Text von Thomas ist gruen
Text von Katrin ist schwarz
Sonntag und die Sonne lachte. So stuerzten wir uns direkt nach der Abreise nochmals fuer eine Morgenrunde auf den Golfplatz. Katrin verkuendete zwar etwas von Muskelkater, aber das hielt sie nicht weiter von ihrem neuen Lieblingshobby ab. Diesmal waren wir sogar etwas schneller als am Vortage und mit stolzgeschwellter Brust zogen wir dann weiter entlang des Lake Taupo nach Turangi. Lake Taupo ist uebrigens eine vollgelaufene Vulkancaldera und bei der Groesse des Sees versteht man, warum die Wissenschaftler davon ausgehen, dass dies eine der gewaltigsten Eruptionen der Erdgeschichte gewesen sein muss. Lake Taupo ist so ganz nebenbei der groesste See Neuseelands.
80 km spaeter landeten wir in Turangi. Im Vergleich zu Taupo ein eher verschlafenes Oertchen. Nach der Entscheidung, diesmal ein Backpacker Hotel zu nehmen, machten wir uns gleich auf die Socken, um noch etwas vom Tongariro Nationalpark zu sehen. Man weiss ja hier nie, wie lange einem das Wetter noch gnaedig gestimmt ist. Kern des Nationalparks sind 3 Vulkankegel, die mit einer Hoehe von 1967, 2287 und 2797 m die gesamte Hochebene beherrschen. Z. Zt. sind die Berge mit Schnee bedeckt und am Mt. Ruapehu, der als Skigebiet ab 1.600 m Hoehe erschlossen ist, wurde noch fleissig Ski gefahren. Katrin bekamm dieser Anblick ueberhaupt nicht. Die Sehnsucht nach einer schoenen Abfahrt, gepaart mit der Angst um das Knie waren etwas viel und so verliessen wir den ansonsten sehr dunklen Berg. Hier waechst auch im Sommer kein Halm und alles ist von schwarzem Lavagestein bedeckt. Der Mt. Ruapehu war letztmalig 1995 vulkanisch aktiv und dicke Rauch- und Aschewolken zogen ueber weite Gebiete im Umland. Alles in allem kein Wunder, dass die Filmaufnahmen fuer das Land Mordor beim Herr der Ringe hier gedreht wurden.
Kurz vor Sonnenuntergang fuhren wir noch zum Ausgangspunkt des Tongariro Wanderwegs. Dieser Weg wird als Neuseelands schoenste Tageswanderung eifrig vermarktet. Mit 17 km Laenge und einem moderaten Hoehenunterschied von 700 m eigentlich auch ganz gut zu bewaeltigen, aber die Schneeschmelze ist jetzt noch nicht weit genug fortgeschritten, und so sind Teile des Sattelweges nur mit entsprechender Winterausruestung und in Begleitung eines Fuehrers zu gehen. Meine Enttaeuschung war etwa mittelgross, Katrins Erleichterung dafuer deutlich zu spueren. Wir beschlossen einfach, uns eventuell in ein paar Wochen die ganze Sache nochmals anzuschauen. Was sind auch schon 700 m Hoehenunterschied... Dass ich mit so einem Bergschwein um die Welt reise, wird mir noch irgendwann zum Verhaengnis werden. Wie auch immer, diese Wanderung reizt mich nun wirklich mal, aber nicht, weil es mir Spass machen wuerde, sondern, weil ich es mir beweisen will, dass ich es schaffe. Mal sehen, ob wir auf der Rueckreise dazu kommen werden (oder ob es irgendwelche guten Gruende gibt, die mich doch noch davor bewahren).
