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Text von Thomas ist gruen

Text von Katrin ist schwarz

Ort [Hagensborg - Nanaimo] Datum [23.07.06-25.07.06] Reisetag [77 - 79] Temp. [ca.30]
31. Little Norwegen und Inlandspassage

Bei der grossen Hitze machten wir eher einen auf faul. Grosse Wanderungen waren auch nicht drin, denn es geht hier gleich sehr steil hoch und es ist keine rettende Seilbahn in Sicht, die einen wieder gen Tal schaukeln koennte. Und bei den vielen eindringlichen Warnungen vor Baren, die es in der Gegend im Ueberfluss geben soll, war mir nicht wirklich nach einer einsamen Morgentour zumute (ein bissel gejuckt hat es trotzdem - es gibt hier traumhafte Wege, aber unter 10 km am Stueck geht nichts).

Ich hatte auch eindringlich auf Tom eingeredet, diesmal einsame Wanderungen sein zu lassen, ich wollte nicht als alleinstehende Frau weiterreisen, weil er vom Baeren gefressen wurde. Schliesslich waren wir gerade erst Bruno IV und V begegnet. Wir liessen uns also treiben. Der Ort Bella Coola ist mehr so ein Indianerabhaenggebiet und die groesste Attraktion war der CO-OP Supermarkt, von ein paar Robben in Hafennaehe mal abgesehen. Fischen scheint hier die Hauptfreizeitaktivitaet zu sein, was wir verstanden, als wir beim Dammbauen im Fluss ploetzlich jede Menge Riesenlachse rumschwimmen sahen.

Am Abend machten wir einen kleinen Ausflug mit dem Auto, um ein paar schoene Fotos von den schneebedeckten Bergen zu schiessen. Der Weg entpuppte sich als 25 km lange Hardcore Schotterstrasse, eher eine Loecherstrasse mit haufenweise Steinen, so dass wir pro Strecke ueber eine Stunde brauchten und fast seekrank vom Geschaukel wurden. Es ging steil hinauf in ein unbewohntes Seitental, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Erst trafen wir zwei Wanderer, welche sich in dieser gemuetlichen Gegend gerade ihr Zelt aufbauten, kurz darauf stand auf der Strasse eine riesige Grizzlybaerin mit zwei Jungen Brunetta VI mit vi+ und vi++ um genau zu sein. Sie stellte sich auf die Hinterbeine, um uns besser zu sehen. Mann, war die gross! Wir schlossen schnell die Autofenster, aber sie hatte auch keine Lust auf eine naehere Begegnung und fluechtete die Strasse hinauf; ihre Kleinen kamen kaum hinterher. Am Ende des Geschaukels wurden wir zu unserer Ueberraschung mit einem gigantischen Wasserfall (der Odegaard Fall, der Name geht auf einen der vielen Norweger zurueck, welche sich hier niederliessen, weil die Fjordlandschaft sie so an ihre Heimat erinnerte) belohnt, der sich steil die hohen Felsen hinunterstuerzte. Der war so faszinierend, dass wir uns wunderten, dass er nirgendwo als Attraktion ausgewiesen wurde, ein versteckter Geheimtipp.

Leider waren wir etwas spaet losgekommen und so lag das Tal schon komplett im Abendschatten. Neben solch grossen und beeindruckenden Tieren wie Baeren gab es dann noch andere ungemuetliche Viecher. Die Muecken waren los und bei dem kurzen und wegen mangelnden Lichts schon wenig effektvollen Fotoshooting wurde ein Generalangriff auf das suesse Blut des Fotografen gestartet.

