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Text von Thomas ist gruen

Text von Katrin ist schwarz

Ort [Cold Lake - Perryvale] Datum [18.06.06-20.06.06] Reisetag [42 - 44] Temp. [ca.24]
20. Unsere kleine Farm

Der Titel ist natuerlich in jeder Form irrefuehrend. Zum einen gehoert uns die Farm nicht und zum anderen ist sie nicht gerade klein, zumindest nicht aus der Sicht eines Europaers. Und trotzdem bringt der Titel das Gefuehl zum Ausdruck, das wir seit ein paar Tagen haben. Ein bisschen gehoeren wir schon dazu, obwohl wir noch ueberall vorgestellt werden und wir sind ploetzlich so weit weg von allem Trubel, wenn auch die Bundesstrasse zwischen Athabasca und Edmonton in nur ca. 200 m Abstand am Haus von Irma vorbeifuehrt. Aber der Reihe nach.

Von Cold Lake fuhren wir 300 km, bis wir unser Ziel erreichten. Auf der Fahrt tauschten wir unsere Vorstellungen aus, wie es auf der Bienenfarm von Irma wohl sein wuerde. Zunaechst fuhren wir nach Athabasca, das ist die naechstgroessere Stadt (ca. 2500 Einwohner) in der Naehe der Farm. Athabasca liegt am beruehmten, gleichnamigen Fluss. Dieser war bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts eine wichtige Verbindung in den Norden.

Unser Endziel war Perryvale, das Dorf liegt in einem kleinen Flusstal ca. 20 min von Athabasca entfernt (hier werden Entfernungen zu gerne in Fahrminuten angegeben). Im Laden, der gleichzeitg als Poststation und Dorftreffpunkt dient, fragten wir nach Irma.

Die Gemeinde erstreckt sich ein paar Meilen in alle Richtungen, so fuhren wir auf Feldwegen an Kuehen und Weiden vorbei, bis wir ein paar Bienenstoecke entdeckten, hier waren wir richtig. Irma begruesste uns mit grosser Herzlichkeit und wir bekamen eine Kurzeinfuehrung in die Familiengeschichte. Die Bilder der Kinder und Enkelkinder wurden erklaert und nach ca. 5 min hatte ich natuerlich den Ueberblick verloren (Aber Familienverhaeltnisse sind fuer mich eh ein Buch mit sieben Siegeln). Es gab soviel zu erzaehlen und wir hatten viele Fragen. Warum seid ihr gerade hier gelandet, wie funktioniert die Imkerei und und ...

Ja, da habe ich also eine grosse Familie in Kanada! Die Irma ist die Tochter der Cousine meiner Oma, sie hat vier Kinder und jede Menge Enkelkinder und fast alle wohnen hier um uns herum oder in kurzer Entfernung. Und das ist echte Blutsverwandschaft, darueber denkt man ja nicht oft nach, aber unsere Gene sind schon in der Welt verbreitet (wenn auch verduennt). Hier ist immer etwas los, jemand kommt vorbei oder wir fahren irgendwohin zum Quatschen, und wenn es im Dorfladen ist!

Am naechsten Tag ging es gleich nach Athabasca. Irma hatte sich ein Programm fuer uns ueberlegt, zu dem auch eine Tour durch die Universitaet von Athabasca gehoerte. Wir waren etwas verwirrt. Universitaet in einer Gemeinde mit 2500 Einwohnern, was soll das denn sein? Wir wurden eines besseren belehrt. Diese Uni hat ca. 32.000 Studenten weltweit. Diese Studenten absolvieren ein Fernstudium in allen moeglichen Studiengaengen. Sie kommen nie zur Uni, selbst die Pruefungen werden per Computer/Brief o.ae. absolviert. Das eigentliche Universitaetsgebaeude ist im wesentlichen ein Gebaeude fuer die Verwaltung und den Lehrkoerper.

Man kann jeweils zum Monatsanfang einen Kurs starten, das bedeutet, dass die Tutoren Studenten in allen erdenklichen Phasen eines Studiums gleichzeitig betreuen muessen. Tom gefiel die EDV Hotline, 8 Leute geben von 6 bis 18 Uhr Telefon-Support bei technischen Problemen. Man ist stolz darauf, dass man um die 100 telefonischen oder E-Mail-Anfragen pro Tag abarbeitet. Also Tom haette hier schon seinen Job…

Ja, Fernstudium ist ja ganz nett, aber das Wichtigste am Studium ist doch die Party, oder? Na ja, und die Eigenmotivation, so ein Studium allein diszipliniert durchzuziehen, ist ja auch so eine Sache…

Auf der Farm versuchen wir, Irma ein wenig zur Hand zu gehen. So haben wir begonnen, den Kartoffelacker vom Unkraut zu befreien. Nach all den Autofahrten und Besichtigungen ist es schoen, sich mal wieder etwas nuetzlich zu machen. Wir merken richtig, wie unsere Energiedepots wieder aufgefuellt sind, so dass wir etwas arbeiten wollen.

Die Farm ist ziemlich riesig. Die kleinste Grundeinheit fuer Farmbesitz ist ein Quadrat mit einer Kantenlaenge von 1/2 Mile (ca. 800 m). Das ganze Land ist in exakt ausgerichtete Parzellen dieser Groesse aufgeteilt. Alle paar Quadrate wird das ganze von einer unbefestigten Strasse in Nord-Sued oder Ost-Westrichtung unterbrochen. So sieht das ganze aus, als haette jemand ein Stueck Karopapier auf das Land durchgepaust. Also Irma und ihre Kinder besitzt ein paar dieser Quadrate. Bei einem Abendspaziergang haben wir hier also immer Land der Familie im Blick oder unter den Fuessen.

Neben den Bienen gibt es hier noch 40 Kuehe mit je einem Kalb (der einzige Bulle war fleissig im letzten September, Respekt!), ein paar Pferde, Haehne und vier Katzen. Leider werden die Kuehe nicht mit den Pferden umher getrieben, als ich danach fragte, schaute mich Ron, der Besitzer, etwas mitleidig an (Staedterin, keine Ahnung!). Ja, begrenzte Cowboyromantik…

Am naechsten Tag waren wir zum Picknick am Athabasca River verabredet, hier trafen wir die neue Schwiegertochter (von den Philippinen) mit ihrem Baby und einer der Enkelsoehne kam auch vorbei. Spaeter wurden wir noch Irmas Freundin vorgestellt, sie spricht ein astreines Schwaebisch, und es gab ein grosses Hallo, weil Tom ganz in der Naehe ihrer Heimatstadt geboren wurde.

Die abendliche Wanderung bescherte uns leider keinen Elch, obwohl hier einer rumstreunen soll. ( Irma hat kuerzlich auch eine Wolf gesehen und die Farmer posen rum, wer den groessten Baeren geschossen hat). Hoffentlich klappt das noch irgendwann einmal mit einem Elch, sonst ist Katrin nicht ganz in Reinen mit der wundervollen Natur und wir muessten Kanada irgendwann nochmal bereisen (Aber das waere sicherlich kein grosses Unglueck).

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