Abends dann nahmen wir unser Backpacker Hotel ein. Fuer mich eine voellig neue Erfahrung und so amuesierte sich Tom ueber meine ausfuehrlichen Kommentare. Unser Zimmer war spartanisch, nur ein Bett und ein Stuhl, dafuer aber mit eigenem Minibad. Mann kann im Backpacker je nach Budget vom Einzel- bis zum Mehrbettzimmer unterkommen. Uns kostete das Ganze nur 58 NZD (30 Eur) pro Nacht, nach allerlei teuren Eintrittspreisen und Vergnuegungen war das eine notwendige Entlastung unseres Urlaubsbudgets. Aber es war nicht nur billig, sondern auch ziemlich gemuetlich. Waehrend die Zimmer wirklich nur zum Schlafen geeignet sind, gab es einen schoenen Aufenthaltsbereich. In einer grossen Kueche kochten abends alle wie die Wilden (95 Prozent Nudeln), nebenan konnte man an grossen Tischen seine Kochkuenste verzehren. In einem Wohnzimmer mit Sesseln und Kamin versammelten sich spaeter viele zum Lesen. Ein unglaublich hoher Deutschen-Anteil parlierte am Nudeltopf ueber die Wandermoeglichkeiten. Ich habe mich ueber die seltsamen Typen amuesiert, es war wie eine Mischung aus Kirchentag und FDJ-Meeting (ist ja wahrscheinlich im Grossen und Ganzen eh das gleiche). Mir kamen die alle vor wie politisch korrekte Bestschueler. Wenn ich als junger Mensch unterwegs waere und mir der Sinn eher nach Party stuende, waere ich an diesem Ort nicht auf meine Kosten gekommen. Da gibt es aber auch andere Backpacker Hotels; da kommt man aus der Party nicht mehr raus. Aber fuer dieses Ding war wirklich seltsam - hier wurde sogar beim Essen gefluestert.
Zum Ausgleich fuer den entgangenen Trip ueber 17 km machten wir uns am Dienstag zu einer gemuetlichen Wanderung am Fluss entlang auf. Der Fluss galt mal wieder als weltbestes Revier fuer das Forellenfischen - nur eine weiterer Beweis, dass die Welt fuer die meisten Menschen im Umkreis von 200 km endet. Tatsaechlich sah man hier aber wirklich viele Angler, die bis zum Bauchnabel im kalten Wasser standen und eifrig dem (schwierigen) Fliegenfischen froenten. Unsere Flussuferwanderung fuehrte an vielen Wiesen vorbei, die von einer Unmenge von Schafen und Laemmern bevoelkert wurden. Die Laemmer sind alle gerade ein paar Wochen alt (man zuechtet hier zielgerichtet auf die kommende Weihnachts- (oder hier im Fruehling doch eher Oster-?)saison hin). Die Laemmer schwanken zwischen ihrer Neugier und dem rufenden Bloecken der Mutter und so gibt es putzige Szenen zu beobachten.
In Vorbereitung auf die zukuenftige 17 km Wanderung hatte ich nach 5 km erst mal die Nase voll. Ich finde ja Hin- und Zurueckwandern voll langweilig. Da fiel mir eine bessere Loesung ein: ich fahre zurueck per Anhalter! Praktischerweise waren wir naemlich gerade in der Naehe des Highways. Tom entschied sich fuer den Rueckmarsch (natuerlich). Also stellte ich mich nach 15 Jahren das erste Mal wieder an die Strasse. Als junge Frau war ich ja Weltmeister-Tramperin, aber ob die auch so ein etwas reiferes Modell mitnehmen wuerden? Diverse Autos schossen an mir vorbei und ich war schon etwas angepisst, da hielt ploetzlich einer. Und es war so lustig wie in alten Zeiten, wir schwatzten um die Wette. Mein Fahrer war ein Gefaengniswaerter! Leider war die Strecke ja nur 5 km lang. An meinem Auto wurde ich abgesetzt (mit extra Umweg, alles wie frueher!) und gar nicht allzu lange spaeter kam Tom angerauscht, der den groessten Teil zurueck gejoggt war (er wird immer verrueckter). Unser Wandertag war noch nicht vorbei, wir gingen noch in die andere Flussrichtung und konnten endlich auch mal einen der Angler beim Rausziehen eines Fisches beobachten. Abends im Hotel landete dann einer dieser Angler an unserem Tisch und zum Dank fuer ein grosses Stueck Forelle musste ich mir ausfuehrlich die Geschichten saemtlicher Faenge des Tages anhoeren (gaehn...).
