Text von Thomas ist gruen
Text von Katrin ist schwarz
Am Dienstag gingen wir zunaechst getrennte Wege. Als noch immer Fruehaufsteher und den klaren, sonnigen Tag vor Augen machte ich eine Jogging-Stadterkundungsrunde. Der Weg fuehrte entlang des Avon River, der sich unter anderem durch den schoenen botanischen Garten windet. Der Fluss gibt der Stadt, die sonst zwischen vielen schoenen alten Gebaeuden manch architektonische Suende zu bieten hat (das Stadtzentrum verbreitet an manchen Ecken den unglaublichen Charme von Neubrandenburgs Stadtzentrum), eine tolle Fruehlingsatmosphaere. Wer moechte, kann sogar sich auf Booten durch das Stadtgebiet staken lassen.
Der spaetere Besuch der Bibliothek auf der Suche nach deutschen Zeitschriften war leider nicht so erfolgreich. Zwar gab es den Spiegel, aber die aktuellen Ausgaben waren alle verschwunden. So stuerzte ich mich als Ersatz auf eine Computerzeitschrift - man muss ja irgendwie Up to date bleiben. Leider ist das generelle Niveau der PC Zeitschriften hier nicht mit dem deutschen zu vergleichen. So zog es mich bald zur sehr modernen Art Gallery, deren Schwerpunkt auf zeitgenoessischer Kunst liegt. Wie immer etwas verstoert ueber manches Exponat, das einem so als moderne Kunst dargeboten wird, fand ich doch ein paar Highlights. Ich freue mich immer ueber die menschliche Phantasie, die doch eine unerschoepfliche Quelle zu sein scheint.
Waehrend Tom was fuer Koerper und Geist tat, spielte ich die perfekte Hausfrau und wusch ein paar Maschinen Waesche. Nebenbei machte ich ein paar Internethausaufgaben und gammelte auch heimlich etwas ab.
Am Nachmittag machten wir uns dann zum Antarctic Center auf, das in unmittelbarer Naehe zum Flughafen liegt. Diese Naehe ist verstaendlich, denn Christchurch ist eine Art Einfallstor in die Antarktis; die Amerikaner, z. B. verfuegen hier ueber ein grosses Servicezentrum fuer ihre eigenen Forschungsstationen (die Deutschen haben uebrigens auch eine permanente Forschungseinrichtung in der Antarktis). Der Eintritt in das Antarctic Center ist mit 28 NZD eigentlich OK, wer noch 12 NZD drauflegt, kann sich sogar in einer Art Schneetaxi (Raupenschlepper mit Kabine) kreuz und quer ueber das Gelaende schaukeln lassen.
Besonders stolz ist man auch auf den Besuch des Kaisers von Japan. Auf den kaiserlichen Spuren wandelnd gelangten wir zu einer kleinen Pinguintruppe, die gerade gefuettert wurden. Im Antarctic Center hat man ein paar halbinvalide Tiere aufgenommen, die nun per Hand aufgepaeppelt werden. Die neuseelaendischen Blau-Pinguine sind die kleinste Pinguinart der Welt. Da sie in der Natur sehr scheu sind und sich gut verstecken, freuten wir uns ueber den Anblick aus der Naehe.
Neben interessanten Ausstellungen ueber die Arbeit der Forschungsteams in der Antarktis (das ist der kaelteste Kontinent der Erde, denn die Arktis besteht nur aus Eis und ist deshalb kein Kontinent) gibt es auch eine Kaeltekammer. Man bekommt einen warmen Anorack ausgeliehen und kann sich in einen simulierten Sturm stellen, der eine Temperatur von -25 Grad hat. So etwas macht man auch nur in solchen Einrichtungen freiwillig. Nach 5 Minuten waren wir wieder draussen, arme Forscher, die so etwas tagelang ertragen muessen, von der permanenten Dunkelheit in den Wintermonaten ganz zu schweigen.
Der Mittwoch war der Tag meiner Selbstfindung. Seit einiger Zeit hatte ich das Gefuehl, dass ich irgendetwas anderes machen moechte als wochenlang nur herumzureisen und Staedte und Natur anzuschauen. Das ist zwar wunderschoen, aber irgendetwas fehlte mir. So richtig klar war mir nicht, was das eigentlich ist, aber beim Druebernachdenken fiel mir ein, dass ich eigentlich seit Ewigkeiten schon Gesangsunterricht nehmen wollte. Im Alltag bin ich dazu ja nie gekommen, aber mit der Zeit, die wir hier haben, sollte das doch nun endlich mal zu verwirklichen sein. Vielleicht wuerde mich das ja etwas zufriedener machen.
