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Text von Thomas ist gruen

Text von Katrin ist schwarz

Ort [Haast - Hanmer Springs] Datum [07.11.06-10.11.06] Reisetag [184 - 187] Temp. [ca.18]
61. Halbzeit

Hallo Freunde, in diesem Tagebucheintrag sind ein paar eher private Absaetze enthalten... Am Dienstag fuhren wir vom verschlafenen Haast weiter die Kueste entlang zum Fox Glacier. Manfred hatte uns fuer die Strecke ein paar interessante Punkte genannt, und so hielten wir bald am Ship Creek Reserve. Fast augenblicklich ueberfielen uns die ungemuetlichen Sandfliegen. Die Dinger stechen im Akkord und die Stiche jucken schlimmer als Mueckenstiche. Im Gegensatz zu Muecken finden aber Sandfliegen Toms Blut leckerer als meins und so kann ich relativ entspannt wandern, waehrend Tom in eine Hysterie ausbricht, die normalerweise mir vorbehalten ist. (Hysterie? Das Wort kenne ich nicht!) Nach ein paar Metern auf dem Kuestenwanderweg konnten wir die Landschaft aber unbehelligt geniessen. Und der Weg lohnte sich, direkt hinter den ersten Duenen des Strandes waechst hier ein fast undurchdringlicher, subtropischer Dschungel. Die hohen Baeume sind ueber und ueber mit weiteren Pflanzen ueberwuchert. Flachse, Farne, Moose finden irgendwie ihren Weg zum Licht und selbst in 20 m Hoehe wachsen sie in den Astgabeln ihrer Wirte. Ein seltener Augenblick, wenn selbst botanische-Gaerten-Verweigerer Tom von Pflanzen begeistert ist. Diese Kuestenwaelder sindwirklich speziell! Mich erinnerten sie aber auch an unsere Abkuerzungsaktion durch den Kuestenbusch, wo wir ewig fuer ein paar hundert Meter brauchten.

Beim Durchwandern auf dem bequemen Weg philosophierten wir mal wieder ueber diesen undurchdringlichen Dschungel und die fruehen Besiedlungsversuche dieser Gegend. Auf Schautafeln wurde auch hierueber berichtet. Das ganze war damals wirklich kein Zuckerschlecken und erst die Goldfunde um 1860 fuehrten ueberhaupt zu ernsthafteren Oertchen entlang der Westkueste. 1965 wurde dann endlich die Kuestenstrasse fertig, auf der wir uns gerade bewegten - alleine der Bau der letzten 10 km dauerte damals 1 Jahr. Heute ist das Gros des (eher geringen) Verkehrs wohl auf Touristen zuruckzufuehren, die sich auf dieser Route in den Sueden bewegen (fast alle in Campmobilen).

Weiter ging es zu einer Lachsfarm, die sich im wesentlichen als Raststaette rund um das Thema Lachs herausstellte. Wir stuerzten uns gleich auf ein paar der (etwas ueberteuerten) Delikatessen, denn das Fruehstueck war heute mangels Masse ausgefallen. Fuer einen Dollar konnte man noch Fischfutter kaufen, die Katrin in den grossen Aufzugsbecken verteilte. In den Pools mit einem Durchmesser von vielleicht 8 m schwammen bestimmt tausend Lachse fortwaehrend im Kreis herum. Das sah recht seltsam aus und fuehrte sogar dazu, dass sich eine richtige Wirbelstroemung bildete. Ausserhalb der Pools gab es noch ein paar extra fette Burschen zu bestaunen, die mit ihrer Groesse schon fast an kleine Haie erinnerten. Das waren diejenigen, die am dichtesten an der Besucherbruecke wohnten, die waren bestimmt so fett, weil sie die ganzen missglueckten Futterweitwuerfe wegfressen. Ich erinnere mich immer noch gern an die Schlagballweitwurf Granaten, die manche Maedels damals in der Schule in drei Meter Entfernung in den Boden rammten...

