Die Zeit
Viele von uns haben heutzutage das Empfinden, dass die Zeit rast. Was, schon wieder Weihnachten? Gerade war es doch noch Sommer! Plötzlich feiert man das 10. Jubiläum im Job und kann es kaum fassen. Kann man die Zeit langsamer laufen lassen? Keine Ahnung, aber vielleicht, wenn man sich nicht vor Aufgaben und Vorhaben überschlägt? Wir wollen es herausfinden. (Text in dieser Farbe und Auszeichnung ist immer von Katrin.)
Lebensplan
Man kann im Leben viele Wege beschreiten, einiges hatten wir
uns ursprünglich auch anders vorgestellt. Zum Beispiel wollten wir gern eine
Familie mit Kindern gründen, aber das hat nicht geklappt. Nachdem uns dieses
Abenteuer versagt blieb, haben wir über Alternativen dazu nachgedacht. Auf
jeden Fall waren wir uns einig, dass wir nicht immer nur wie die Hamster im Rad
dasselbe tun wollten bis zur Rente; irgendetwas Großes musste passieren.
Eigentlich war es dann ganz einfach: Kinderlosigkeit bedeutet ja gleichzeitig
Unabhängigkeit, und diese wollen wir nun nutzen.
Sicherheit
In der heutigen Zeit hält man normalerweise daran fest, was man hat. Einen guten Job riskiert man nicht. Warum eigentlich nicht? Muss das Leben immer konstant geradeaus laufen? Viele träumen davon, einmal auszubrechen und dem Leben eine Biegung zu verpassen. Wir haben es einfach getan. Und es ist seltsam: nachdem wir uns einmal entschlossen hatten, unsere Sicherheit aufzugeben, wurden wir immer gelassener und wir haben überhaupt keine Angst vor der Zukunft.
Eine Idee entsteht
Reisen war schon immer unsere Leidenschaft. Meine Reisetätigkeit war durch meine Herkunft zunächst
natürlich eingeschränkt, aber nach dem Mauerfall ging es ziemlich direkt los in bis dato
unerlaubte Regionen. Im Unterschied zu Thomas dauerten meine Fernreisen aber
immer nur maximal 3 Wochen, denn ich war ja inzwischen Arbeitnehmer mit
geregeltem Urlaubsanspruch.
Und hier lag auch das Problem: Drei Wochen in einem
spannenden Land vergingen immer wie im Fluge. Noch ausgelaugt von den besonders
anstrengenden Urlaubsvorbereitungen im Büro (man muss ja seinen Urlaub
praktisch vorarbeiten) brauchte ich immer ein paar Tage, um überhaupt richtig
anzukommen. Von meinem „Hang“ zum Jetlag ganz zu schweigen…
Die mittlere Woche habe ich immer als die schönste
empfunden, denn weitestgehend entspannt konnte ich mich auf das jeweilige Land
einlassen. Aber wie schnell kam die dritte Woche heran, und schon begann der
Countdown zur Abreise. Die schöne Zeit rann mir durch die Finger wie der Sand
am exotischen Strand.
Haben wir auch alles gesehen, was uns interessiert? Wer
weiß, ob wir hier noch einmal herkommen! Schnell noch mal dahin und dorthin
fahren! Manchmal beneidete ich die „normalen“ Urlauber, die einfach nur 2
Wochen an diesem wunderschönen See in den Rocky Mountains bleiben durften, den
wir auf unserer Durchreise entdeckt hatten. Gleichzeitig zog es mich natürlich
weiter und weiter.
Wie wäre es, wenn man mal ganz langsam reisen könnte?
Wie wäre es, wenn man da bleiben kann, wo es einem gefällt,
ohne dass man durch einen Zeitplan getrieben würde?
Diese Fragen begannen, sich langsam in meinem Gehirn
einzunisten.
Einflüsse
Meine ostdeutsche Biografie unterschied sich in punkto Reise
wesentlich von der von Tom. Neidisch hörte ich seine Berichte von seinen
Abenteuern.
Er hatte nach dem Abi in einer mechanischen Werkstatt gearbeitet, um Geld
für seine erste große Reise zu verdienen und dann ging es los nach Australien,
wo er viele Monate durch die Gegend zog. Und auch während des Studiums reiste er
öfter für einige Monate in ferne Länder, z.B. nach Peru und Neuseeland.