Ja, aber wie findet man nun einen Gesangslehrer? Ich grub mich durchs Internet, aber so richtig fuendig wurde ich nicht. Die einzige Gesangslehrerin, die ich telefonisch erreichte, war ziemlich zickig, das war es also nicht. Wir ueberlegten, dass man vielleicht etwas am schwarzen Brett der Uni finden koennte und begaben uns dorthin. In einem kleinen Kaemmerchen fand auch gerade Einzelunterricht statt, aber mein ausdauerndes Warten auf das Ende desselben brachte mich nicht weiter, denn der Lehrer war Uniprofessor und total ueberlastet. Schliesslich fand ich etwas ganz anderes: einen Flyer, der zu einem Gospelworkshop einlud. Der fand bereits am kommenden Wochenende statt, und ich beschloss, dort mitzumachen.
Neben all dem Suchen gingen wir mal wieder ins Schwimmbad, ein paar einsame Bahnen ziehen. So stellten wir uns das jedenfalls vor. Unser Pech war die Mittagspause der Angestellten der umliegenden Banken und Versicherungen. Hier gibt es offensichtlich eine grosse Anzahl sehr aktiver Menschen, die in ihrer Mittagspause nichts anderes zu tun haben, als ins Schwimmbad zu stuermen und ein paar Bahnen zu schwimmen. Augenscheinlich machen die Herrschaften das auch relativ regelmaessig, denn wer auch immer zusaetzlich ins Wasser kam, schwamm gleich mit einer abartigen Geschwindigkeit los. Nichtsdestotrotz schwamm ich in diesem Gewuehl 1.500 m (neuer Rekord) und fuehlte mich heldenhaft.
Durch den Gospel Workshop blieben wir vier weitere Tage in unserem Motel, das nun fast schon ein kleines zu Hause geworden ist. Weil wir so tolle Dauermieter geworden sind, konnten wir am Donnerstag erstmal den Mietpreis fuer die naechsten 4 Tage ein bisschen druecken. So wohnen wir hier also fuer umgerechnet 45 Euro am Tag.
Endlich hattte auch der Wetterbericht ein Einsehen mit uns und versprach 26 Grad bei strahlendem Sonnenschein. Uns hielt nichts mehr und wir machten eine Tour ueber die Banks Halbinsel zu der franzoesisch angehauchten Hafenstadt Akaroa. Die Strasse wand sich ueber das bergige Land und wir waren begeistert von den Buchten und den Anblicken, die sich uns boten. Wie immer waehlten wir eine Seitenstrasse, die sich nach und nach in einen besseren Feldweg verwandelte. Besserer Feldweg ist schon fast geschmeichelt, wir, d.h. ich als Fahrer rumpelte ueber Schotterwege, die man in die Huegel reingeschlagen hatte, und es ging teilweise ziemlich steil bergauf. Gott sei Dank hatte ich meine oft ueberraschend einsetzende Hoehenangst gut im Griff und schipperte uns souveraen am Abgrund entlang. Immerhin war der Feldweg als offizielle Strasse auf unserem Plan eingezeichnet und nach einer Stunde erreichten wir auch wieder eine echte Strasse. Unser Abstecher hat uns prima gefallen, wir wunderten uns wiederholt, an welch abgelegenen Orten die Menschen sich ihre Haeuschen hinsetzen.
Der Hafenort Akaroa geht auf eine franzoesische Siedlergruppe zurueck, die sich hier 1850 festgesetzt hat. So trifft man hier zahreiche franzoesische Strassennamen und in der strahlenden Sonne konnte man bei ein paar der alten Gebauede noch den Charme eines franzosischen Hafenorts spueren. Dieses Flair wird selbstverstaendlich fuer den Tourismus ordentlich hochgespielt, jemanden, der hier tatsaechlich noch franzoesisch spricht, sucht man vergebens. Die eigentliche Attraktion von Akaroa sind jedoch die Delphine, die sich im Sommer bis in die Hafenbucht hereinwagen und sogar im Winter fast immer anzutreffen sind. Mehrere Firmen bieten Bootstouren zu den Delphinen an - das Highlight dabei ist die Moeglichkeit, mit den Delphinen zu schwimmen.
