machte mich allerdings der Stylingaufwand, es wird interessant, wie alltagstauglich mein neuer Look sein wird!

Ich hatte derweil die Gelegenheit, in Ruhe die Zeitung zu studieren. Besonders amuesant dabei eine Glosse ueber die laufende Cricketweltmeisterschaft, die sich ueber 47 Tage hinzieht, in der 53 hyperlangweilige Spiele absolviert werden. Gestern hat uebrigens Neuseeland gegen Sri Lanka verloren, ein Ignorant, wer nicht mit Neuseeland trauert. Aber heute wuerden wir diesen sportlichen Dunstkreis ja nun endlich verlassen. Zumindest diesem unsaeglichen Sport, der einen kompletten Sportkanal seit Monaten „versaut”, muss ich nun wirklich nicht nachtrauern. Ausserdem wurde die Zinsrate in Suedafrika nicht erhoeht, zumindest fuer die Menschen hier ein Grund zum Durchatmen. Schulden machen wird hier also nicht teurer. Und dann zeigt man sich besorgt ueber Kapstadts Einstellung ueber die fuer 2010 anstehende Fussball WM. Man weiss zwar, wo man das neue Stadion theoretisch hinbauen moechte, bis jetzt ist man aber ueber die Planung nicht hinaus, und keiner weiss so recht, wie man das alles noch hinkriegen will.

Um 12:30 Uhr war Katrin endlich fertig. Leider spuckte der Geldautomat kein Geld auf der VISA Karte aus, da gab es wohl ein technisches Problem, und wir mussten erst eine ganze Weile umherirren, bis wir mit der Mastercard doch noch Geld in die Finger bekamen. So war der Tag also schon fast gelaufen, bevor wir zu unserem eigentlichen Tagesziel, dem Apartheitmusem aufbrachen. Schon beim Betreten merkten wir, dass wir hier mit der noch verbliebenen Zeit kaum mehr einen Stich machen wuerden. Zu uebermaechtig ist die geballte Ladung Information, die man hier zu diesem Thema bekommt. Nach zwei Stunden hatten wir kaum die Haelfte wirklich gesehen, und die vielen Schautafeln haetten wohl noch Lesestoff fuer mehrere Stunden geliefert. Wer mal Gelegenheit hat, diesen Ort zu besuchen, der sollte sich wirklich einen ganzen Tag Zeit nehmen, es lohnt sich. Ich war ueberrascht, wie sich Bilder aus meiner Kindheit und Jugend ueber Aufstaende und Unruhen im fernen Suedafrika in mein Gedaechtnis draengten. Die krampfhaften und immer weiter eskalierenden Bemuehuengen der weissen Regierung, den Deckel auf den kochenden Topf zu druecken. Das Scheitern dieser Bemuehungen, fuer das viele Menschen mit ihrem Leben, ihrer Freiheit und ihrer Gesundheit bezahlten.

Das Museum war unheimlich interessant. Man bekam ausfuehrliche Informationen, wie sich dieser Wahnsinn begann und weiterentwickelte. Mich erinnerten die Filme ueber die Massendemonstrationen ploetzlich an die Wendezeit in der DDR, und als ich die Polizei mit ihren Schlagstoecken auf Frauen einschlagen sah, dachte ich, so haette es auch kommen koennen. Und all die repressalien, die beschrieben wurden, es ist unfassbar, was eine sich ueberlegen duenkende „Rasse” wagt, anderen Menschen zuzumuten! Am beeindruckensten jedoch ist, dass sich dieser wahnsinn trotzallem halbwegs friedlich aufgeloest hat, natuerlich nicht mit perfektem Ergebnis fuer alle, aber dennoch ohne grosses Blutvergiessen oder gar Buergerkrieg. Dass so etwas mal funktionierte, gibt einem eine Menge Hoffnung, dass sich so manches Uebel auf der Welt doch noch loesen laesst.

Gluecklicherweise blieb das erwartete Chaos des freitaeglichen Feierabendverkehrs aus, und wir flutschten zuegig bis zum Flughafen. Das Auto wurden wir schnell los. Nach 45 Tagen Leihe bekommt man fast ein Gefuehl von Wehmut, wenn unser Auto unter die Fuchtel von anderen geraet. Wir waren gespannt, wie man auf unsere beiden Einschlaege in der Windschutzscheibe reagieren wuerde.

Das wurde dann sehr speziell. Der aufnehmende Mitarbeiter meinte sofort, er koennte mir helfen, den Kostenaufand im Rahmen zu halten. Ich reagierte kaum darauf, das kam mir etwas muschelig vor. Der naechste wurde etwas konkreter: wenn ich ihm Geld gaebe, wuerde er aus zwei Loechern eines machen. Es war allerdings unklar, wieviel die Loecher ueberhaupt kosten werden, und seine Aussagen waren natuerlich aeusserst vage. Wir gaben ihm prophylaktisch 10 Euro, er wieselte immer nuschelnd um uns herum. Ploetzlich jedoch kam der erste Typ angeschossen, eine kurze Diskussion, er nahm ihm die Kohle ab und verzog sich wieder! Nun ging es weiter: Unser „Helfer” klagte, dass das ungerecht sei, denn schliesslich habe er den entscheidenden Einfluss auf die Hoehe der Rechnung. Ich meinte nur, dass er selbst Schuld ist, wenn er sich das Geld abnehmen liess, mehr haben wir jetzt nicht. Wir sind jedenfalls gespannt, was wir nun berechnet bekommen werden!

Das Auto war also mit etwas unklarem Status geklaert. Vor den Schaltern der South African Airways tobte das Chaos, doch der Lufthansaschalter war erfrischend unbevoelkert, und so wurden wir unser Gepaeck schnell los. Sogar der ueberdimensionale Poolreiniger, den wir als Mitbringsel fuer unsere Eltern organisiert hatten, wurde anstandslos akzeptiert. Vorher hatten wir noch 25 Rand investiert, um den Kartoon komplett einzufolieren. Sicher ist sicher, wer weiss schon immer, wie mit solchen Kartoons umgesprungen wird. Seltsamerweise waren unsere Sitzplaetze reserviert, und aendern war nicht mehr moeglich, da der Flieger komplett ausgebucht war. Aber ein Sitzplatz am Gang sollte dabei sein. Das war dann leider nachher nicht so, und wir sassen wie Presswurst in der Mitte der Viererreihe.

Aber bis zum Abflug hatten wir noch zwei Stunden, und Katrin stuerzte sich voller Inbrunst auf die zahlreichen Souvenirshops, waehrend ich mich der Buchhaltung und dem Tagebuch widmete. Kurz vor dem Boarding kam Katrin mit hochrotem Kopf und mit mehreren Tueten beladen an, hier haetten wir wohl noch ein paar Stunden mehr verbringen sollen. So viele schoene Sachen und alle auf einem Haufen. An alle zukuenftigen Suedafrika-Fahrer: Bleibt cool in den Souvenirshops unterwegs, am Flughafen gibt es alles! Der Flieger war ordentlich geheizt, scheinbar auf afrikanisches Klimaniveau eingestellt, und auch beim Flug sollte sich daran nichts aendern. Das einzige Problem war aber zunaechst, dass wir nicht loskamen. Die Gewittertuerme ueber dem Flughafen verzoegerten die Flugfreigabe um fast 1,5 Stunden. Das fing prima an. Endlich in der Luft kam das Kabinenpersonal nur schleppend aus der Hocke, und so wurde das Abendessen erst gegen 10:30 Uhr gereicht. Was fuer eine bloede Zeit fuers Abendbrot!

Samstag, 0:30 Uhr. Das Bordkino beglueckt mit „Nacht im Museum”. Seltsame Idee, den Film jetzt erst anzuschmeissen. Wahrscheinlich ist der Chefsteward noch vom letzten Flug in einer anderen Zeitzone unterwegs, und die paar hundert Fluggaeste stoeren sowieso nur. Kaelter wurde es auch nicht, die Klimaanlage machte aus dem Nachtflug ein kleines Saunaabenteuer. Huch, der Abspann laeuft, ich muss wohl doch trotz der widrigen Umstaende in den Schlaf gefallen sein! Katrin schaute auch nur noch auf einem Auge mal ins Buch und mal ins Traumland. Das sollte es dann auch gewesen sein mit dem Schlaf fuer diese Nacht. Sonst habe ich mich ja nicht so zimperlich mit dem Pennen, aber dieser Flug konnte ich leider nicht verschlafen. So lenkte ich mich mit lesen ab, und die Zeit verging zwar fliegend aber nicht im Fluge.

Ich will nicht mit Details ueber mein Empfinden des Fluges nerven, nur so viel: es war eklig lang, aber irgendwann zum Glueck vorbei. In Deutschland, d.h. in Frankfurt, wurden wir von einer streitenden Meute an der erneuten Sicherheitskontrolle empfangen. Durch den verspaeteten Start in Johannesburg waren alle unter Druck, die naechsten Flieger zu erreichen und liessen diesen an den armen Menschen an der Personenkontrolle aus, die hier am Samstag um sechs Uhr morgens die A...karte gezogen hatten. Wir hatten Glueck, denn der Anschluss nach Berlin hatte auch Verspaetung, und so landeten wir eine knappe Stunde spaeter (nach einen Flug ueber exakt eingegrenzte, ordentlich bestellte deutsche Felder, auch ein schoener Anblick!) in den heimatlichen Gefilden.

