Text von Thomas ist gruen
Text von Katrin ist schwarz
30.05 - Die Hitze zwingt zur Langsamkeit. Hier wird gerne von gefuehlter Hitze gesprochen (wie wind chill factor), wahrscheinlicher Hauptgrund hierfuer wird wohl sein, dass man gleich ein paar Grad mehr rausholen kann. Auf jeden Fall lagen wir bei 43 (gefuehlten) Grad und kaempften mit der abrupten Temperaturumstellung.
Die Langsamkeit wiederum laesst dem Kopf Freiraum fuer Gedanken, wie „Heute waeren wir unter normalen Umstaenden zurueck in Deutschland, drei Wochen Urlaub sind vorbei”. Seltsames Gefuehl, wir haben schon soviel erlebt, das wuerde allemal fuer einen normalen Urlaub gereicht haben, und trotzdem ist das alles sehr stressfrei abgelaufen. Und nun liegen noch 49 Wochen vor uns - irgendwie betreten wir jetzt langsam DieAndereZeit.
Nun, wir wollen Euch nicht mit evtl. neid erweckenden, philosophischen Selbsterfahrungserguessen ueberhaeufen. Was also wirklich geschah ... Wir sind jetzt stolze Leihwagenbesitzer. Ueber www.holidays.de haben wir innerhalb von 2 Stunden eine Einwegmiete von Toronto nach Vancouver ergattert. Letztendlich ist das Auto von Alamo und der Spass kostet bis zum 09 August ca. 1900 Euro. Das Projekt Autokauf wuerde inzwischen keinen Sinn mehr machen, da wir nicht mehr genung einsparen koennten. Letztendlich haben uns die Versicherungen einen Strich durch unseren schoenen Plan gemacht. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wir werden das ganze wohl in Neuseeland nochmal angehen.
Wir fahren jetzt einen weinroten Sebring Touring (Aha?) von Chrysler (also fast Mercedes - man braucht nur ein bisschen Phantasie). Der Wagen ist ganz nett, die Ausstattung etwas spaerlicher als von unserem Chevrolet Malibu. Der Hitze geschuldet verbrachten wir ansonsten einen eher faulen Tag. Abends gingen wir nochmals mit Dana zum Chinesen. Diesmal konnten wir uns nicht davor retten, von ihr eingeladen zu werden. Wir glauben sie haette uns gerne noch ein Weilchen beherbergt.
31.05 - Nach alter Manier hatten wir uns in der Wohnung schon ganz schoen ausgebreitet, so waren wir eine Weile mit dem Packen und Beladen des Autos beschaeftigt. Im leichten Regen, der sich spaeter zu einem richtigen Schauer auswuchs, machten wir uns auf gen Westen. Weit sind wir nicht gekommen (ca. 150 km), aber dafuer bekamen wir in der Naehe von Midland ein Highlight geboten. Das Museumsdorf Sainte-Marie sur les Hurons. Dieser Ort ist eine Keimzelle der Besiedlung Kanadas und wurde 1639 von franzoesischen Jesuiten gegruendet. Ganz nebenbei wurden die Wendat missioniert (besser bekannt als Huronen Indianer).
Das funktinierte 10 Jahre ganz passabel und in dieser Zeit bildete sich eine richtige kleine Missionsstadt. Leider fanden die Irokesen das nicht so toll (sie hatten wohl eine ganze Menge von den Franzosen verursachter negativer Erlebnisse zu verarbeiten) und so wurde die Stadt nach 10 Jahren angegriffen und die Mission dann aufgegeben. Die Jesuiten selber brannten alles nieder und so steht man heute also vor einer Rekonstruktion des ganzen. Am Eingang sorgten wir kurzzeitig fuer sehr verstoerte Gesichter, als wir auf die ueblichen Fragen wo kommt ihr her, wie lange seit ihr schon unterwegs und wo soll es noch hingehen wahrheitsgemaess von unserer Weltreise erzaehlten. Uns zu Ehren wurde die anfaengliche Diashow gleich mit deutschen Untertiteln versehen.
Im Dorf selber rennen eine Unzahl von zeitgemaess verkleideten Personen herum, die einem bereitwillig auf alle Fragen antworten. Ansonsten erscheint ihr Job eher sehr langweilig, aber wir sind ja auch noch in der Vorsaison unterwegs, da ist dieser Ort auch noch nicht so ueberlaufen. In den Haeusern sind der Baustil, die Handwerkstechniken der damaligen Zeit und die Lebensart sehr gut nachvollziehbar. In fast allen Haeusern brannte ein Feuer und entsprechend verqualmt waren manche der Gebaeude, aber das machte es wirklich sehr authentisch.
