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Text von Thomas ist gruen

Text von Katrin ist schwarz

Ort [Nelson - Motueka] Datum [02.10.06-05.10.06] Reisetag [148 - 151] Temp. [ca.16]
52. Regenzeit und Wandertage

Den Montag und Dienstag verbrachten wir hauptsaechlich damit, unserem Vermieter in der Nautilus Lodge in Motueka die neuesten Wetterprognosen zu entlocken. Er war stets voller Zuversicht und jeder blauer Fetzen am Himmel wurde sofort mit einem „Das ist ein gutes Zeichen! Ab jetzt geht es steil aufwaerts!” kommentiert. Der Blick auf die Wettervorhersage im Fernsehen und die Berichte in der Zeitung sprachen jedoch Baende. Ein fettes und ortsfestes (ein Unwort bei Schlechtwettergebieten) Tiefdruckgebiet drehte sich mit seinem Zentrum um uns herum. Nach fast 5 Monaten Reise sassen wir erstmalig im Regen fest. Bei den ueblichen 3 Wochen Urlaub waere das eine mittlere Katastrophe gewesen, wir sahen uns die Regenwolken allerdings ziemlich entspannt an und legten einfach eine Pause ein. Was fuer ein Luxus - wir haben Zeit!

Unsere Fahrt von Nelson nach Motueka, dem Ausgangspunkt fuer den Besuch des Abel Tasman Nationalparks, fuehrte uns an einem Gebiet vorbei, das auf eine lange deutsche Tradition zurueckblickt. Ortsnamen wie Neuhof sprechen fuer sich. Im 18. Jahrhundert hatte es sogar ein Aussiedlerschiff mit lauter Mecklenburgern hierher verschlagen! Man widmete sich gleich (Deutsche eben) dem Hopfenanbau. In den letzten 30 Jahren hat man sich nun auch dem Weinanbau verschrieben, denn eigentlich ist der Nordwesten der Suedinsel ein sehr sonnenreicher Flecken. Nun regenete es halt mal, und die schwarzen Wolken fegten ueber die recht bergige Umgebung.

So vertrieben wir uns die Zeit mit Lesen, und wir liehen uns in der Videothek ein paar DVDs aus. (Jenseits von Afrika z. B., Katrin kann den Text zwar schon fast mitsprechen, aber in Englisch ist das dann doch wieder eine Herausforderung - wobei sie sogar des oefteren mit ihren vorhergesagten freien Uebersetzungen der Dialoge ins Englische erstaunlich gut lag.) Am ersten Tag habe ich sogar gleich 3 DVDs hintereinander geguckt, ein echter Flash nach so langem Fernsehentzug. Denn auch hier in Neuseeland ist das Fernsehen ziemlicher Schrott. Seid bloss alle froh, dass man in Deutschland noch oeffentlich-rechtliches Fernsehen hat, im Rest der Welt scheint man inzwischen nur noch Muell zu senden. Ich wurde nach mehreren Tagen Regen eher zappelig und wollte endlich wieder raus - schliesslich lockte der National Park. Jetzt kommt bestimmt gleich wieder die „Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur unpassende Kleidung” - Fraktion aus den Startloechern. Aber mal im Ernst: wer rennt schon gerne im stroemenden Regen ueber einen der schoensten Wanderwege Neuseelands?

Der Mittwoch lieferte dann die ersten Lichtblicke, aber noch kein konstantes Wanderwetter. Mit dem (zur Not wasserfesten) Auto machten wir uns auf zum Farewell Spit. Das ist eine nur ein paar hundert Meter breite, 30 km lange Landzunge, eigentlich eine grosse Duene. In der Bucht landeinwaerts entsteht bei Ebbe ein grosses Wattgebiet, ueber das wir erst mal ausgedehnt wanderten. Wir waren fasziniert von der Duenenlandschaft der Landzunge und dem herrlichen Sandstrand, der sich auf der anderen Seite kilometerlang hinzog. Selbst im Sommer werden sich hierher nicht allzuviele Menschen zum Baden verirren. Wer also mal einen grossen Strand fuer sich alleine haben moechte, der ist hier mit Sicherheit gut bedient. Also der Strand war etwa 5 mal so breit wie Warnemuende, und dort ist es ja schon weit, bis man im Wasser ist.

Auf dem Rueckweg wollten wir ein wenig abkuerzen. Wir waren auf der anderen Seite der Landzunge ein paar Kilometer entlanggegangen und nun trennten uns nur ein paar hundert Meter Buschland von der Seite, wo unser Auto parkte, das muesste doch zu schaffen sein. Wir schafften es auch tatsaechlich, brauchten dafuer jedoch ein halbe Ewigkeit und uns wurde bewusst, wie die Welt sich wohl fuer die fruehen Entdecker gestaltete. Obwohl das Buschland von weitem eigentlich relativ harmlos aussah, waren die Agaven (Agaven also, so so... Der Neuseelaender an sich nennt das ja Flachs...) (jetzt macht sie wieder den „Ich kenn hier alle Pflanzen-Profi”) ploetzlich mannshoch und standen dicht an dicht. Wo noch eine Luecke zum Durchkommen haette sein koennen, hatten sich schoen gelb bluehende Dornenbuesche breitgemacht. Das ganze Gelaende war von mehrere Meter hohen, dicht bewachsenen Duenen durchzogen. Alles zusammen eine ziemlich heimtueckische Mischung auf dem Weg von A nach B. Was waren wir froh, als wir endlich wieder einen Feldweg erreichten, ohne dass wir uns alle Knochen gebrochen hatten.