Papa wollte uns abholen, trotz unseres Protestes, sich doch nicht so einen Stress anzutun. Als wir mit unserem Gepaeck um die Ecke kamen, ging ein tierischer Rummel los. Wir (mit unserer Stunde Nachtschlaf leicht verzoegert in der Reaktion) erkannten dann, dass der Laerm uns galt! Nicht Papa stand da, sondern eine Delegation von vier Leuten, bewaffnet mit Deutschlandfahnen und einem riesigen Transparent, das uns willkommen zurueck hiess. Wir waren total geruehrt und freuten uns wie verrueckt. Unsere Namibiamannschaft Sandra und Bewi waren angerueckt, dazu noch Peggy, und Onkel Koralle schoss die Starfotos. Ein schoener Auftritt, vorbeiziehende Leute versuchten vergeblich, uns in ihre Prominentenkenntnis einzuordnen. Das Geschnatter ging natuerlich gleich los, und wir wussten, dass es zu Hause auch wieder schoen wird.

Soviel zur Reise. Demnaechst werden wir uns dann zu einem Gesamtresuemee aufraffen. Das ist gar nicht so einfach und wird wohl auch etwas konkreter, wenn wir erst ein wenig Abstand gewonnen haben und uns der deutsche Alltag eingeholt hat. Bis dahin kommen noch ein paar Fotos der letzten Tage im suedlichen Afrika. Aber auch hier die Bitte um Geduld.

Bild des Tages
Ort [Francistown - Pretoria] Dat [06.04-09.04] Tag [334-337] Temp [ca.23]
Afrikanisches Ostern

Karfreitag, gleich nach dem Fruehstueck machten wir uns auf in Richtung Grenze zu Suedafrika. Auf der Hauptverbindungsstrasse kamen uns sogar zu dieser fruehen Stunde grosse Mengen von Kleintransportern aus Suedafrika entgegen, die bis unters und uebers Dach beladen waren, und was nun wirklich nicht mehr ins Auto passte, wurde meterhoch auf einem Anhaaenger gestapelt. Der Konvoi erinnerte uns an die Expeditionen mancher tuerkischer Familien zur Ferienzeit in die ferne Heimat. Und so wird es wohl auch hier sein. Moeglicherweise handelt es sich bei den Leuten um Simbabwer, die in Suedafrika arbeiten und nun zum Osterfest auf dem Weg in die ausgebrannte Heimat sind. Die Uhrzeit, zu der sie hier in Massen unterwegs waren, liess uns befuerchten, dass die Fahrer wahrscheinlich die ganze Nacht ohne Pause durchgebolzt waren. Hoffentlich nickte keiner ein und verlor die Gewalt ueber die ueberladenen Geschosse.

Nach 70 km bogen wir von der Hauptverkehrsstrasse ab und machten uns ueber eine Abkuerzung auf den Weg zu einem Grenzposten im Nordwesten Suedafrikas. Diese Abkuerzung existierte jedoch nur in der Theorie, denn zumindest zeitlich mussten wir uns den teilweise spannenden Pisten beugen. Auf einem ca. 40 km langen Stueck waehnten wir uns eher auf einem Feldweg als auf einer offiziellen Strasse.

Zwischendurch steckten wir mitten in einem Kupferbergbaustaedtchen fest, ploetzlich gab es keine Wegweiser mehr. Wir versuchten, uns zwischen Abraumhalden und Bergbaugelaende zurechtzufinden, landeten aber nur in einer Sackgasse, die in ein Gefaengnis fuehrte. Eine junge Frau kam des Wegs, wahrscheinlich gerade vom Besuch bei ihrem Knastlover zurueckkehrend. Wir luden sie ins Auto, denn ihr Ziel lag in unserer Richtung, und so kam sie gut nach Hause, und wir wurden im Zickzack durch wilde Siedlungen gelotst. Das haetten wir wahrscheinlich nie gefunden!

Endlich hatten wir wieder Asphalt unter den Raedern und waren dem Grenzposten Platjan schon bis auf 25 km nahegekommen, als unsere Strasse endete und man statt geradeaus, wie auf zwei Karten uebereinstimmend eingezeichnet, nur noch links oder rechts auf einer weiteren Piste weiterkam.

Der Grenzposten Platjan existierte ploetzlich gar nicht mehr, es ging nach Norden oder Sueden etwa je 70 km ueber die Ruettelschuettelpiste zu anderen Grenzposten. Na toll, da war unsere Abkuerzung also fuer den A... Wir waren sehr verwirrt und bogen spontan nach rechts ab. Die Strasse war schrecklich, da konnte ja noch ewig dauern. Mitten im Nirgendwo kam eine Lodge des Wegs, wir ruettelten uns dort hinein und fragten mal zur Sicherheit, wo die Wege hier so hinfuehrten. Zu unserer Ueberraschung erfuhren wir, dass schon in 15 km der eigentliche Grenzposten Platjan kaeme. Unsere voellig falsche Karte mit der eingezeichneten (asphaltierten) Strasse wurde bestaunt, ansonsten aber nicht weiter kommentiert.

So erreichten wir endlich den Kontrollposten, der im wesentlichen einen Feldweg zum Grenzuebergang deklariert. Unsere Paesse wurden mit Ernsthaftigkeit studiert und schon waren wir raus aus Botswana und drin in Suedafrika. Leider wurden die Strassen in diesem Zipfel Suedafrikas (wir befanden uns jetzt in der Provinz Limpopo) auch nicht attraktiver. Wir polterten weitere 40 km ueber ueble Waschbrettpiste, um endlich wieder auf eine asphaltierte Strasse zu treffen. Der Golf hatte seinem Ruf mal wieder alle Ehre gemacht. Ohne offensichtlichen Verlust von wichtigen Teilen hatten wir diese wilden Strecken hinter uns gelassen. Unser Ziel waren die Soutpans Berge, die mit einer Hoehe von ca. 1.700 m das Umland um immerhin 700 m ueberragen. Von hier waren wir uebrigens nur noch gute 2,5 Std. Fahrtzeit vom Krueger Nationalpark entfernt, aber nach all den Gameparks wollten wir dort nicht mehr hin.

Die Suche nach einer Unterkunft fuehrte uns zunaechst in zwei recht seltsame Hotels. Das eine strahlte den Charme eines fruehen viktorianischen Schwulenpuffs aus (rosa Tischdecken auf barock verschnoerkelten Tischen), waehrend das zweite durch den „Es gab hier auch schon einmal bessere Zeiten” Eindruck bestach (es mueffelte). Etwas abseits der Strasse wurden wir dann doch noch fuendig, dass Ultimate Guesthouse hatte ganz lustig gestaltete Themenraeume von denen wir gerade noch den letzten ergatterten. Zum Osterfest waren einige Leute unterwegs, das Publikum in diesem Haus war allerdings teilweise sehr seltsam. Unsere Geduld wurde beim Abendessen auf eine harte Probe gestellt. Wir warteten eine gute Stunde auf unsere einfachen Mahlzeiten, wurden dabei aber immerhin durch eine Familie mit zwei Kindern unterhalten, die reihenweise falsch zusammengestellte Gerichte bekam. Auf den Gesichtern der Kinder machte sich zunaechst Entsetzen breit, das innerhalb weniger Minuten in eine tiefe Verzweiflung (inklusive ein paar Traenen) ueberging. Die Kueche gab trotzdem alles (immer schoen einer nach dem anderen, das dauert schon mal), und den 10 Personen im Restaurant wurde die aufkeimende Ungeduld mit stoischer afrikanischer Freundlichkeit aus den Segeln genommen.

Am Samstag stuerzten wir uns in die quirlige Provinzstadt Makhado, die frueher Louis Trichardt hiess und dann im Zuge einer „ Alles wird schwarz” Bewegung umbenannt wurde (wie uebrigens noch viele andere Orte in der Provinz Limpopo). Diese Idee hat den hier noch als letzte Bastion lebenden Weissen nicht so richtig gefallen. Sie haben es jedenfalls geschafft, eine Art Volksabstimmung zu gewinnen, und nun wird Makhado wieder Louis Trichardt werden. Hauptsaechlich suchten wir einen Internetzugang, aber keine Chance. Gewundert hat uns das nicht, die Haupteinkaufstrasse war ein einziger afrikanischer Markt und es ging zu wie im Township. Immerhin fanden wir einen Buchladen, und Katrin konnte letztmalig die Reisebibliothek aktualisieren.

