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Text von Thomas ist gruen

Text von Katrin ist schwarz

Ort [Vancouver - Honolulu] Datum [04.08.06-04.08.06] Reisetag [89 - 89] Temp. [ca.26]
35. Goodbye Kanada

Hallo Freunde, die Ausfuehrlichkeit zu diesem Tag unterscheidet sich gravierend von dem Text im privaten Bereich!

Was bleibt, was kommt? Wir lassen Kanada hinter uns, es sind immerhin fast 4500 km bis Hawaii (5,5 Std. Flugzeit), da kann man noch einmal alles Revue passieren lassen. 13.740 km sind wir durch Kanada mit dem Auto gefahren (inklusive unserem New York Abstecher). Betrachtet man unsere Route auf einer Kanadakarte, dann haben wir nur einen Bruchteil dieses gigantischen Landes gesehen. Aber weiter im Norden hoert die Zivilisation auch sehr bald auf und das wird dann wohl auch seine Gruende haben. Ob wir nochmal nach Kanada fahren werden? Ja bestimmt, aber nicht sofort. Nach drei Monaten Bombardement mit Natur pur ist die Vorfreude auf den Badeurlaub sehr gross geworden.

Die Kanadier, die wir getroffen haben, waren ausnahmslos nette, hilfsbereite, lustige, aufgeschlossene und freundliche Menschen. Sie wirkten alle ziemlich entspannt. Mitunter, z. B. im Supermarkt an der Kasse, ging uns die betonte Gelassenheit (charmanteres Wort fuer negative Geschwindigkeit) doch etwas gegen den Strich (Bei NETTO an der Kasse waeren die hier alle rausgeflogen). Kanada ist ein Land mit einem gehoerigen Wirtschaftswachstum und das merkt man an jeder Ecke. Es waere schoen, wenn Deutschland mal wieder aus seiner mentalen Depression herauskaeme und nur annaehernd soviel Optimismus ausstrahlen koennte. Der Rest wuerde dann schon von ganz alleine flutschen. Besonders spannend sind die Lebensgeschichten der Menschen. Fast jeder hat seine auslaendischen Vorfahren und viele der Geschichten sind die moderner Auswanderer.

Aber die meisten Touristen kommen ja nicht so sehr wegen der Leute, sondern wegen der Landschaft. Es faellt mir schwer, eine wirkliche Bewertung durchzufuehren. Es gibt hier tausende von Orten und Ecken, an denen man sofort mehrere Wochen Urlaub machen kann. Es kommt einfach darauf an, wonach einem der Sinn steht. Fuer mich sind und bleiben aber die Rockies mit den Nationalparks Jasper, Banff, Yoho usw. das absolute Highlight. Also am besten in Vancouver starten, sich seinen Weg nach Jasper suchen und von Calgary zurueck nach Deutschland. Damit kann man locker drei Wochen verbringen. Und keine Angst vor der Hochsaison, die Preise ziehen zwar an, aber wir hatten nirgends das „hier ist alles vollkommen ueberlaufen” Gefuehl.

Ich bin froh und stolz, dass Katrin und ich uns so gut verstehen. Wir hocken nun seit drei Monaten permanent aufeinander, gelegentlich funkt es ganz ordentlich, aber manchmal liegt das meiner Meinung nach nur daran, dass wir beide ganz schoene Egomanen sein koennen und dann einen Blitzableiter brauchen. So ist manche Auseinandersetzung an den Haaren herbeigezogen und nach 10 min muessen wir selber drueber lachen. Es ist nicht so einfach, wenn man seine ganzen Emotionen nur noch mit einer Person teilen kann, sonst konnte man sich wenigstens noch an ein paar anderen abreagieren (im positiven und im negativen - ihr seht, ich habe gerade meinen Stromabsatz entdeckt, der Funke springt am Blitzableiter von Plus nach Minus - (Sonst geht es mir aber ganz gut)).