Aber dieses unerwartete Zwischenabenteuer hatte neben der Spannung auch sein gutes: Wir haben wieder einmal gemerkt, dass wir uns in der Not absolut aufeinander verlassen koennen. Wenn einer von uns nicht mehr weiter wusste, hat der andere sofort nach einer Loesung gesucht. Keiner hat rumgemeckert, sondern wir haben einfach nicht aufgegeben. Leider ist es etwas schwer zu beschreiben, durch was fuer ein Gelaende wir uns dort durchgekaempft haben, aber es war echt heftig. Es war steil, morastig, dornig oder heftigst zugewuchert. Ich habe die ganze Zeit nur gedacht: Nicht zu genau runtergucken, nicht dass ich noch eines dieser tollen Spinnenexemplare aus dem Museum antreffe.

Der Donnerstag begann endlich mit dem lang ersehnten Sonnenschein. Wir wurden mit dem Wassertaxi vom Ausgangspunkt des Abel Tasman Tracks bis zur Bark Bay gebracht. Da hiess es frueh aufstehen, denn um 9:10 mussten wir schon am Boot sein. Das Boot war dann, wie konnte es anders sein, komplett in deutscher Hand. Wir haben hier wohl mal wieder in ein Wespennest gestochen. Die Fahrt bietet fuer die 27 NZD neben dem reinen Taxibetrieb noch einen kurzen Abstecher zu einer kleinen Seehundkolonie. Naja, Kolonie... So ein paar vereinzelte Seehunde hingen ab, das war nicht so doll.

Waehrend der 40-minuetigen Fahrt sahen wir von der Wasserseite aus unsere heutige Wanderstrecke an uns vorbeiziehen, welche an wunderschoenen Sandstraenden, herrlichen Buchten, steilen Haengen und einer sehr gruenen, fast dschungelartigen Vegetation vorbeifuehrte. Wir waren gespannt, ob und wie wir die 19 km Weg, die vor uns lagen, schaffen wuerden. Falls einen naemlich frueher die Lust oder Energie verlaesst, kann man sich an diversen Buchten am Wanderweg vom Wassertaxi wieder abholen lassen.

Wenn einen von uns die Lust oder Energie verlassen wuerde... Das konnte ja nur ich sein. Aber obwohl ich eine eingefleischte Nichtspasshabende am Wandern bin, hatte ich mir (heimlich) vorgenommen, auf keinen Fall aufzugeben. Also los gings. Erst mal ging es auf ca. 100 Meter Hoehe, was mir schon mal die erste Luft rausliess (dass es bergauf geht, merkt man bei mir immer daran, dass ich endlich mal meine Klappe halte, das wirkt so genau wie ein Hoehenmeter). Das war aber schon fast die schwierigste Stelle, ab da ging es relativ gleichmaessig auf einer Hoehe weiter. Nun schlug also meine Flachland-Stunde, und ich haette noch ewig weiterwandern koennen, wenn ich nicht irgendwann sterben muesste. OK, will nicht uebertreiben, sagen wir mal, ich habe es ziemlich locker weggesteckt und hatte keinen Grund aufzugeben. Und das Allerschaerfste: es hat mir sogar Spass gemacht!!! Als ich dann Tom von meiner neuen Wanderleidenschaft in Kenntnis setzte, bekam ich daraufhin die niederschmetternde Rueckantwort: „Das ist hier mehr oder weniger die einzige flache Wanderstrecke Neuseelands, der Rest ist bergig.”, woraufhin ich mich innerlich von meinem neuen Hobby sofort wieder verabschiedete. Trotzdem war ich erfreut, diese schoene und lange Strecke gewandert zu sein. Ich kann mir dann ja so einen Berg mal vorsichtig anschauen…

Abends fanden wir dann Blasen an voellig neuen Stellen unserer Fuesse. Ich habe aber auch meine neuen Hikingschuhe aus Nelson gekuesst, welche mich so schoen getragen haben. Es konnte aber auch nichts schief gehen, denn auf der Verpackung stand: Die Schuhe tragen zuegig den Berg hinauf und bieten sicheren Halt beim Abstieg. Mit hat besonders daran gefallen, dass die Schuhe die Bergaufgeschwindigkeit steuern koennen, das muss erst mal einer erfinden. Es lebe die Werbung!

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