Mein Leben verlief ganz anders: Abi, Studium, Arbeit. Und
das alles ohne auch nur einen ungeregelten Tag. Das war auch irgendwie ganz
normal so, alles lief in geraden Bahnen.
Die Begegnung mit Tom hat mich in dieser Beziehung sehr
beeinflusst und mir neue Horizonte geöffnet. Natürlich ist es ein Unterschied,
ob man mit 20 ein bisschen rumtingelt oder ob man erst fast 40 werden muss.
Nun hole ich sozusagen auch ein paar Jugendverluste nach.
Ein positiver Aspekt an unserem Reisealter ist unsere nunmehr angenehmere
finanzielle Situation, die uns vor 20-Mann-Zimmern in kahlen Jugendherbergen
bewahren wird. Wir beide sind keine großen Konsum-Junkies, was uns ein kleines
Polster auf der Bank bescherte. Aber Geld auf der Bank macht nicht glücklich.
Wir wollen einen ordentlichen Teil davon als Reisebudget verwenden.
Wir teilen uns der Umwelt mit
Nachdem wir uns in einer mehrstündigen Diskussion
entschieden hatten, unser Unternehmen „Auszeit“ zu starten, musste dies nun
mitgeteilt werden.
Erwartungsgemäß waren unsere Familie und Freunde geschockt.
Zuallererst der unvorstellbare Gedanke, dass wir uns nun für
etwa ein Jahr nicht sehen könnten und dann auch als ziemlich sofortige
Reaktion: Ihr seid verrückt, eure Jobs aufzugeben, aber Euer Vorhaben ist eine geniale
Idee!
In unserer Firma war es auch so eine Sache. Zwei
Abteilungsleiter wollten ein Jahr aussetzen. Uns war klar, dass wir ein
ordentliches Durcheinander anrichten würden, aber wir sagten uns auch, dass wir
viele Jahre eine Menge geleistet hatten und nun einmal an uns denken wollten.
Die Diskussionen um unser exotisches Anliegen zogen sich
etwas hin, aber letztendlich fanden wir eine Lösung, die für alle OK war.
Reisevorbereitungen
Ein Jahr unterwegs zu sein ist ein riesiges Projekt.
Da wir kein Einkommen haben werden, galt es, unsere
laufenden Kosten maximal zu verringern.
Wir erstellten schockierend große Tabellen mit unseren
laufenden Ausgaben.
Auf jeden Fall wollten wir unsere Miete sparen. Das hieß,
dass wir unser Mietverhältnis kündigen mussten. Doch wohin mit unseren Sachen?
Wir haben Gott sei dank sehr liebe Freunde, die uns hier unterstützt haben und
unsere Sachen sind gut verteilt und untergestellt (Danke auch noch mal an alle
für die Hilfe beim Auszug!)
Unglaublich viele Daueraufträge haben wir gelöscht. Es ist
unfassbar, wofür man so arbeitet: von Versicherungen über Müll, Strom, Wasser,
Miete bis zur GEZ usw. kommt eine ordentliche Summe zusammen. Dank
umfangreicher Excel-Tabellen und Toms genialem Sekretariat behielten wir (bzw.
Tom) den Überblick.
Ich war fürs Ausland zuständig und kümmerte mich um die Krankenversicherungen.
Das Flugticket
Besonders günstig fliegt man um die Welt mit dem
Round-the-world-Ticket.
Man bezahlt nach Entfernung und kann innerhalb der Strecke
so oft umsteigen, wie man möchte. Allerdings muss man schon komplett eine Route
festlegen (welche gegen Gebühr auch wieder geändert werden kann). Die
Flugtermine kann man gebührenfrei ändern, was genau unseren Bedürfnissen
entspricht, denn wir wollen ja so lange an einem Ort bleiben, wie es uns
gefällt und nicht wie es ein Ticket vorgibt.
Also nahmen wir eine Atlas und einen Kalender zur Hand und
fuhren schon mal los. Unsere Traumziele deckten sich erwartungsgemäß (schließlich
sind wir ein gutes Reiseteam).
Nun musste alles mit den entsprechenden Klimabedingungen koordiniert werden, um nirgendwo
in eine zu kalte Jahreszeit hineinzugeraten,
denn das würde unser Klamottenbudget sprengen.
Wir buchten unsere Flugtickets bei einem Internet-Reisebuero Als dann unsere Tickets
ankamen, wollten wir am liebsten gleich los fliegen.