An der Hauptstrasse etwas ausserhalb fanden wir dann noch ein sehr modernes Einkaufszentrum, dass, ganz im Gegensatz zum Stadtzentrum, fest in der Hand der Weissen war. Hier traf man sich also zum Shoppen, und ein paar Fastfood Restaurants bedienten jeden Geschmack, solange es sich dabei um Huehnchen handelt. Wir konnten das Wort Chicken bald nicht mehr hoeren oder sehen. Immerhin gab es aber auch noch ein Steakhouse, und wir nahmen uns vor, bei richtigem Hunger mal hier essen zu gehen und nicht in unserer Lodge beim Warten zu verhungern. Der Bummel durch die Mall war nicht ergiebig. Obwohl ich fast bereit war, eine Jeans zu kaufen, gab es hier nur ziemlichen Schrott. Da werden wir wohl erst in Johannesburg zuschlagen. Immerhin waren Ostermaler unterwegs und schminkten die Kinder als Osterhasen, die weissen Kinder mit schwarzer Farbe und die schwarzen mit weisser.

Am Nachmittag machten wir einen Spaziergang in unserer voruebergehenden Heimat. Seltsamerweise gab es hier teilweise maechtige Eukalyptusbaeume. Man erklaerte uns spaeter, dass die sehr gut zur Bodenentwaesserung geeignet waeren und aus diesem Grund hier gerne angepflanzt wurden. So stiefelten wir durch eine Allee dieser Baeume, und im Abendlicht ergab sich eine sehr schoene Stimmung. Es war mal wieder diese heile Welt, diesmal mit einem leichten Provence- Touch. Ganz entspannt und im Einklang mit unserem inneren Ich wagten wir uns an die Bestellung des Abendbrotes. Zweimal Suppe und Salat. Wir hofften, mit dieser Wahl der Geschwindigkeit des Kochs ein Schnaeppchen zu schlagen. Unsere Taktik ging auch tatsaechlich auf. Die Kuerbissuppe schmeckte zwar relativ langweilig, dafuer mussten wir aber auch nur eine Viertelstunde warten. Eins zu Null fuer uns.

Am Ostersonntag goennte ich mir ein hartgekochtes Ei zum Fruehstueck, mein einziges Osterei. Wir wollten heute einen Ausflug zu einem Baobab Reservat machen, diese gewaltigen Baeume finden wir faszinierend. Allein: nach 90 km kurzer Hinfahrt fanden wir das Tor verschlossen vor, die Strassen im Park waren nicht befahrbar wegen heftigen Regens, lasen wir. So eine Pleite! Wir drehten eine Runde und fanden wenigstens ein paar schoene Baeume entlang der Strasse, ein schwacher Trost fuer den weiten Weg. Schliesslich waren wir nur noch ein paar Kilometer von der Grenze nach Simbabwe entfernt, aber wir hatten natuerlich keine Ambitionen, dorthin weiterzufahren. Zurueck auf unserem Berg war das Wetter in ein stetiges Grau uebergewechselt und es war so richtig schoen nass-kalt. Wir drehten den spillerigen Heizluefter im Zimmer auf und ich schaute ein paar sinnfreie Filme im Pay-TV.

Abends hatten wir keine Lust auf das Warten auf Godot in unserem Restaurant, daher fuhren wir in die „weisse” Shopping Mall zum Steakhouse, letztendlich war es auch nur so ein Franchise-Ketten-Essen, aber dafuer ging es extrem zuegig. Man kann nicht alles haben! Danach sass ich noch ein wenig mit den Guesthouse Inhabern am Rauchertisch herum und liess mir die Unterschiede zwischen schwarz und weiss erklaeren, sehr seltsam, diese Leute. Die Gegend dort war sowieso als sehr widerspruechlich beschrieben worden, die Venda als relativ traditionell lebend, was durch ihr Eingesperrtsein in ihr Homeland waehrend der Apartheidzeit eher noch verstaerkt wurde, und dazu die auch sehr traditionell lebenden Buren, welche sich in dieser Gegend nach der Verteibung durch die Englaender in grosser Zahl angesiedelt hatten. Unsere Vermieter erklaerten uns, dass die Kultur der Venda und die der Afrikaaner (wie sich die Buren heute nennen) praktisch unvereinbar waeren. Na, das sind doch ideale Voraussetzungen fuer ein Leben miteinander...

Ostermontag. Es hatte die ganze Nacht hindurch geregnet. Vor unserem Fenster war keine Regenrinne angebracht, und unser Dach bestand nur aus einer duennen Blechschicht. So wechselte also munter die Geraeuschkulisse zwischen einem Tropfentrommelwirbel auf dem Dach und dem Eindruck, dass das Wasser direkt als Fontaene in unser Zimmer stroemte. Tatsaechlich hatten wir eine undichte Stelle im Raum, die, wie koennte es anders sein, genau ueber dem Koffer lag. Immerhin wurde nur ein Hemd so richtig nass.

Wir verliessen halbwegs froh unsere feuchtkalte Bergenklave, randvoll mit guten Tips versorgt, was wir in der Umgebung noch alles tolles anschauen sollten. „Umgebung” umfasste dabei durchaus auch Orte, die knappe 400 km entfernt lagen. Als Suedafrikaner schreckt man vor solchen Distanzen nicht wirklich zurueck. Sobald wir den Pass hinuntergerollt waren, liess der Regen nach, und fuer den Rest des Tages hatten wir anstaendiges Wetter. Dafuer war die gut ausgebaute Strasse schoen voll. Auch hier gibt es reichlich Osterreiseverkehr, der aber eher dem Hin- und Herkarren ganzer Hausstaende mitsamt Grossfamilie dient. Alle moeglichen Haltepunkte entlang der N1 waren mit Menschentrauben bevoelkert, und nach guter afrikanischer Sitte passte immer noch irgendeiner in die letzte Ecke eines uebervollen Kleinbusses.

Wir waren froh, in diesem Getuemmel nur gute 200 km zuruecklegen zu muessen. Unser Weg fuehrte auch an der riesigen Kirchenversammlung der Zionisten vorbei, die sich aus Gruenden, die wir nicht herausbekamen, hier im Nirgendwo ueber Ostern versammelt hatten. Die Veranstaltung war bereits in der Aufloesung begriffen, und so kamen uns Karavanen von Bussen und Kleintransportern entgegen. Irgendwie muessen die angeblich drei Millionen (!) Menschen auch wieder weg. Etwa alle Kilometer sah man immer wieder eine Gruppe neben einem der Reisebusse stehen, denn kaputte Reifen waren eines der Haupthindernisse auf der zuegigen Heimreise. Gerne wurde die aufgezwungene Wartezeit fuer ein Gruppengebet genutzt. Offensichtlich war man noch echt beseelt. Der eigentliche Versammlungsort lag in einem Tal. Der riesige Busparkplatz war bereits zu einem guten Teil geleert, doch noch immer herrschte ein ueberdurchschnittliches afrikanisches Chaos und Gewusel bei der Abreise.

Wir mussten nur noch ca. 20 km weiter und waren sehr ueberrascht, wie sich ploetzlich die Vegetation aenderte. Auf einer Hoehe von ca. 1.400 m waren wir nun von Nadelholzwaeldern umgeben, ueberragt von den typischen Schichtbergen der Umgebung. Ich war ganz geruehrt, den der Nadelholzgeruch erinnerte mich unheimlich an Deutschland. Solch einen Wald hatten wir schon monatelang nicht mehr gerochen! Unser Ziel, Haenertsburg, und seine waldreiche, huegelige Umgebung erinnerte uns an Oesterreich, es gab sogar eine Blackwood Forest Lodge, geleitet natuerlich von Deutschen. Wir aber suchten unsere Abenteuerlodge, denn fuer morgen hatten wir uns ein kleines Highlight vorgenommen: Tubing auf einem Wildwasserfluss. Mit kleinen Schlauchbooten sollte es einen Bergfluss hinuntergehen. Der Anbieter hatte auf seinem Gelaende ein paar Ferienhaeuschen, die uns so gut gefielen, dass wir uns gleich einmieteten. Mit Blick auf einen Angelteich, ein paar Hasen und Ziegen und vor allem viele Pferden um uns herum, hatten wir am Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein genug Zeit, uns darueber zu aergern, dass wir die letzten zwei Naechte in den Regenwolken verbracht hatten. Aber wer konnte das ahnen.

Zum Abend konnten wir uns sogar noch unserem derzeitigen Lieblingssport froehnen. Katrin setzte mir beim Tischtennis ordentlich zu, erst zum Schluss und dann noch aeusserst knapp konnte ich die ueblichen Verhaeltnisse wiederherstellen. Das war echter Beschiss, ich war der Star des Abends und verlor am Ende das Entscheidungsspiel 20:22! (wenn wir hier beim Analysieren sind: ich holte einen Satz noch beim Stand 20:10 aus dem Feuer) Dafuer wurde ich wie immer beim Siedlerspiel geschlagen. Das ist doch fast ausgleichende Gerechtigkeit. Das Siedlerspiel ist auch so ein Thema. Wir hatten die Packung durch alle gepaeckreduzierenden Massnahmen hindurch gerettet, es allerdings nur ein halbes Mal im ganzen Jahr gespielt, weil wir es eigentlich beide zu langweilig finden. Drei Tage vor Schluss kam es nun doch noch zu seinem Ehreneinsatz, aber es war wie immer sehr langatmig! In unserer Huette hatten wir einen nagelneuen Kamin, da hatte ich den Rest des Abends genug Beschaeftigung. Buch lesen und immer mit halben Auge das Feuer im Blick, wenn das nicht gemuetlich ist! Naja, der nagelneue Kamin dampfte leider den ebenfalls nagelneuen Lack ab, was bei mir zu spontanasthmatischen Anfaellen fuehrte, aber sonst war es schoen!

