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Text von Thomas ist gruen

Text von Katrin ist schwarz

Ort [Auckland - Taupo] Datum [17.09.06-19.09.06] Reisetag [133 - 135] Temp. [ca.15]
48. Leben auf dem Bauernhof

Nach dem Grossstadtauftakt wartete nun aber das „echte” Neuseeland auf uns, also ging es am Sonntag raus aufs Land. Mittlerweile schon ganz routiniert im Linksverkehr (OK, man wird ja noch mal gelegentlich auf der rechten Spur landen duerfen!) konnte ich nun auch die Landschaft geniessen. Neuseeland ist genauso, wie ich es immer vor mir gesehen habe. Nicht viel Wald, aber saftige, grellgruene Wiesen mit unzaehligen Schafen. Das Land ist sehr huegelig, es sieht praktisch aus wie im Teletubbieland (ein Vergleich fuer die gebildeteren). Es gibt auch viele Kuehe und sogar Rotwildfarmen (Neuseeland ist ein grosser Wildfleischexporteur nach Europa). Na ja, Neuseeland wird sich auch in den Augen von Katrin noch ein bisschen veraendern - aber hier spricht der gemeine Besserwisser, der schon einmal hier war ...

Suedlich von Auckland findet man nur noch kleine, gemuetliche Staedtchen. Es gibt viele Strassenlaeden, die Farmprodukte verkaufen und das zu unglaublichen Preisen: ein Kilo Braeburnaepfel kostet oft nur 0.49 NZD (=0.25 EUR)!! Da es sowieso unsere Lieblingsapfelsorte ist, die wir sonst immer unoekologisch weitgereist in Deutschland kaufen, haben wir gerade Apfelhochsaison. Kiwis haben wir natuerlich auch schon verkostet, die schmecken aber nicht anders als zu Hause.

Unterwegs besuchten wir die Woodland Heritage Farm, ein altes, original eingerichtetes Herrenhaus mit grossem schoenen Garten, in dem die Fruehlingsblumen um die Wette bluehten, auch jede Menge Kamelien (Kannte ich noch nicht, Thomas sowieso nicht. Eine Sauerei, in welch ueblem Licht ich hier dargestellt werde.). Diverse herausgeputzte Neuseelaender machten hier ihre Spaziergaenge, und mir fiel auf, dass die Kleidung hier schon anders als in Kanada oder erst recht Hawaii ist, mehr britisch-formell. Die Schulkinder tragen hier ja auch Uniform, schoen kariert und mit Sakko und so.

In Taupo, unserem Ziel, fuhren wir zur Besucherinfo, wo man uns sehr hilfsbereit eine Unterkunft fuer die naechsten Tage suchte. Und die liess dann mein Herz hoeher schlagen: wir landeten in der Taupo Farm Lodge, wo wir mit Blick auf die Tiere wohnen! Ausserdem haben wir einen herrlich weiten Blick auf die Landschaft mit Schafs- und Kuhweiden soweit das Auge reicht. Unglaublich, aber wir wohnen mitten in dem Neuseelandbild, was ich im Kopf hatte.

Taupo ist ein genialer Standort fuer die Erkundung des Central Plateaus, ein vulkanisches Gebiet in der Mitte der Nordinsel. Die Stadt selbst ist touristisch sehr gut entwickelt, hier kann man so viel machen, dass wir gar nicht wussten, wo wir anfangen sollten. Zunaechst konzentrierten wir uns erst mal auf unser Bauernleben. Wir waren erstaunt, dass hier trotz der neuseelaendischen Nebensaison eine Menge los ist.

Am Montag frueh gingen wir also unsere Tiere fuettern. (Der Vollstaendigkeit halber will ich erwaehnen, dass diese mehr zum Entertainment der Gaeste da sind.) Als Samantha (Sam) auftauchte, drehten alle erst mal eine Runde durch, denn das hiess, dass es gleich Futter gab. Das Fuettern selbst findet nur zur Freude der Gaeste statt, denn eigentlich sind die Wiesen ausreichend zur Ernaehrung. Praktisch waren wir so eine Art Schokoladenverteiler und damit war es kein Wunder, dass alle ausflippten.