Die Anreise nach Wellington am Dienstag fuehrte uns zunaechst entlang der Ostseite der Vulkanberge Richtung Sueden. Die ersten knapp 100 km heissen Desert Road und beim Durchfahren ist man in dem sonst so gruenen Neuseeland erstaunt ueber die Kargheit der Landschaft. Die Vulkanberge schirmen hier wohl tatsaechlich fast den gesamten Regen ab. Weiter ging es entlang des Rangtikei Flusses, der sich als Canyon durch die Landschaft schlaengelt. Wohl etwas abgelenkt, kassierte ich dann prompt ein Knoellchen fuer zu schnelles Fahren. Wer denkt auch schon, dass ein entgegenkommendes Polizeifahrzeug einen beim Ueberholen mit Tempo 120 etwas anhaben koennte? Erstens habe ich gar nicht gesehen, dass das ein Polizeiauto war (zu weit weg) und wie sie das messen ist mir zwar technisch klar, aber in Deutschland haette ich ja eine Diskussion ueber Messgenauigkeit begonnen. Aber wir sind nun mal nicht in Deutschland. Katrin meinte spaeter, ich haette dem Polizeibeamten doch verkaufen sollen, dass es schon eine Leistung ist, immer auf der linken Seite zu fahren.
Der freundliche Polizist wendete also seinen Wagen, schaltete das Blaulicht an und folgte uns. Das eigentliche Problem und Ursache fuer Katrins grosse Unruhe war natuerlich mein lustiger kanadischer Fuehrerschein. Am besten die Ruhe bewahren. Das klappte ganz gut, richtig spannend wurde es dann bei der Frage, ob die kanadische Adresse auf dem Fuehrerschein wohl noch meine aktuelle Adresse waere? Das Ende vom Lied ist eine Strafe von 120 NZD fuer 20 km/h zu schnelles Fahren, die Belehrung, dass man in Neuseeland maximal 100 km/h fahren darf, weil viele Leute auf den Strassen sterben (ich konnte mir gerade noch verkneifen zu sagen, dass das in Deutschland auch so ist) und 20 dermit Punkte. Wenn ich in den naechsten 2 Jahren auf insgesamt 100 Punkte komme, dann wird mir der Fuehrerschein fuer drei Monate abgenommen. Wenn der wuesste! Ja, da haben sie nun ausgerechnet Tom erwischt, der mich permanent (berechtigt) ausmeckert, dass ich zu schnell fahre... Ich habe jedenfalls mit zitternden Knien dagesessen und gebetet, dass uns Toms kanadischer Anfaengerfuehrerschein keine Probleme machen wuerde. Danke, lieber Gott fuers Erhoeren (da waren doch die Kirchentage in Kanada nicht ganz umsonst.)!
Die Dusseligkeiten des Tages waren aber noch nicht vorbei. Wir waren erneut im Backpacker gelandet (diesmal aber groesser und nicht so gemuetlich), dort war Internet inklusive und ich nutzte das aus, um mich mal wieder dem Thema Hotels in Afrika zu widmen. Ganz am Anfang pruefte ich noch einmal den Umrechnungskurs und stellte entsetzt fest, dass ich da wohl beim ersten Mal einen Fehler gemacht hatte, denn der Kurs war nun 1:5 und nicht 1:10 wie ich erst dachte. Das schraenkte natuerlich das Suchfeld immens ein. Nachdem ich ein paar Emailanfragen losgeschickt hatte, merkte ich, dass ich auch noch einen Fehler in meiner Datumstabelle hatte, also durfte ich alles noch mal mit neuen Daten losschicken... Das bereits gebuchte Hotel in Kapstadt hatte natuerlich auch die falschen Ankunftsdaten und ausserdem war es ja viel zu teuer auf Grund des neuen Umrechnungskurses, den ich herausbekommen hatte. Also Email: Stornierung. Und waehrend ich die gerade losschickte, meinte der Tom vom Nachbarrechner, wie ich denn auf 1:5 kaeme, er haette nach wie vor 1:10 stehen. Haeh? Ich ging also nochmal in meine Umrechnungstabelle und siehe da: die kleine doofe Katrin hat den Suedafrika-Rand in Deutsche Mark (!!!) umgerechnet! Also so eine Scheisse, habe ich mich ueber meine Doofheit geaergert! Aber Ende gut- alles gut: wir haben jetzt schoene Uebernachtungen zum halben Budgetpreis und Gottseidank ist die Stornierungsmail in Kapstadt nicht angekommen.