Bild des Tages
Ort [Bagani - Francistown] Dat [02.04-05.04] Tag [330-333] Temp [ca.26]
Trockenes Delta

Montag. Zum Glueck sind wir ueber Nacht nicht in unserem Zelt abgesoffen. Das Wasser war zwar noch um ca. zwei Zentimeter gestiegen, aber nach Auskunft unseres noch immer ziemlich stoffeligen Vermieters koennte das schlimmste durch sein. Allerdings waren fuer Angola noch immer ergiebige Regenfaelle angesagt, und das Risiko einer weiteren Flutwelle bestand weiterhin. Nach dem sehr deutschen Fruehstueck mit hartgekochten Ei, Mischbrot, Wurtsplatte etc. verliessen wir die Hochwasserinsel wieder mit dem Boot.

Nach gut 20 km ueber die uebliche namibische Piste fanden wir uns in der Mitte von Nirgendwo vor einem nagelneuen namibischen Grenzkontrollpunkt. Da wir uns, wie am diesem Ort auch kaum anders zu erwarten, nicht mit vielen anderen um die Grenzbeamten pruegeln mussten, ging die Ausreise zuegig voran. Unser einziger Vorgaenger fuer den heutigen Tag war bereits vor zwei Stunden hier durchgekommen. Die erneute Einreise in Botswana kostete uns wieder 40 Pula, war ansonsten freundlich, entspannt und schnell. Die naechsten 300 km fuehrten uns am Westrand des Okavango Deltas entlang, von dem selbst man jedoch nichts zu sehen bekam. Stattdessen war die Strasse gesaeumt von der ueblichen Savannenvegetation, zahlreichen Ansiedlungen mit Rundhuetten und einer Rinder- oder Ziegenerde hier und da. Auf den letzten Kilometern vor Maun, dem suedlich des Deltas gelegenen Hauptort der Region, fielen uns zahlreiche Frauen in Hererokleidung (die mit den „Hoernerhuetten”) auf. Die haetten wir hier nun nicht erwartet.

Maun ueberraschte uns durch seine Groesse und Lebhaftigkeit. Offensichtlich gab der Tourismus der botswanischen Hauptattraktion, dem Okavango Delta, hier genug finanziellen Schub, um einen gewissen Wohlstand zu gewaehrleisten. Die zahlreichen Weissen, die hier als Touristen oder Einheimische zu sehen waren, verstaerkten diesen Eindruck noch. Wir machten uns auf die Suche nach einer Unterkunft, und von der Fahrt durchgeleiert, gaben wir uns bereits nach kurzer Preisverhandlung mit dem Ergebenis zufrieden. Das Hotel bot uns nach den letzten, doch einfacheren Behausungen einen angenehmen Luxus, den wir sogleich weidlich ausnutzten. Soll heissen, wir rissen heute keine Baeume mehr aus, sondern stuerzten uns nach einer ausfuehrlichen Entspannungsphase nur noch auf das leckere Bueffet.

Nachdem wir gestern der Faulheit gefroent hatten, stuerzten wir uns am Dienstag ins staedtische Getuemmel. Als erstes suchten wir den Flughafen, der gleich um die Ecke sein sollte. Nachdem wir fast 30 km gefahren waren und uns wieder zwischen Huetten wiederfanden, gingen wir die Sache noch einmal systematischer an. Bereits in gut 2 km Entfernung von unserem Hotel zweigte eine Airport Avenue genannte Strasse ab. Sonst gab es keinen weiteren Hinweis, doch der Name der Strasse hielt, was er versprach. Der lange Umweg hatte jedoch auch sein gutes, hatten wir doch unterwegs eine Waescherei gefunden, die aus einer Haushaltswaschmaschine und einem Buegelbrett in einer immerhin gemauerten Huette bestand. Fuer umgerechnet 6 Euro konnten wir hier den naechsten Waschtag einlegen. Angenehmerweise reduzierte sich der Aufwand fuer uns auf Abliefern und Abholen der Waesche.

Am Flughafen fanden wir ein Reisebuero. Eine Englaenderin, die seit einigen Jahren hier und in Suedafrika lebt, gab uns bereitwillig Auskunft ueber die Moeglichkeiten. Viel gab es jedoch gerade nicht zu tun. Das Okavango Delta ist um diese Zeit in grossen Teilen trocken, nur die Hauptfluesse und Kanaele fuehren ueberhaupt Wasser. Da saufen also 300 km weiter noerdlich grosse Landstriche im Hochwasser ab, doch bis in das riesige Deltagebiet (etliche zehntausende km² Flaeche) sind die Wassermassen noch nicht vorgedrungen. Somit war das erste Vorhaben, uns in einem Einbaum durch die ueberfluteten Wiesen und Kanaele staaken zu lassen, schon an dieser Stelle geplatzt. Die Hoffnung, vielleicht im direkten Kontakt doch noch eine im Delta liegende Lodge zu finden, die Zimmer fuer 100 bis 200 Euro pro Nacht anbietet, zerschlug sich. Hier hat der Begriff Luxusurlaub eine seiner Bastionen gefunden. Wer will, kann hier pro Nacht und Person spielerisch leicht 1.000 Euro ausgeben, natuerlich nur bei einer Mindestaufenthaltsdauer von 5 Tagen und pro Person... Dafuer darf man sich dann auf ein rustikales Ambiente freuen. Sehr romantisch das alles, aber eben nicht von dieser (unserer) Welt.

Wir buchten uns fuer den naechsten Tag einen einstuendigen Flug ueber Teile des Deltas mit einer kleinen Chessna, die maximal drei Passagieren Platz bietet. Morgens um 8 Uhr sollte es losgehen, ein gute Zeit, weil dann die Turbulenzen ueber dem Gebiet noch nicht so heftig waeren. Wir waren beide gespannt, auf was wir uns da eingelassen hatten. Der Spass kostete zusammen etwa 160 Euro, einen Preis, den wir angesichts des sonstigen Preisgefueges in der Gegend als OK empfanden.

Botswana ist nach eigener Aussage beruehmt fuer handgeflochtene Koerbe, und Maun waere die Hochburg. Das wollten wir ueberpruefen und machten uns auf Souvenirjagd. Entlang der Strasse gab es etliche Staende, die meisten verkauften allerdings allerlei verzinkte Haushaltsgegenstaende. Die Holzschnitzereien waren eher unbedeutend und bedruckte Stoffe langweilig. Hmm. Gerade ein einziger Stand hatte ein paar Koerbe, und wir fassten einen schoenen und billigen ab. Die richtigen Laeden dagegen waren unverschaemt teuer, gerne wollte man 20 bis 30 Euro fuer irgendwas winziges, wahrscheinlich passend zur Klientel, die fuer eine Nacht 1.000 Euro zahlen. Wir entdeckten auch noch ein Museum, das sich allerdings als Galerie herausstellte, in der ganz seltsame Malerei verkauft wurde, sah aus wie von Fuenftklaesslern gemalt. Vielleicht fehlte uns ja auch der intellektuelle Zugang.

Mittwoch. Fruehes Aufstehen war angesagt. Schon um 7:30 Uhr sollten wir am kleinen Flughafen sein. Mit deutscher Puenktlichkeit liefen wir ein, bekamen unser Flugticket ausgehaendigt und mussten sogar durch eine Sicherheitskontrolle. Schlieslich hat Maun einen internationalen Flughafen, auch wenn sich das Ausland hier auf Namibia und Suedafrika zu beschraenken scheint. Hinter der Kontrolle wurde alles auch gleich wieder wesentlich gemuetlicher. Zusammen mit dem Piloten liefen wir ueber das Rollfeld zu einer der aufgereihten Cessnas. Pilot Darren sprach ein paar beruhigende Worte, und wir stiegen in das kleine Ding ein. Der Innenraum hat ungefaehr das Platzangebot eines Trabi, dafuer ist man aber nah an allem dran. Ich setzte mich nach hinten, Katrin nach vorne, um den Piloten im Zweifelsfall schneller ins Ohr schreien zu koennen.

Schon rollten wir Richtung Startbahn und waren vor allem erstaunt, wie laut es in der Kiste war. Schwupp waren wir in der Luft und flogen nun mit ca. 180 km/h in einer Hoehe von etwa 150 m unsere einstuendige Runde. Darren hatte einen ruhigen Flug angekuendigt, denn in den Morgenstunden haelt sich die Thermik ueber dem Gebiet noch in Grenzen. Ganz so ruhig war es dann doch nicht, aber das war eigentlich nur fuer mich ein Problem, mein empfindlicher Magen (eigentlich Gleichgewichtssinn) signalisierte mir schon nach 10 Minuten, dass er begriffen hat, was hier passiert. Den restlichen Flug bestritt ich mit flauem Gefuehl im Magen, das sich jedoch gluecklicherweise nicht weiter aufschaukelte.