Erst bekamen die Huehner ihr Futter, worauf sie sich wie irre stuerzten. Dann waren die drei Ziegen dran. Nachdem die Kaninchen versorgt waren, wurden die Kaelber mit Milch aus einem Plastikeuter gefuettert (man ist praktisch die Amme und entwickelt unweigerlich Muttergefuehle). Die Minischweine machten Sitz! und bekamen auch etwas ab. Die Kuh musste erst ueberredet werden, ihren Hintern zu bewegen, aber dann kam auch sie angetrottet und schleimte mir die Hand voll (musste erst allen Mut zusammennehmen, dem riesigen Maul meine Hand entgegenzustrecken). Als fast alles alle war, kamen noch von irgendwo her ein paar Enten angewackelt. Der allerletzte aber war Bill, das Alpaka-Lama, welches sehr scheu ist. Aber da ich ja in Wahrheit eine Lamafluestererin bin, hat er mir sofort zutraulich aus der Hand gefressen, was er sonst nie tut. Ich glaube, hier habe ich meine Berufung gefunden! Uebrigens hat ein der Kaelber auch eine kleine Macke, nach der Milchration wird naemlich am Ohr der Sau gesaugt - die sich das sehr gerne gefallen laesst.

Am Montag stuerzten wir uns in die dampfende Umwelt. Ueberall auf dem Hochplateau, auf dem wir uns jetzt befinden, kocht es in der Tiefe und das Wasser tritt als Dampfschwade oder Dampfsaeule aus den Ritzen der Erde. Nur etwa 3 km von uns entfernt befindet sich ein Areal, das Craters of the Moon heisst. Hier gibt es zahlreiche Verwerfungen, und der Wanderweg fuehrt mitten zwischen den zischenden und dampfenden Spalten und Erdloechern entlang. Nicht weit entfernt kann man den Huka Wasserfall besichtigen. Dieser besticht nicht so sehr durch seine Fallhoehe, sondern durch die grosse Wassermenge, die durch einen nur 15 m breiten und ca. 300 m langen Kanal hindurchschiesst. Man glaubt beim Anblick nicht, dass dieser Kanal wirklich einen natuerlichen Ursprung hat. Das tiefblaue Wasser rast hier mit einer unglaublichen Gewalt und Geschwindigkeit hindurch - hier wird wohl wirklich keiner mehr Rafting machen, ausser er ist lebensmuede.

Da wir auf unserem Bauernhof praktisch von der Welt abgeschnitten sind, mussten wir zum Internetten und Telefonieren in die Stadt. Das Internet war auch gleich deutlich teurer als in Auckland, dafuer aber auch nicht ganz so abgefuckt. Das Telefonieren gestaltet sich besonders schwierig, denn auf Grund der Zeitverschiebung beginnt die Telefonzeit fruehestens ab 18 Uhr und um 19:30 Uhr macht der Telefonladen schon zu, also ein enges Zeitfenster. Abends assen wir in einem Pub, der typisch britisch und damit sehr gemuetlich war.

Der Dienstag begann mit einer kleinen Ueberraschung. Die Nacht war sternenklar und so fielen die Temperaturen bis zur Frostgrenze. Am Morgen hatten wir tatsaechlich Eis auf dem Auto. Irgendwie war es in Hawaii auch ganz schoen... Dem Fruehaufsteher faellt hier die Aufgabe zu, das nur etwa 10 Grad kalte Ferienhaeuschen mit dem kleinen Ofen hochzuheizen. Man fuehlt sich wie ein Bauernknecht im 18. Jahrhundert. Na na na, der Bauernknecht haette geglaubt, er befindet sich im Schlaraffenland!

