Text von Thomas ist gruen
Text von Katrin ist schwarz
10.6. - Von Kenora ging es weiter gen Westen, wir erreichten die naechste Provinz: Manitoba. Ein relativ schmaler Bundesstaat, aer aber im Norden bis ins ewige Eis ragt. Dementsprechend ist auch nur etwa das untere Fuenftel bewohnt. Ein paar kleine Orte, die es im Norden gibt, erreicht man nur per Flugzeug. Man fragt sich, wer dort wohnt (und warum eigentlich?)!
Man erlaube mir das folgende: Die Linie ist die kuerzeste Verbindung zweier Punkte. Nicht zu verwechseln mit der Geraden, die laut Aussage eines meiner Mathelehrer unter anderem folgende Eigenschaft haben soll: parallele Geraden schneiden sich im unendlichen (Aha!?). Damals bruellte die ganze Klasse, inzwischen glaube ich, dass man das wahrscheinlich unter Beruecksichtigung der Relativitaetstheorie (gekruemmte Raum-Zeit) sogar beweisen koennte, was jedoch wiederum fuer mich nur der Beweis sein kann, dass das menschliche Hirn an irgendeiner Stelle an seine Grenzen stoesst. Sowas geht mir halt manchmal im Kopf herum, wenn ich still im Auto sitze und Katrin sich fragt, was geht nun wieder in ihm vor. Aber ich habe auch nie behauptet, das ich ein einfacher Zeitgenosse waere, und ausserdem denke ich die meiste Zeit wirklich noch viel schlimmeren Unfug. Also zurueck zur Linie, die offensichtlich hier in Manitoba erfunden wurde. Man stelle sich vor: 20 km geradeaus fahren und dabei nicht einschlafen, dann die leichte Rechtskurve (warum eigentlich gerade hier) und dann wieder 20 km schnurgerade weiter …
Ah ja... So hat jeder seine Gedanken. Mein Irrsinn spielt sich aber eher nachts ab, warum fahre ich eigentlich soweit in die Welt, wenn ich nachts fast ausschliesslich in Deutschland bin? Ich moechte nicht darueber reden, wieviele Stunden ich zum Beispiel so „arbeite”, bekomme ich auch mal Urlaub im Traum?
Zurueck in der realen Welt: Auch in Manitoba gibt es spezielle Einwanderergeschichten, die „Spezialitaet” Manitobas sind die Mennoniten, Anhaenger einer speziellen Glaubensrichtung, die ihre Urspruenge u.a. in Deutschland hat. In Steinbach besuchten wir das Mennonite Herritage Village, ein Museumsdorf mit vielen authentischen Haeusern und einem guten Museum. Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts fand der Schulunterricht noch auf Deutsch statt! Wir bewunderten die deutschen Benimmregeln im alten Schulgebaeude und assen originale Mennoniten-Borschtsuppe (die Mennoniten wurden aus Deutschland vertrieben bis nach Russland, entsprechend war die Kueche).
Neben der historischen Ausstellung fand auch ein oertliches Sommerevent statt: die grosse Traktor-Parade. Auf einer extra aufgebauten Zuschauertribuene sassen deutsch-kanadische Bauern und freuten sich ueber eine endlose Karawane von Traktoren aus allen Epochen des Traktorwesens.
Die Traktorshow folgte komplizierten Regeln, so war der erste der Programmpunkte die Vorstellung aller fahrbereiten Modelle. Diese wurden vom stolzen Besitzer an der Tribuene vorbeikutschiert. Der Ansager hatte die Aufgabe die mehr oder minder begeisterten Zuschauer mit technischen Daten ueber den jeweiligen Traktor zu versorgen. So gab es den Hersteller (das war noch einfach, denn viel mehr als John Deere, International Harvester oder Caterpillar gibt es eh nicht), das Baujahr (viele ganz schoen alt) und die Motorleistung (meistens viel geringer, als man gemeinhin denkt), zudem wurde der Besitzer vorgestellt (mitunter gleichaltrig mit dem Traktor) und da man unter sich war, gab es viel Hallo und Smalltalk dabei. Bei weit ueber hundert Traktoren dauert das alles eine halbe Ewigkeit. Nach der Vorstellung reihten sich alle Traktoren nochmals hintereinander auf, um die gemeinsame Vorbeifahrt am Publikum zu starten. Spaeter sollte es noch Geschlichkeits-parkurs und Traktorpulling geben, aber solange haben wir dann doch nicht durchgehalten.
Fuer uns gings weiter nach Winnipeg, Manitobas Haupt- und einzige Grossstadt. Uebrigens hat ein Kapitaen aus Winnipeg dem Londoner Zoo einen Schwarzbaeren geschenkt, welchen er Winnie nannte, dieser wurde spaeter der beruehmte Winnie Pooh! Unser Sightseeing reduzierte sich auf die „Forks”, eine Art Park am Red River (welcher wieder Ursprung der Stadt war, weil sich hier die Pelzhaendler trafen). In den Forks gab es einige sehr schoene Kunstobjekte, die westliche und indianische Kultur verbanden. Besonders gefielen uns metallische Objekte mit Roehren und einer Art Visiere, durch die man zu bestimmten Jahreszeiten bestimmte Sterne in den Sternzeichen sehen kann. Das Ganze war ein also eine Art neuzeitliches Stonehenge.
11.6. - Zwei Stunden nordwestlich von Winnipeg erreichten wir den Riding Mountain Nationalpark, ein Plateau, das eigentuemlich aus einer ansonsten ultraflachen Landschaft herausragt. Eine naturbelassene Enklave inmitten schier unendlicher Kornfelder. Beim Durchfahren dieser Weiten versteht man, warum man die Staaten Manitoba und Saskatchewan zusammen mit den suedlich angrenzenden US Bundesstaaten als Kornkammer der Welt bezeichnet.
Das oertliche Visitorcenter versprach, dass saemtliche Fauna Kanadas hier versammelt waere (ausser Eisbaeren), so gingen bzw. fuhren wir auf die Pirsch. Diese war dann etwas enttaeuschend, denn wir sahen nur einen einzigen Bueffel. Dabei hatte ich mich so darauf gefreut, endlich mal Mooses (Elche) zu sehen. Aber auch in diesem Park waren sie gut versteckt, genauso wie die Baeren und die Woelfe. (Bei letzteren ist das auch besser so).
Das Wetter war auch gegen uns und entsprechend menschenleer war die Gegend. Wir hatten ein ganzes Hotel fuer uns allein, der Pool war aber leider wegen Kaelte geschlossen. Uberhaupt ist das Wetter hier phaenomenal, es wechselt derartig heftig von einem Tag auf den anderen, dass wir es manchmal kaum fassen koennen. Temperaturunterschiede von 10 Grad sind ganz normal. Das Gute daran ist, dass man sich ueber einen schlechten Tag nicht gross zu aergern braucht, denn am naechsten Tag kann es sofort wieder schoen sein.
Abend ging Tom schon wieder ins Kino, ich habe aber auch bei diesem Jungs-Film (Mission Impossible III) dankend ausgesetzt. Tom Cruise ist entsetzlich schwer zu verstehen, ich meine nicht, dass man bei diesem Film viel versthen muesste, vielmehr holt es einen dann doch mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurueck, wenn man vermeintlich glaubt, das (amerikanische) Englisch zu beherrschen.