Den Mittwoch verbrachten wir mit der Entdeckungsreise durch Wellington, wobei sich diese Reise stark auf Indoor - Aktivitaeten beschraenkte. Das Wetter liess weiter sehr zu wuenschen uebrig, oft gab es kurze Schauer und die Wolken flogen ueber die Stadt. Wellington ist eine seltsame gerne-gross Stadt und schafft dies schon allein aus seiner geographischen Lage heraus nicht wirklich. Das Zentrum verlaeuft entlang der sehr steilen Kueste um eine grosse Bucht, die gleichzeitg als Hafen dient. Die Hochhaeuser und der Regierungssitz (Wellington und nicht das viel groessere Auckland ist die Hauptstadt Neuseelands) draengen sich in dem kleinen flachen Gebiet entlang der Wasserfront. Viele der Gebaeude sehen aus, als haetten sie schon bessere Zeiten gesehen, aber das liegt wohl an dem hier haeufig etwas rauheren Seeklima und daran, dass viele der Gebaeude schon 20 oder 30 Jahre auf dem Buckel haben.
In den letzten Jahren wurde hier aber einiges Geld in Gebauede fuer das Gemeinwohl investiert. Das Civic Center, direkt am Hafenbereich gelegen, verbindet das Rathaus, einige Gallerien, ein Theater und die Nationalbibliothek in einer seltsamen Melange aus alt und neu. Gestalterisch wird hier gerne auf Elemente der Maori Kultur zurueckgegriffen. Teilweise plagt wohl das schlechte Gewissen, denn wie ueberall bei der fruehen Kolonialisierung wurden die Einheimischen hier weggefegt und uebers Ohr gehauen. Zum anderen hat sich in den letzten Jahren wohl auch eine Art echte nationale Identitaet um die Maorikultur gebildet. Zumindest die Sprache der Maori wird hier intensiv gepflegt und praktisch ueberall findet man Texte in Maori.
Die Nationalbibliothek kam uns gerade recht. Nach einigen Fehlschlaegen zum Thema „Wir muessen dringend zum Friseur” (die Preise im Zentrum gehoeren in die Kategorie: wir sind so schick, weil wir fuer einen Harrschnitt 100 Euro hinblaettern) sassen wir in der sehr modernen Bibliothek und wollten uns eigentlich nur ueber die naechsten Reisehighlights informieren. Dabei stolperten wir dann ueber ein Regal mit deutschen Zeitschriften und ueber einen fast brandneuen Spiegel. Da war es um Katrin geschehen. Waehrend sie in die Wirren der deutschen Politik abtauchte (Gesundheitsreform - Was haben sie sich da denn wieder fuer einen offensichtlichen Schwachsinn ausgedacht? Wir schaffen uns eine neue Verteilungsinstitution, die Geld an die Krankenkassen weiterverteilt, die Geld an die Aerzte verteilt - Wer bezahlt den ganzen Mist?), machte ich mich alleine auf weitere Entdeckungstour durch das langgestreckte Zentrum Wellingtons.
Nach meiner Rueckkehr berichtete mir Katrin ausfuehrlich ueber deutsche Sorgen und Noete. Aus der Ferne betrachtet schwankte man dann schnell zwischen einem erstaunten „Aha” und einem unglaeubigen „Oh”, das sind jetzt die ganz vornehmen Umschreibungen, vielleicht lesen ja doch ein paar Kinder mit. Schade, dass Deutschland es seit fast 30 Jahren nicht mehr schafft, Menschen mit Format an die Spitze zu waehlen, sondern nur machtbesessene ... Also Wellington im Regenwetter. Ich versuchte, den eigentlich interessanten Stadtansichten noch ein paar Fotos abzuringen, gab dann aber frustriert auf.
Im Te Papa Museum war es dann schoen warm. Die Zeit verrann wie im Fluge und um 18:00 wurden wir hoeflich herausgebeten. Schade eigentlich, denn hier kann man wirklich viel interessantes zu sehen bekommen. Nicht zu empfehlen ist allerdings der Zeitsprung-Simulator ueber die Entstehung von Neuseeland. Fuer geschenkt koennte man das ja mitnehmen, aber die 8 NZD pro Person sind wirklich rausgeschmissenes Geld.