Ich war ja vielleicht aufgeregt, in diese kleine Kiste zu steigen! Dieser winzige Propeller sollte uns irgendwohin bringen? Na, hoffentlich! Ich rief mir Toms Flugtheorien ins Gedaechtnis (ich erhalte naemlich auf den langen Autostrecken auf Wunsch einen gewissen Physik-Nachholunterricht, ich hatte auf diesem Gebiet zur Schulzeit gewisse synaptische Maengel..) und sagte mir, das wird schon. Leider sah der Pilot extrem unbedeutend aus, ich konnte mir also von meinem Nachbarn keine optische Ablenkung holen, der wirklich schoene Mann sass hinter mir. OK, konzentrieren wir uns auf die Landschaft. Huch, was war denn das jetzt fuer ein Sprung? Oje, ob die Kurve nicht zu steil genommen wird? Gleich kippen wir doch voellig ab, oder? Mannomann, der Mensch sollte sich doch wirklich auf seinen wahren Standort, die Erde, zurueckbesinnen... Nach einer Weile (wir waren erstaunlicherweise immer noch nicht abgestuerzt) beruhigte ich mich jedoch, und konnte den Flug beinahe geniessen.

Neben meinen koerperlichen Eindreucken war ich ueber die Dimension dieses Deltagebietes ueberrascht. Bis zum Horizont war alles topfeben und in ein sattes Gruen getaucht. Die weiten Wasserflaechen, die man in einem Delta erwartet, waren tasaechlich auf ein Minimum geschrumpft. Nur die Hauptarme des Flusssystems waren noch gefuellt und die restliche Landschaft von zahlreichen Wasserloechern uebersaet. Immerhin tummelten sich in den tieferen Kanaelen einige Nilpferde, deren braune Koerper sich kaum gegen das dunkle Wasser abzeichneten. Wir ueberflogen auch noch ein paar Zebras, Antilopen, und sogar ein Elefant kreuzte unseren Weg. An den Flusslaeufen verteilt gab es ein paar groessere Vogelgruppen. Alles ganz schoen, dennoch wollte sich bei mir das „Jenseits von Afrika” Fluggefuehl nicht einstellen. Da half auch das szenentreue Hinterreichen von Katrins Hand nicht richtig. Ich griff nach der Hand, fuehlte mich zwar nicht wie Robert Redford (sondern nur flau im Magen), aber freute mich immerhin doll, das alles mit meiner kleinen Superbraut zu erleben. Noch Stunden nach der Landung war mein Magen nicht mit mir zufrieden, und so hatte ich zumindest einen langanhaltenden Eindruck mitgenommen. Schade wirklich, dass wir hier die Niedrigwasserphase abgefasst haben. Richtig los geht es hier eben erst im Mai bis Juni.

Ja, auch ich hatte diesen Film „Jenseits von Afrika” im Hinterkopf, das Vorbild fuer den Afrikaflug an sich! Aber, Romantiker: das kann ja gar nicht klappen! Erstens: es kommt keine schoene Musik, sondern der Motor droehnt. Zweitens: es gibt keinen Kamerazoom mal ganz dicht ran an die aufsteigenden Flamingos, sondern selbst dicke Nilpferde oder Elefanten sind so gross wie Huehner. Und drittens: es ist nicht unsere allererster Flug des Lebens, denn wir hatten schon vorher diverse Male das Vergnuegen abzuheben. Und viertens bin ich nun mal nicht Robert Redford, obwohl ich inzwischen wenigstens fast so alt bin wie er in dem Film. Und trotzdem: so ein Delta aus der Vogelperspektive zu erleben, ist die einzige Moeglichkeit, diese Landschaft sozusagen komplexer wahrzunehmen, und das war wirklich sehr beeindruckend. Um Tiere zu beobachten, ist das Fliegen allerdings nicht sehr geeignet, dafuer sind 150 m Flughoehe einfach ein zu grosser Abstand. Und es geht sowieso nichts darueber, mit dem Auto neben einer Gruppe Elefanten zu halten.

Nach dem Flug war der Tag immer noch jung. Noch ein paar Souvenirshops, dann suchten wir einen Buchladen, denn meine Lektuere war mir ausgegangen. Der Buchhaendler hatte sich gut versteckt. Inmitten eines quirligen afrikanischen Einkaufsgebietes, bestehend aus Strassenmaerkten und Laeden fanden wir den Shop, der zwar nur ein paar wenige Buecher feilbot, aber ich fand immerhin etwas fuer die letzten Tage. Auf dem Rueckweg kam mir dann eine total komische Idee: Ich wollte mir meine megalangen Haare mit einem afrikanischen Flechtkunstwerk verschoenern lassen. Fuer 10 Euro sollte ich zur weissen Massai mutieren, Tom dachte „Lass sie mal machen”, und zog ab.

Ich dagegen hatte eine schmerzhafte Stunde vor mir. Zwei Frauen zogen an meinen Haaren und drueckten meinen Kopf in alle moeglichen Richtungen, so dass ich nicht wusste, ob ich zuerst eine Glatze bekaeme oder einen Genickbruch. Himmel, tat das weh! Mit froehlichem Schwatzen (eben typisch Friseur) wurde sich die Zeit vertrieben, oft in Setswana und Englisch durcheinander. Die anderthalbjaehrige Tochter meiner Friseurin bruellte fast pausenlos, weil es sie stank, dass ihre Mama keine Zeit fuer sie hatte. Staendig kamen und gingen irgendwelche Frauen, wahrscheinlich war der Friseur auch eine Art Kommunikationspunkt. Zwischenzeitlich umkreisten mich 10 Frauen, welche auch unbedingt mein komisches blondes Haar beruehren und sich lauthals darueber auslassen mussten. Meine Friseurin fand meinen „chinesischen” (sprich: platten) Hinterkopf wunderschoen im Gegensatz zu ihrem wohlgerundeten, den sie als bloede Beule bezeichnete. Leider gab es keine OP-Ecke, wo wir die Hinterkoepfe haetten austauschen koennen.

Am Ende all der Quaelerei sah ich im Spiegel eine seltsame Zopfbraut, die wie eine Moechtegernafrikanerin und ziemlich bescheuert aussah. Die Anwesenden im Friseurladen fanden mich alle toll, naja. Zur Tarnung fuer den Heimweg setzte ich meine Sonnenbrille auf. Tom sagte erstmal nichts, aber guckte mit diesem speziellen Blick... Wir machten ein paar Dokumentarfotos, und nach einer Stunde loeste ich das Kunstwerk wieder auf, weil immer noch alles ziepte und zerrte. Nach meiner „Original Kirchentagfrisur” (Zitat Tom) hatte ich nun eine genauso seltsame, ausgefranste Dauerwelle. Ich sag mal so: es war ein Experiment...

Gruendonnerstag wurde ein unerwartet langer Fahrtag. Wir hatten geplant, 200 km oestlich von Maun in einer Lodge mit dem vielversprechenden Namen „Planet Baobab” abzusteigen. Sie warb fuer den Aufenthalt mit Saetzen wie „Nur Verrueckte bleiben hier, deshalb war das genau der richtige Platz fuer mich.” Das klang doch vielversprechend. Die Lodge lag am Rand einer Salzpfannen, durch die man mit Quads brausen konnte, ausserdem wurden Bushwalks mit Einfuehrung in die Lebensweise der Buschleute angepriesen. Die Lodge war tatsaechlich etwas besonderes. Die Ausstattung hatte einen exotischen Stil, das einzige Problem: man war fuer die naechsten zwei Tage durch eine Gruppe ausgebucht. Einzige Alternative war die Uebernachtung in einer sogenannten Buschmannhuette. Wir warfen immerhin einen Blick hinein, doch Katrin zuckte akut zurueck, und sie hatte nicht unrecht mit ihren Befuerchtungen, dass hier moeglicherweise wirklich alles Kleingetier der Welt mit wohnen wuerde. Die Huette hatte jedenfalls jede Menge Oeffnungen, ausserdem gab es nur zwei Einzelbetten darin. Wir bestaunten noch die riesigen Baobabbaeume, die ueberall herumstanden und fuhren dann leicht enttaeuscht weiter. Das waere hier bestimmt ganz lustig und sehr speziell geworden.

Die naechsten dreihundert km erwiesen sich als gewohnt ereignislos. Nur die zahlreichen Esel, Ziegen und mitunter Rinder, die sich mit Vorliebe an und auf der Strasse herumtreiben, bieten eine gewisse Abwechslung. Spaetestens hier merkten wir, dass wir nun langsam genug durch die afrikanische Weite geduest sind, wir begannen uns intensiv nach einer vollen Autobahn mit lauter Spinnern zu sehnen, fuer die der Spass bei Tempo 200 erst richtig anfaengt. Diese Sehnsucht wuerde sich ja in ein paar Tagen erfuellen und vermutlich genauso schnell wieder seinen Reiz verlieren. Der Mensch ist halt undankbar.