Heute stand ein Highlight Neuseelands auf dem Programm: Rotorua. Das ist praktisch die Hauptstadt des geothermisch aktiven Central Plateaus. Inmitten einer Ansammlung zischender Loecher und ruelpsender Schlammtuempel wohnen die Maori, welche ihr Dorf Whakarewarewa natuerlich touristisch ausschlachten (Eintritt je 20 NZD).

Bei einer Fuehrung sieht man Kochstellen, bestehend aus Holzkaesten, die um aufsteigende, heisse Daempfe herum gebaut wurden, in denen das Gemuese gegart wird. In andere brodelnde Mineralquellen wird das Gemuese einfach zum Kochen reingehaengt. Die heissen Quellen werden auch in steinerne Badewannen geleitet, in denen die Maoris abends gemeinsam baden (das schwefelige Wasser soll gegen vieles, z.B. Arthritis und Rheuma helfen!).Diese Gratisheizungen bezahlt man allerdings mit einem ekligen Schwefelgeruch, der ueber dem ganzen Gelaende liegt.

Es gab eine Demonstration traditioneller Geraete und Handwerkskuenste und eine Kulturvorfuehrung mit Begruessungsritual (Zunge raus und stechender Blick), Taenzen und Gesaengen. Mir gefiel mal wieder, wie die jungen Maoris nach der Vorfuehrung aus ihren Roecken sprangen und mit Jeans und T-Shirt hinter der Buehne hervorkamen. Und doch wohnen sie in diesem Thermaldorf sehr speziell. Im Cafe probierten wir ein Hangi, das ist typisches Maori-Essen, welches in den Quellen gegart wurde (ging so und etwas teuer).

Der groesste Geysier von Rotorua liegt allerdings in Tai Paui, das ist genau hinter dem Maoridorf. Hier durften wir dann noch mal 50 NZD abdruecken, aber es lohnte sich. Die Schlammloecher waren riesig (mein schoenstes) und der Geysier spie eine 25 m hohe Fontaene aus (Toms schoenstes). Man wanderte ueber das Gebiet mit der angeblich duennsten Erdkruste (wenn das mal gut geht!). Ueberall blubberte, brodelte und zischte es. Und vor allem stank es…

Der Geysier ist angeblich einer der verlaesslichsten der Welt. Und tatsaechlich, spaetestens nach einer Stunde der Inaktivitaet wird man durch den Ausbruch des Geysiers belohnt. Dieser dauert dann bis zu 5 Minuten, so dass man genug Zeit hat, sich ihn in aller Ruhe anzuschauen. Wunderbar ist auch, dass man bis in unmittelbare Naehe an ihn herankommt. Wenn der Wind in die falsche Richtung weht, bekommt man dann auch eine warme (heisse) Dusche ab.

Neben den geologischen Wundern konnte man auch ein nachgebautes altertuemliches Maoridorf besichtigen, inklusive deutschem Text aus Lautsprechern, allerdings so lahm gesprochen, als ob es fuer Auslaender waere, die erst deutsch lernen muessen. Im Kiwihaus durfte man das Hinterteil eines Kiwis (des Nationalvogels) bewundern, der Kopf steckte irgendwie halb in der Erde. Komischer Fellvogel ohne Fluegel... Der Kiwi ist nicht nur sehr selten, sondern auch noch ein nachtaktiver Vogel, das heisst, wir werden ihn wohl nie in freier Wildbahn zu Gesicht bekommen.

Im Park trafen wir dann ein deutsches Ehepaar. Weil wir zu faul waren, die Karte herauszuholen, liessen wir uns auf die navigatorischen Faehigkeiten der Gattin ein, wodurch wir promt noch mal eine Gesamtrunde in der Gegenrichtung absolvieren mussten. Da das die unfaehige Kartenleserin selbst am meisten frustrierte, meckerte sie den ganzen Weg an ihrem Mannn herum, und ich konnte nicht umhin, Tom darauf aufmerksam zu machen, was fuer eine angenehme Reisepartnerin er doch in mir hat. Wie recht sie hat - gelegentliche Ausnahmen bestaetigen diese Regel. Dito.

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