Resuemeezeit... Wie war es fuer mich? Kanada ist ein tolles Land, ich haette keine Probleme, mich hier anzusiedeln. Es gibt viele herrliche Ecken, man muss nur den Grad des Trubels festlegen, den man um sich haben will, und dann findet man den passenden Ort. Jobs gibt es hier wie Sand am Meer, aber der schlechte Teil der ganzen Arbeitswelt ist, dass man mit nur einer Woche Urlaub anfaengt. Die Lebenshaltungskosten sind vergleichsweise aehnlich wie in Deutschland. Miete, Strom, Benzin und Restaurants sind weitaus guenstiger, im Supermarkt ist es oft etwas teurer als in Deutschland. Dafuer sind die Durchschnittsgehaelter aber auch niedriger.

Toll an Kanada sind die Menschen. Man kommt ueberall leicht ins Gespraech und mir schien es, als wuerden hier schneller Freundschaften entstehen als bei uns, denn intensive soziale Kontakte scheinen fuer die meisten Leute hier lebensnotwendig zu sein. Mir gefaellt die herzliche, hilfsbereite und humorvolle Art der Kanadier. Toll war, dass wir durch unsere WG in Toronto und den Besuch bei unserer Familie auf der Farm einen guten Einblick ins normale Leben bekommen haben. Und schoen war es, dass unsere Entdeckung Bed und Breakfast uns eine Menge interessanter Leute treffen liess.

Diese wirklich vielen Kontakte, die wir hatten, haben wahrscheinlich auch den Tom etwas entlastet, denn dadurch konnte ich meine Quasselleidenschaft auch an anderen abreagieren und habe nicht immer nur ihn zugedroehnt. Eine grosse Hilfe sind auch die superguenstigen Oversea-Telefonkarten, auch wenn uns meine Endlostelefonate manchmal am Weiterkommen hinderten. Aber so ist es nun mal, ich bin halt sehr kontaktbeduerftig und geniesse das genauso wie den besinnlichen Blick auf den Bergsee. Die Telefonkarten haben bisher auch kein Heimweh aufkommen lassen. Klar wuensche ich mir manchmal, bei meiner Familie zu sein, aber mir ist bewusst, dass die Zeit auch hier unheimlich schnell vergeht und wir uns eher wiedersehen werden, als wir uns das beim Abschied vorgestellt haben.

Mit meinem Tom laeuft es auch ganz prima. Von gelegentlichen, eher „unterhaltsamen” Staenkereien mal abgesehen, sind wir gerne rund um die Uhr zusammen. Es ist aber schon ganz spannend, denn unsere Reise veraendert uns natuerlich auch und so veraendert sich auch unsere Projektionsflaeche und die Reaktionen sind dann teilweise anders als erwartet. Fuer mich ist es eine grosse Umstellung, staendig nur mit einem „Jungen” zu sprechen, denn die ticken echt anders als wir „Maedchen”! Wenn man sich aber darauf einlaesst, kann man eine Menge erfahren, denn diese andere Sicht der Welt vermittelt Einblicke, die man selbst mit seinem „weiblichen” Blick so gar nicht bekommen haette (und umgekehrt).

Meinen Job vermisse ich gar nicht, vielmehr bin ich froh, dass ich nach 10 Jahren, in denen mich die Arbeit praktisch aufgesaugt hatte, mal wieder entdecke, was man eigentlich noch so alles mit seiner Zeit anfangen kann. Ich finde es sehr interessant, die Lebensmodelle anderer Leute anzuschauen und mal aus meinem Tunnelblick herauszukommen. Eine Erkenntnis ist, dass alles immer sein gutes und sein schlechtes hat; das goldene Ei haben wir bisher noch nicht gefunden. Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, dass ich so faul vor mich hinduempele, aber dann sage ich mir, dass ich schneller wieder im Hamsterrad mitrennen werde, als mir lieb sein wird und ich gestatte mir diese Auszeit.

Ja, ich koennte noch eine Menge schreiben, was so in mir vorgeht, aber sorry, keine Zeit, ich muss an den Strand!

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