Immerhin wurde zwischendurch doch noch fuer Unterhaltung gesorgt. An einer der regelmaessig auftretenden Polizeikontrollen wurden wir herausgewunken und sollten uns ein kleine Verkehrsschulung anhoeren. Der Hintergrund ist die wie in vielen afrianischen Laendern sehr hohe Unfallrate auf den Strassen von Botswana. Auch hier in diesem Land sind um das Osterfest herum weit mehr Leute unterwegs, entsprechend steigt dann leider auch zu den Festen der „Blutzoll” auf den Strassen. Da hat sich das Verkehrsministerium zu dieser Schulungsaktion durchgerungen. So sassen wir aufmerksam zuhoerend vor einem sehr engagierten Angestellten unter einer schattenspendenden Zeltplane und liessen uns ueber die Gefahren des uebermuedeten Fahrens belehren. Auch wurde auf die Wichtigkeit der Kontrolle der Fahrtuechtigkeit des fahrbaren Untersatzes hingewiesen. Wir hoerten interessiert zu, und ab und an machte Katrin einen Einwurf, dass wir dies oder das gerade erst gemacht haben. So wurden wir nach 5 Minuten entlassen, bekamen immerhin eine Wasserflasche und eine Informationsbroschuere ausgehaendigt, aus der auch gleich noch ein Fuenferpack mit Kondomen herausfiel. Zumindest diese gaben wir dankend zurueck und machten uns wieder in die Spur.

Francistown empfing uns gewohnt unspektakulaer. Wir checkten noch zwei Alternativen ab, bevor wir wieder in unserem „Stammhotel” landeten. Da wir unsere Plaene fuer die kommenden Tage ein paar Mal hin und her gewaelzt hatten, fanden wir uns ploetzlich mit viel zu viel Botswana Bargeld wieder, denn wir hatten beschlossen, am naechsten Tag ueber eine Art Abkuerzung weiter im Norden nach Suedafrika einzureisen und Gaborone auszulassen. Unser Versuch, fuer das Bargeld vielleicht noch einen Jeans oder so zu kaufen, scheiterte trotz Toms aussergewoehnlicher (natuerlich nur kurz anhaltender) Shoppingbereitschaft am begenzten Warenangebot. Zigaretten waren auch keine Alternative, mit nur 2 Euro pro Packung wird man nicht viel Geld los, und soviel rauche ich (gluecklicherweise) auch nicht. Da wir auf Revivaltour in Francistown waren, gingen wir auch wieder zum gleichen Inder, und da wir seine Schwachstellen inzwischen kannten, bestellten wir uns ein Essen, das uns diesmal richtig gut schmeckte.

Bild des Tages
Ort [Victoria Falls - Bagani] Dat [29.03-01.04] Tag [326-329] Temp [ca.28]
Victoria Falls mit Reinfall

Donnerstag, die Victoria Falls kuendigten sich schon aus einiger Entfernung durch ein lautes Grummeln an. Auf dem Parkplatz vor dem Parkeingang glaubte man sich schon fast in der Grenzabfertigung nach Sambia, und tatsaechlich sind es von hier zum Kontrollpunkt nur noch 300 m. Alles ist eingezaeunt, hauptsaechlich jedoch, um die etablierten Souvenirverkaeufer mit ihren Staenden vor den zahllosen fliegenden Haendlern um den Zaun herum zu schuetzen. Jeder versucht hier, mit den Touristen sein Schnaeppchen zu machen. Wenn die unerweunschten Haendler zu aufdringlich werden, wird vom Wachpersonal auch schon mal mit dem Schlagstock dazwischengegangen. An der Schwelle zur Armut werden die Sitten merklich rauher.

Die zur Leihe angebotenen, gummierten Regenjacken schlugen wir natuerlich in den Wind. Wir sind doch nicht aus Zucker, und ein bisschen Nass ist bei den Temperaturen eh ganz lustig. Was wussten wir schon... Der Eintritt war unerwartet hoch. 20 USD sollten wir pro Person berappen, in Pula kamen wir guenstiger weg, dennoch stieg unsere Verstimmung gegenueber dem offensichtlichen und unausgewogenen Preisverhalten Touristen gegenueber. Das war bald vergessen, als wir uns dem Grummeln naeherten, das jetzt in ein gewaltiges Tosen ueberging. Die Victoria Falls wurden erst 1855 von David Livingstone fuer den weissen Mann entdeckt. Er soll der erste gewesen sein, der sich dem Rand genaehert hat, den Einheimischen war der Fall angeblich zu unheimlich. Das halte ich fuer eine extrem daemliche Legende, die vermutlich erklaeren soll, dass der weisse Mensch dem schwarzen Menschen nun doch eigentlich ueberlegen ist. Wer denkt sich nur so einen Unfug aus?

Sicher ist jedoch, wer auch immer sich den Faellen als erster genaehert haben mag, dem wird die Kinnlade vermutlich genauso runtergeklappt sein wie uns. Der meandernde Sambesifluss rauscht hier auf ganzer Breite (und das sind mindestens 1.000 m) ca. 95 m in die Tiefe. Die dadurch entstandene Schlucht liegt fast rechtwinklig zum Flusslauf und ist nur ca. 200 m breit. Der kurz vor den Faellen noch ruhig erscheinende Fluss bekommt kurz vor der Kante ordentlich Fahrt, und die Wassermassen stuerzen an der Kante mit Urgewalt in die Tiefe. Da der Sambesi gerade Hochwasser fuehrte, war dieses Spektakel um so beeindruckender. Was sich uns jedoch noch viel mehr eingepraegt hat, ist die gewaltige Gischtwolke, die ueber dem ganzen Canyon aufstieg. Sie war mehrere hundert Meter hoch und verdeckte den Blick auf die Schlucht fast vollstaendig. Nur ab und an konnte man den kochenden Hexenkessel am Grund ueberhaupt sehen.

Die Gischtwolke riss fuer kurze Augenblicke auf, und man konnte kurzzeitig wenigstens Teile der gewaltigen Fallkante mit den braun-weissen Wassermassen bestaunen. Die Wanderung entlang der dem Fall gegenueberliegenden Seite entpuppte sich als zunaechst sporadische Dusche und gegen Ende des Weges als heftige Dauerregeneinlage. Innerhalb von ein paar Minuten waren wir patschnass und auch die Kamera, die wir zum Schutz in der Kamerahuelle herumtrugen, bekam ihr Fett weg. Nach einer Weile wurden die fotografischen Versuche von bisher noch nie auf dem Kameradisplay gesehenen Symbolen vereitelt. Wie sich bei spaeterer Lektuere der Gebrauchsanleitung herausstellte, erkannte die Kamera zunaechst die Batterie nicht mehr (was ist das eigentlich fuer eine nutzlose Funktion - ich meine, was soll man mit diesem Fehler anfangen?), wusste dann nichts mehr vom Bildspeicher und vergass die Uhrzeit. Machen wir es kurz - die Kamera hatte die Dauerdusche nicht richtig vertragen und gab die letzten Lebenszeichen von sich.

Wir selber hatten schon nach kurzer Zeit kein trockenes Kleidungsstueck mehr am Leibe, aber bei den warmen Temperaturen war das nicht so tragisch. Trotzdem war es ein komisches Gefuehl, mit einem T-Shirt herumzulaufen, das an einem haengt, als waere man damit gerade aus der Badewanne gestiegen. Wir haben es ein paar Mal regelrecht ausgewrungen, um ein paar Liter loszuwerden. Die Gischt prasselte auf uns hinab, als haetten wir direkt unter der Dusche gestanden. Bloede Idee nur, die Kamera zum Duschen mitzunehmen... Schon auf den paar hundert Metern Rueckweg zum Parkplatz begann alles wieder zu trocknen. Die Victoria Faelle beeindruckten mich extrem und doch sprang der wahre Funken wie z. B. bei den Niagara Faellen bei mir nicht wirklich ueber. Ich glaube, das lag daran, dass meine eigenen Erwartungen so hoch geschraubt waren, dass ich die Umstaende in dem uns umgebenden, strauchelnden Land Simbabwe nicht vollkommen aus dem Kopf bekam und dass letztendlich das viele Wasser des Sambesi des Guten zu viel war. Es klingt zwar komisch, sich bei einem Wasserfall weniger Wasser zu wuenschen, doch ich bin ueberzeugt, dass die Haelfte auch beeindruckend gewesen waere und der Gischtvorhang oefter einen guten Blick auf die Faelle freigegeben haette.

Mit den nassen Klamotten fuhren wir erst einmal ins Hotel zum Wechseln. Die anschliessende Besichtigungstour durch den Ort Victoria Falls bestand hauptsaechlich aus dem Durchstoebern einiger ganz schoener Souvenirshops, die interessante Kunsthandwerksarbeiten praesentierten. Doch bei den Preisen staunten wir nicht schlecht. Auf den Strassen muessen Menschen gegen den Hunger kaempfen, und hier wurde alles offensichtlich auf die Zielgruppe „reiche Amerikaner” abgestimmt. So war hier bei vielem, das wir an anderen Stellen in anderen Laendern schon aehnlich gesehen hatten, locker ein Preisfaktor x5 oder x10 eingearbeitet. So zogen wir ohne zuzuschlagen durch die Laeden und pilgerten zum Abendessen wieder in unser Hotel.