Im zugehoerigen Museum wurde viel ueber den frankophilen Einfluss und auch das Leben in damaligen Europa eingegangen. Besonders fasziniert war Katrin von einer kleinen Sonderausstellung ueber den Papstbesuch von 1984. Hier gab es neben allem moeglichen Unsinn (diese Tasse hat der Papst auch beruehrt ...) auch ein Videofilm ueber dessen Rundgang durch das Museumsdorf. Mir hat sich besonders eingepraegt, dass der Papst damals wohl schon ein wenig schwerhoerig war und ausserdem Kinder und jugendliche besonders gerne in einer Pferdemarktmanier anfasste. Das heisst, das er seine fast goettliche Hand dazu benutzte, seinem gegenuber mit einem Klammergriff an das Kinn zu fassen, um den Kopf des Gegenuebers in seine Richtung auszurichten. Sei es drum, mit Gottes Segen ist alles erlaubt.
01.06 - Oh, schon Juni - Kinder wie die Zeit vergeht. Das Wetter besserte sich zusehends und eher durch Zufall stolperten wir in das naechste Museumsdorf. Discovery Harbour liegt in Penetanguishene (wir will, kann mal probieren, das auszusprechen). Der Eintritt ist mit 6,5 CDN mal angenehm niedrig, und dafuer bekommt man auch hier einiges historisches geboten. Da wir neben einigen Schulklassen fast die einzigen waren, bekamen wir eine guided tour nur fuer uns beide. Das ganze sollte 90 min dauern und wir fragten uns heimlich, was die gute (junge) Dame solange mit uns machen wollte. Aber hinter dem Eingang versteckt erstreckte sich ein unerwartet weitlaeufiges Gelaende. Der Hafen wurde um 1820 von den Englaendern angelegt, die hier einen Stuetzpunkt aufbauten. In einer ersten Besiedlungsstufe waren die Gebaeude noch sehr einfach gehalten. Dank unserer Fuehrung durften wir all diese Gebaeude betreten und bekamen spannende Informationen. Weiter hinten in dem Gelaende wurde dann ein spaeterer Besiedlungsabschnitt dargestellt. Zu dieser Zeit war der Hafen bereits zu einem richtigen Militaerstuetzpunkt ausgebaut und die Gebaeude waren nicht mehr ganz so einfach gestaltet. Auch hier geisterten ueberall zeitgemaess historisch gekleidete Menschen herum. Eine junge Frau war gerade damit beschaeftigt als „echte” alte Hausfrau Teig fuer Kekse zuzubereiten. Hier scheint es eine ganze Menge stressfreie Jobs zu geben.
Meine Lieblingsstelle waren die Berichte vom Leben der Frau des Kapitaens, welcher scheinbar ueberqualifiziert war, denn es gelang ihm, 2 Schiffe zu versenken. Die Frau durfte sich praktisch nur imUmfeld des Hauses bewegen, hatte stets blass zu sein und dafuer einiges zu ertragen: ein Wachs-Makeup, welches ihr wiederum verbot, sich ordentlich am Feuer zu waermen, denn dann koennte das Makeup ja schmelzen oder fuer eine noch effektivere Bleiche musste sie ein Gesoeff aus Kreide und Essig trinken, denn die daraufhin entstehende Uebelkeit machte garantiert gut blass. Ausserdem trug sie Roecke mit engem Gitter zum begrenzten Schrittlaenge, aber der groesste Unsinn waren wohl Schulterklappen, die verhindern sollten, dass die Arme sich zu weit bewegen.
Das Wetter war inzwischen so schoen, dass wir uns entschlossen in Midland eine 2,5 stuendige Bootstour um die 30000 Inseln herum mitzumachen (kostet 22 CDN). Zunaechst ging es ca. 30 min hinaus in die Georgian Bay, in der die Mueritz wahrscheinlich schon zweimal verschwinden wuerde. Die Bay selber ist aber nur ein Zipfel des Lake Huron. Auch auf die Gefahr hin mich zu wiederholen - hier ist eben alles ein paar Nummern groesser. Das Schiff bog dann in die Inselwelt der Georgian Bay ein und wir fuehlten uns sofort in die daenischen oder norwegischen Insellandschaften versetzt. Die felsigen Inseln sind teilweise nur ein paar 100 qm gross, zum Teil erstrecken sie sich ueber viele Kilometer. Viele dieser Inseln sind in Privatbesitz und so thront fast ueberall ein Ferienhaeuschen, oder je nach Geldbeutel auch ein Palast auf der Insel.
Ein Nebeneffekt dieser Fahrt ist der erste richtige Sonnenbrand. Zum Glueck hat es nur die Arme und das Gesicht erwischt, aber beide haben wir uns (mal wieder) gehoerig verschaetzt. Abends wurde dann schnell Hautcreme und Sonnenschutzmittel gekauft. Nach der Tour haben wir uns noch 100 km Landstrasse gegoennt, um unserem naechsten Ziel, dem Algonquin Provincial Park (uebrigens halb so gross wie Schleswig-Holstein) naeher zu sein.