Leider waren alle Touren fuer den heutigen Tag schon ausgebucht.Wir reservierten uns eine Tour fuer Freitag. Was nun tun? Wir machten uns auf den Rueckweg nach Christchurch und liehen uns ein Kanu fuer eine Entdeckungstour durch die Stadt auf dem Avon. Wir kaempften uns durch die doch spuerbare Stroemung durch den Hagley Park, wurden dabei von Enten begleitet und beschnattert. Die Ufer des Parks gehoeren teilweise zum botanischen Garten und trotz der Kaelte der letzten Tage ist der Fruehling hier in vollem Gange. So konnten wir uns an den vielen Blueten und dem frischen Gruen der Baeume erfreuen. Die Rueckfahrt zur Anlegestelle ging dann leichter von der Hand. Wie liessen uns einfach mit der Stroemung zur Anlegestelle zuruecktreiben. Ein paar Tage spaeter fuhr ich in der Naehe unserer schoenen Kanustrecke vorbei und wunderte mich ueber Polizeiabsperrungen, die aussahen wie im Film: man hatte eine Leiche unter einer Bruecke gefunden, die da wohl schon ein paar Wochen lag!!
Am Freitag fuhren wir also wieder nach Akaroa zu unserer Delphintour, diesmal auf dem Highway und nicht ueber die Feldwege. Bevor es losging, musste ich mich erst einmal in einen Neoprenanzug reinzwaengen, ein aeusserst unangenehmes Erlebnis... Aber bei der aktuellen assertemperatur blieb mir nichts anderes uebrig. Wir hatten einen Tag mit ziemlich rauhem Seegang erwischt, man flog fast ueber die Reeling bei dem Geschaukel. Nach ca. 20 minuetiger Fahrt wurde der erste Delphin gesichtet und nun hiess es: alle Mann von Board! (Ausser Tom, der hatte keine Lust, ins Wasser zu springen, was sehr praktisch fuers Fotoshooting war.) Ich huepfte ins Wasser und dachte sofort: was ist denn das fuer eine daemliche Idee?! Mir blieb fast das Herz stehen; das Wasser hatte nur 11 Grad und mein Kreislauf lief fast Amok. Nach 5 Minuten aber wirkte die Neoprenheizung, und man konnte es aushalten (ausser am unbedeckten Kopf, der flog einem vor Kaelte fast ab). Der Delphin war jedoch inzwischen abgehauen.
Also wieder rauf aufs Boot, gar nicht so einfach bei dem Seegang, der einen entweder gegen das Boot schleuderte oder wegsaugte. Eine kurze Fahrt und weitere Delphine kamen vorbei. Alle Mann ins Meer! Wir hingen also im Wasser (die Neoprenanzuege haben fast so einen Auftrieb wie Schwimmwesten) und um uns herum wimmelte es vor Delphinen. Sie schwammen staendig um uns herum und betrachteten uns neugierig, so wie wir sie. Es ist ein gigantisches Erlebnis, wenn diese herrlichen Geschoepfe in 30 cm Abstand an einem vorbeischwimmen! Ich schaukelte in den grossen Wellen auf und ab und hatte reichliche Endorphinausschuettungen.
Meine Rolle als Fotograf auf dem Boot entpuppte sich auch nicht also so easy. Das Bott lag in der kabbeligen Duenung des Bereichs vor der Hafenbucht. Die Wellen waren ein paar Meter hoch und liefen nicht als ordentliche Duenung heran, sondern bildeten eine wilde Wellenlandschaft. Manche Welle brach sich am Heck des Boots und die Gischt und Wasserspritzer waren gut fuer manche sehr salzige Dusche. Innerhalb kuerzester Zeit war auch ich schoen nass und kurz dachte ich, ob der Paltz im Wasser nicht doch der bessere gewesen waere. Diese Umgebung vereinfachte die Aufgabe des fotografierens nicht im geringsten. Esrstens sah man die Delphine in diesem rauhen Wasser immer erst auf den letzten Druecker, dann tauchten sie immer dann auf, wenn gerade eine grosse Welle anrollte. So blieb nichts uebrig, als sich mit einer Hand gut festzuhalten und mit der anderen Hand die Kamera vor den Fluten zu schuetzen. Im Minutentakt musste ich die Linse vom Salzwasser befreien. Zum Schluss ueberzog die Kamera eine weisse Salztextur. Das fotogarfieren unter verschaerften Bedingungen lenkte aber prima von jedem Gedanken an Seekrankheit ab. Trotz der schwierigen Bedingungen gelangen dann ein paar huebsche Fotos, besonders als die anfangs spaerlich erscheinenden Delphine doch Spass an den verrueckten Schwimmern im Wasser fanden und in groesseren Gruppen neben dem Boot auftauchten.
Aber des Guten war noch nicht genug an diesem Tag, schliesslich begann am Abend mein Gospelworkshop. Was wuerde das wohl werden? Ich war sehr gespannt...