Am Freitag stand ich frueh auf. Die Kamera weigerte sich trotz Trocknung ueber Nacht, wieder zu funktionieren. So zueckte ich meinen Uhrmacherschraubendreher, und es ging an die Eingeweide dieses vollgepackten Wunderwerkes. Nach meinem ersten Schraubversuch in Australien wusste ich ja nun auch etwas besser, wo es langgeht, so war das Gehaeuse schnell geoeffnet, und in den ersten Sonnenstrahlen liess ich die Innereien nochmals trocknen. Leider weiterhin kein Lebenszeichen. Auf einem der mikro-mini, mit meinen alten Augen kaum mehr zu sehenden Flachbandstecker entdeckte ich dann Ablagerungen, die sehr an bluehenden Gruenspan erinnerten. Nachdem ich diese mit der Zahnbuerste (iih, was fuer eine Zahnbuerste? Das lese ich ja erst jetzt...) (meiner) abgeschubbert hatte, zuckte sogar das Display fuer einen kurzen Augenblick, der Speicher war jedoch noch immer unbekannt und das heftige „ich weiss nicht, wie spaet es ist” Blinken hielt sich mit grosser Zaehigkeit.

Was tun? Weiter oder nicht? Nun bin ich ein neugieriger und ehrgeiziger Mensch. Beides schlechte Voraussetzungen, um auf Wunder zu warten. Das intensivere Abkratzen am Mikrostecker mit der Schraubendreherklinge war natuerlich ein Fehler, fuer diese Feststellung braucht man nicht lange, wenn es ploetzlich „Popp” macht und ein kleiner Funken, von einem kleinen Rauchwoelkchen gefolgt, aus der Kamera aufsteigt. Das „kleine Rauchwoelkchen” war eine stinkende Rauchsaeule, die mich aufweckte, und als erstes an diesem herrlichen Morgen sah ich einen leicht verzweifelten Tom, der soeben seine Kamera restlos ins Jenseits befoerdert hatte. (Ich wuerde das nicht ganz so negativ dargestellt haben wollen) Man liest ja auch ueberall, erst alles stromlos machen. Mein schlechtes Gewissen hielt sich dennoch in Grenzen - einfach hinlegen haette nun wirklich auch nicht geholfen. Der Blick auf einen ploetzlich schwarzen Strich in einem der Flachbandkabel liess mich dann anfangen ueber „ich rede es mir schoen” Szenarios nachzudenken. Was dabei am besten half, war der Gedanke, dass der Verlust der Kamera erst zwei Wochen vor dem Ende der Reise doch eigentlich sehr etraeglich ist und zweitens der Kaufpreis umgerechnet auf die ueber 6.000 Fotos doch so tragisch gar nicht ist. Vielleicht kann ich die Kamera in Deutschland mit viel Glueck und Geduld ja noch retten, hier auf der Reise war jetzt jedenfalls Ende der fotografischen Fahnenstange.

Ich hatte die Idee, solange wir in Simbabwe sind, meinem Patenkind eine sowohl schnelle als auch nicht so eingeschraenkte Post zu schicken. Wenn ich an mein armes Patenkind dachte, war es fuer mich besonders schlimm, die Trostlosigkeit dieses Landes zu spueren. Ich hoffe trotzdem, dass die Leute in den laendlichen Gebieten autark genug sind, um sich von ihren Feldern und ihrem Vieh ausreichend zu versorgen. Per E-Mail hatte ich mir die Kontaktadresse in Simbabwe schicken lassen. Ich schrieb einen dicken Brief und zog los, um ein paar kleine Geschenke zu kaufen. Man soll ja nicht so viel schicken, um die Kinder nicht zu sehr gegenueber den nichtgesponsorten zu privilegieren. Aber nach Simbabwe geht gar nichts von Deutschland aus, weil der Staat bei jedem etwas dickeren Brief sofort eine Einfuhrsteuer verlangt, da wollte ich es ausnutzen, vor Ort zu sein. Aber die Shops boten so gar nichts vernuenftiges! Ich kaufte ein Buch, Buntstifte, Tusche usw. und bezahlte fuer den Kleinkram ueber 15 Euro, in Deutschland haette das nicht mehr als 5 Euro gekostet.

Das kommt naemlich noch dazu: obwohl die Leute in Afrika keine Kohle haben, sind viele Sachen extrem ueberteuert. Auf der Post bezahlte ich auch „schwarz” in suedafrikanischen Rand, der Beamte liess es unter den Tisch gleiten und wird seine Kasse wohl aus seinem Portemonnaie mit dem wertlosen simbabwischen Papiergeld aufgefuellt haben. Nun hoffe ich bloss, dass auch alles ankommt. Das werde ich wohl spaetestens in einem halben Jahr erfahren, so lange brauchen Briefe von meinem Patenkind bis zu mir gewoehnlich. Waere schoen, so einem kleinen Maedchen mal ein paar „unsinnige” Sachen zu schenken, fuer die sonst bestimmt kein Geld da ist.

Nachmittags hatten wir den riesigen Hotelpool fuer uns allein, in der Naehe versammelten sich wie ueblich gegen Abend die Warzenschweine und die Affen. Am Abend wollten wir mal „authentisch” auswaerts essen gehen, waren aber ziemlich schockiert, als wir im rustikalen und absolut nicht vornehmen Restaurant „Mama Africa” die gepfefferten Preise sahen. Noch schlimmer war allerdings, dass es nicht mal gut geschmeckt hat. Was fuer ein Nepperladen! Wenigstens sollte uns die angekuendigte Livemusik ein wenig troesten, aber nach 2 Minuten Anspielphase brach der Strom zusammen, anscheinend ein Dauerzustand in Simbabwe, denn wir haben hier mehr Zeit ohne als mit Strom verbracht.

Samstag, ohne Wehmut verliessen wir Simbabwe so schnell, wie wir gekommen sind. Es steht mir nicht zu, ein Urteil ueber dieses gebeutelte Land zu faellen. Zu wenig haben wir davon gesehen, und zu kurz waren wir hier. Mit Sicherheit hat Victoria Falls nichts mit der Wirklichkeit fuer den Grossteil des Landes zu tun, dafuer dominiert hier der Tourismus viel zu stark. Dennoch war unsere Fahrt zur Tankstelle bezeichnend, wir wollten nur Luft in einem der Reifen nachfuellen (einer verliert im Laufe von vier Tagen immer ca. ein Viertel des Luftdruckes). Man wird vom Schild „Kein Benzin, kein Diesel” empfangen. Das deckt sich mit den Berichten ueber die katastrophale Treibstoffversorgung und astronomischen Preise auf dem Schwarzmarkt. Luft bekamen wir keine, den Kompressor zu betreiben, wenn man sonst kein Geschaeft macht, waere wohl auch unsinnig. Schlimm anzusehen sind die wirklich Armen, die hier die Muelltonnen auf der Suche nach etwas Essbarem durchwuehlen. An jeder Ecke springen einen illegale Geldtauscher an und bieten fuer jegliche Fremdwaehrung astronomische Summen des eigenen, eher nutzlosen Geldes. Das Land steht mit dem Ruecken an der Wand - zumindest dies ist sogar hier in Victoria Falls offensichtlich geworden.

Fuer mich sehr bezeichnend war ein Fernsehbericht ueber den Praesidenten Mugabe, der auf einer Konferenz in Tansania die Hilfe der uebrigen Laender des suedlichen Afrikas zugesichert bekam. Da sprintet ein 83-jaehriger Mann pseudodynamisch die Treppe hoch, strauchelt fast, reckt die Faust zum Sieg und beweist damit vor allem sich selbst, das seine Zeit noch nicht vorueber ist. Ich vermute, dass die Unterstuetzung der uebrigen Laender fuer Mugabe vor allem daher ruehrt, dass die Angst vor dem entstehenden Machtvakuum mit dem dazugehoerigen Gerangel zu gross ist. Vielleicht ist diese Entscheidung wirklich weise, Simbabwe waere ja nicht das erste afrikanische Land, das im Sog eines wirtschaftlichen Bankrotts im Chaos versinkt.

Wir jedenfalls waren nicht traurig, diesen Umstaenden wieder den Ruecken zu kehren. Der Rueckweg zur botswanischen Grenze lieferte noch einen spannenden Wettkampf. Schon bei der Fahrt nach Victoria Falls waren wir mit recht wenig Benzin unterwegs. Ich war jedoch die ganze Zeit der Meinung, dass der Sprit locker hin und zurueck reichen wuerde. Nun auf dem Rueckweg stand die Wette, dass wir noch nicht in den roten Reservebereich der Tankanzeige rutschen wuerden. Katrin dagegen sah uns das Auto schon eher ueber die Grenze schieben. Wir rollten gespannt die gut 70 km bis zur Grenze. Der letzte Huegel vor dem Kontrollpunkt war genommen, keine 300 m mehr und noch keine Reserveanzeige. Gerade begann ich zu frohlocken und den Wettsieg zu feiern. Zu frueh gefreut, in diesem Augenblick sprang die Warnleuchte an! Der Warntorn liess mich in schierem Unglauben verstummen. Katrin konnte sich vor Lachen nicht mehr halten. Da hatte ich wohl Pech gehabt.