Am naechsten Tag mussten wir schon um 5 Uhr aufstehen, um rechtzeitig bei der Faehre zu sein. Ein letztes Fruehstueck mit Kathy und nach reichlichen Umarmungen inklusive Hund machten wir uns auf den Weg. Die Faehre war relativ klein (zumindest gegen die, die wir so von unseren Reisen nach Daenemark gewohnt sind), aber gemuetlich und wir suchten uns ein schoenes Plaetzchen auf dem Sonnendeck. Nach einer Weile stellten wir fest, dass fast die Haelfte der Mitreisenden deutsch sprach! Es waren alles Individualtouristen und alle waren ueber die Deutschschwemme sehr erstaunt. Da ich gerade eine extreme soziale Phase habe, schwatzte ich hier und dort ein bisschen. Nach ein paar Stunden herrlichster Fahrt im Sonnenschein durch die faszinierende Fjordlandschaft aenderte sich das Wetter und es wurde neblig und ungemuetlich. Da es inzwischen aber auch schon etwas mehr schaukelte, zog ich mehrere Lagen Kleidung uebereinander und blieb als fast einzige draussen sitzen, denn drinnen werde ich leichter seekrank und es roch mir so, als ob einige das schon gewesen sind.

Von den versprochenen Meeressaeugetieren sahen wir leider nicht so viel, ein paar Delphine schwammen kurz neben dem Schiff her und in reichlicher Entfernung konnte man mal zwei Waale erahnen. Ich war am Ende von dieser Fahrt etwas enttaeuscht, irgendwie hatte ich mir von der beruehmten Inlandpassage etwas mehr erhofft (schliesslich war sie elend teuer (531 CDN), da muss man doch was geboten bekommen! Die oertliche Tourismusgesellschaft haette ruhig ein paar mehr Waale etc. organisieren koennen).

Ich hatte mir auch etwas mehr von dieser Strecke erhofft, die in grossen Teilen tatsaechlich durch die beruehmte Inlandspassage fuehrt. Ich glaube aber fuer mich, dass wir uns inzwischen schon etwas zu doll in einem recht abgebruehten Zustand befinden. Wir haben in den letzten drei Wochen soviele anmutige und grandiose Landschaften um uns herum gehabt, wie will man das noch toppen? Also ich wuerde nicht noch einmal soviel Geld fuer 12 Std. Faehre ausgeben wollen, aber ich wuerde trotzdem jedem, der nicht auf jeden Cent schauen moechte, diese Fahrt empfehlen. Es erinnert alles sehr an Norwegen und ist bei genauerer Betrachtung ziemlich spektakulaer.

Nach 12 Stunden Fahrt kamen wir in Port Hardy auf Vancouver Island an und die deutsche Reisegesellschaft verteilte sich auf die oertlichen Hotels. Wir trafen dann noch ein paar Landsleute im Restaurant, eine Frau aus Berlin erklaerte mir „det iss' ja och nich so doll hier, iss irgenwie wie Sylt”... Das fand ich dann doch sehr lustig, Vancouver Island ist 500 km lang, ich glaube, Sylt war da ein paar Kilometer kuerzer, oder? Der Berliner an sich liebt ja die Vereinfachung und wenn man schon aus der groessten Stadt der Welt kommt, muss ja alles andere eine Nummer kleener sein, verstehste? So hat unser derzeitiges „Sylt” unter anderem einige Berge ueber 2000 m und fast ueberall sieht man noch Schnee an den Haengen. Im uebrigen hat Sylt hier fast die Flaeche der ehemaligen DDR.

Nach einem schnellen Supermarktfruehstueck mit ziemlich originalen deutschen Broetchen und Cappuccino aus dem Blumenladen (seltsamer Ort dafuer) fuhren wir dann gen Sueden (ca. 400 km) und fanden nach einigen Anstrengungen ein sehr schoenes Privatquartier mit Meerblick vom Fruehstueckstisch in einer gutsituierten Wohngegend. Unsere Vermieter Joan und Jim (letzterer war Flieger im zweiten Weltkrieg) sind wieder sehr gespraechig und luden uns gleich auf ein Bier auf ihre Terasse zum Sonnenuntergang ein. Wir haben hier eine riesige Wohnung und mich freut sehr, dass ich schon wieder kochen kann.

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