Ueber die Grenze kamen wir in beeindruckenden 15 Minuten. Wir schuettelten das seltsame simbabwische Lebensgefuehl endgueltig ab. Nach kurzer Tankpause fuhren wir durch den Chobe Nationalpark die ca. 100 km bis zur Grenze nach Namibia.

Anders als bei unserer Safari durch den Park ein paar Tage zuvor fuehrte eine Asphaltstrasse mitten durch das Wildgebiet. Nach ein paar Kilometern leuchteten die Warnlampen bei dem vor uns fahrenden Auto auf: alle abbremsen, Elefanten auf der Strasse! Ein grosser Familienverband hatte es sich mitten auf dem Weg bequem gemacht. Wir nahmen es als Gratistour und hielten zum Gucken an. Von vorne kam ein LKW herangebraust, und wir fragten uns noch, warum der so rast. Es wurde aber noch schlimmer, drei Elefanten standen auf seiner Spur und dieser Idiot wich nicht einen Zentimeter aus! Ich habe es zum Glueck nicht so genau gesehen, Tom war sich aber sicher, dass er einen der Elefanten gerammt hatte.

Er hielt dann auch an, um seinen Schaden am LKW zu begutachten. Ich haette ihm am liebsten eine reingehauen und hoffte, dass er wenigstens eine ordentliche Beule hatte, so dass ihn sein Chef zusammenscheissen wuerde. Der Elefant taumelte davon, das arme Ding. So entstehen agressive Autoangreifer, und keiner weiss, woher das kommt. Ich habe den LKW jedenfalls am Parkausgang „verpetzt”, aber die haben sich nicht weiter ueberschlagen. Ich denke, die Ueberbevoelkerung (etwa doppelt so viele Elefanten leben im Chobe Park, wie oekologisch eigentlich gut waere) laesst niemanden in Ohnmacht fallen, wenn mal einer verlustig geht. Mich hat es ordentlich aufgeregt! An der Grenze zu Namibia ging es auch zuegig voran, und Namibia hatte uns wieder. Die Grenzstation lag bereits in einer spektakulaeren Umgebung. Ueberall standen die herrlichsten Affenbrotbaeume herum und eine lange Bruecke ueber den Chobefluss verband die beiden Laender. Das Wasser reichte der Bruecke ziemlich bis ans „Kinn”, das Hochwasser hatte hier bedrohliche Ausmasse angenommen.

Durch teilweise ueberflutete Landstriche fuhren wir bis zum naechsten groesseren Ort. Die Strasse war gesaeumt von kleinen Lehmhuettengruppen in einem sehr guten Zustand. Klar, Deutsch-Suedwest hatte die Haeuslebauer- Tugenden fuer immer eingebrannt! Hier pflegte man offensichtlich noch einen sehr urspruenglichen afrikanischen Lebensstil. In Katima Mulilo sahen wir uns eine Unterkunft an, deren Besitzerin jedoch erstens beim Preis fuer ihr „Upmarket” Etablissement nicht viel mit sich reden liess (ihre Bezeichnung fuer ein durchaus durchschnittliches Haeuschen) und zweitens nicht in die Kategorie sympathisch fiel. So suchten wir uns eine andere Lodge, die ihre besten Zeiten zwar schon eine ganze Weile hinter sich hatte, aber deren Preisgestaltung eher unseren Vorstellungen entsprach. Und lieber schliefen wir etwas muchtiger, als dieser blasierten „Upmarket” Kuh das Geld in den Hintern zu stopfen.

In der Lodge trafen wir auf drei deutsche Motorradfahrer, die mit ihren Maschinen in insgesamt 11 Wochen von Kenia bis Namibia unterwegs waren. Das Trio aus Franken gab einige interessante Anekdoten zum besten, und wir freuten uns, dass wir nach Wochen mal wieder auf ein paar Deutsche getroffen waren, mit denen wir uns unterhalten konnten. Und es gibt noch andere, die ihre Jobs fuer solche Auszeiten kuendigen!

Am Sonntag ging die Fahrt hinein ins Caprivi Gebiet. Der uns sehr ans Herz gelegte Teil Namibias war nicht so spannend, wie wir es erwartet hatten. Bestimmt sind wir auch schon etwas „ueberreizt”, aber es gab nichts bedeutendes zu entdecken. Dafuer wurde unsere Uebernachtungssuche ein spannenderes Unterfangen als erwartet. Der Sambesi war grossflaechig ueber die Ufer getreten und hatte die von uns anvisierte Lodge auf eine Insel gestellt. So kamen wir ganz unerwartet zu einer Bootsfahrt durch das Ueberflutungsgebiet, das Auto musste man schon ein paar hundert Meter vor der Lodge am Wasserrand abstellen. Die Kinder des angrenzenden Dorfes freute das Hochwasser, sie badeten froehlich in einem „See” an einer Stelle, die sonst keinen Tropfen Wasser vorweist.

Schon unsere Bootsfahrt zur Lodge warf ihre Schatten voraus, und zwar deutsche! Mit uns ein weiteres Paerchen aus Deutschland (das elfte Mal hintereinander in Namibia, auch voellig abgefahren!) und ein weiteres deutsches Paar mit Vogel- und Libellentick, was fuer das mitreisende Kind bestimmt gaaanz spannend war. Und es blieb deutsch: der Besitzer natuerlich ein Deutscher, die uebrigen zwei Gaeste deutsch und sogar die schwarzen Angestellten hatten Namen wie Reinhold und Lukas, da habe ich mich dann fast vom Boot geschmissen.

Der Besitzer der Lodge hatte sein Laecheln vor circa zwei Tagen in den Kuehlschrank gepackt, aber wir konnten ihn verstehen: um die Anlage herum stieg das Wasser und reichte bereits bis auf wenige Zentimeter an die Unterkante des Haupthauses heran, Tendenz steigend! Einige Gaestebungalows standen bereits im Nassen. Wir bekamen ein „Luxuszelt”, die Bezeichnung Luxus erinnerte uns an die „Upmarket” Frau vom Vortag, denn es gab nur zwei Metallbetten und einen Spind. Fuer uns alles, was wir brauchten, wir fanden bloss diese Luxusbezeichnung albern. Genial war die Lage unseres Zeltes: unsere Terasse lag direkt am Fluss! Und man hoerte auch schon das Gebruell von Nilpferden, allerdings war schwer einzuschaetzen, wie weit sie entfernt waren, denn der Fluss traegt Geraeusche ueber eine weite Strecke.

Abends machte die deutsche Mannschaft geschlossen eine Bootstour, bei der wir drei Nilpferde zu sehen bekamen und ansonsten ein paar schoene Voegel, und wir ermahnten uns, nicht zu sensationsverwoehnt vom Chobe Park zu sein. Immerhin gab es einen schoenen Sonnenuntergang, und ueberhaupt war die Abendstimmung toll. Heimgekehrt entdeckten wir im Haupthaus eine Fernsehecke, in der -tara!- alle moegliochen deutschen Programme liefen. Unglaublich! Wir schauten „Heute”, ein paar Minuten „Lindenstrasse” und zwei Minuten „Nur die Liebe zaehlt” Bei den letzten beiden Sendungen verliess ich schnell den Raum, das halten meine Nerven selbst nach solch einem ruhigen Jahr noch nicht aus. Ich stuerzte mich lieber auf die fast aktuellen deutschen(!) Zeitungen und Magazine, dann wurden wir zum Glueck durch das Abendessen erloest, insbesondere Tom, der den Schwachsinn schon gleich nicht mehr aushielt. Aber komisch ist es schon, wie das deutsche Fernsehen unveraendert vor sich hinseiert, hat sich denn rein gar nichts weiterentwickelt in dem Jahr?? Ach nee, stimmt ja gar nicht, es gab ja auch noch die neue „Verbraucher Show” auf RTL! Das ist ja das herrlichste Format, damit alle mal so richtig meckern koennen.

Wir liessen die Glotze dann auch gleich bleiben und genossen lieber die Abendstimmung auf unserer Terasse mit den afrikanischen Geraeuschen und vor allem dem heftigen Gebruell der Nilpferde, welche ca. 300 m weiter im Wasser standen. Vor dem Schlafen musste Tom noch eine riesige Spinne raustragen, weitere Ereignisse gab es nicht (leider, in der vorherigen Nacht war ein Nilpferd bis auf 3 m neben unser Zelt zum Grasen gekommen, wir haben noch die frischen Spuren gesehen). Dafuer traeumte ich heftig von Spinnen aller Art, die mir ueber die Schultern liefen, so eine Nacht im Zelt in Afrika ist fuer meine kleine spinnengeaengstigte Seele schon so eine Herausforderung!

Datenbankserver oder Datenbank z. Zt. nicht verfuegbar!