Kurz bevor wir den Ort Fox Glacier erreichten, begann dann der Regen einzusetzen, der seit Tagen angekuendigt war. Wir suchten uns ein gemuetliches und recht neues Motel und waren ueber das Wetter gar nicht so ungluecklich. So konnten wir endlich mal wieder in Ruhe abhaengen (dieser Reisestress laugt einen auf die Dauer vollkommen aus). Die Entscheidung fuer ein Motel viel auch schnell und einstimmig. Nach den letzten Bed & Breakfast Abenteuern war unser Erzaehlbeduerfnis (woher, wohin, das ist ja wunderbar, welche Jobs, wie gefaellt Neuseeland ...) fuer eine Weile gesaettigt. Das kann ich bestaetigen, die letzten zwei B&Bs haben selbst mich gekillt.

Am Mittwochmittag riss dann die Wolkendecke vorruebergehend auf. Schnell sausten wir zum Fox Glacier, der mit dem Auto in ein paar Minuten zu erreichen ist. Das besondere an diesem und dem in 30 km Entfernung liegenden Gletscher ist, dass das Eis sich hier bis hinein in die tropische Vegetation fast auf Meereshoehe hinunterwaelzt. Das geht nur, weil die Schneemengen in den hoeheren Lagen so enorm gross sind, das der „Abfluss” permanenten Nachschub bekommt. Zudem funktioniert das enge Gletschertal als guter Schutz vor dem recht milden Seeklima. Das merkten wir dann auch auf unserem Weg zur Gletscherzunge. Es wurde doch merklich kuehler, je naeher man herankam. Dem Gletscherende konnte man sich bis auf 100 m naehern, dann waren ein paar Absperrseile gespannt. Auf Warnschildern wurde vor dem Weitergehen gewarnt, ausser man ist in Begleitung eines Fuehrers oder verfuegt ueber ausreichend Erfahrung. Wie alle um uns herum, hatten auch wir ausreichend „Erfahrung”, und so konnten wir uns der ca. 80 m hohen Gletscherzunge bis auf wenige Meter annaehern. So steht man dann vor einer schmutzigblauen Wand aus Eis, ueberall sind grosse Risse zu sehen und das Gefuehl, dass es hier auch wirklich gefaehrlich sein koennte, wenn tonnenschwere Eisstuecke abbrechen, laesst die meisten doch recht schnell einen gebuehrenden Sicherheitsabstand wahren.

Uns trieb dann der einsetzende Regen zurueck. Zum Glueck hatten wir Regenjacken mitgenommen. Zu Hause angekommen nutzten wir die Zeit zur Erledigung unserer Hausaufgaben. Wir beschrifteten jede Menge Bilder, schrieben im Tagebuch und verbrachten die Zeit ansonsten mit Lesen und Fernsehen. Abends wollten wir naemlich unser Reisehalbszeitgipfelfest in einem der Lokale begehen, da war keine weitere Hast angesagt.

Am Abend also hatten wir einen kleinen Festakt. Im gutbesuchten Lieblingspub des Ortes Viele Pubs gab es hier eh nicht zur Auswahl, vermutlich war er deshalb so gut besucht. feierten wir, dass unsere Abreise genau vor 6 Monaten stattgefunden hat. Ich hielt sogar eine kleine Rede, wie schoen es ist, mit Tom diese Reise zu machen. Beim anschliessenden Billard liess er mich trotzdem verlieren, wenn auch so knapp, dass er etwas irritiert war.

Donnerstagmorgen und welche Ueberraschung: ploetzliche klare Sicht aus unserem Zimmer auf den Mt. Cook und Mt. Tasman. Hierfuer hatten wir doch unser Geld investiert! Das erste Morgenrot trieb mich aus dem Bett. Mit Foto und Stativ bewaffnet machte ich mich auf zum Lake Matheson. Dieser See ist ein sehr beliebtes Ausflugsziel, denn von hier aus kann man wunderschoene Blicke auf die beiden schneebedeckten Berge und den vorgelagerten Fox Glacier erhaschen. Fuer die Runde um den See brauchte ich eine 3/4 Stunde, das Stativ haette ich mir eigentlich schenken koennen, das Licht reichte schon fuer vernuenftige Aufnahmen aus der Hand. Beim Tragen des Stativs froren mir nur die Finger ab, denn die klare Sicht war mit Temperaturen um den Gefrierpunkt verbunden. Auf dem Weg lagen teilweise noch die Hagel- und Graupelkoerner des Vorabends herum.

Der Ausflug war den Aufwand aber trotzdem wert. Die fruehe Morgenstimmung und der glatte Lake Matheson mit aufsteigenden Morgendunst lieferte die Kulisse fuer ein paar ganz huebsche Landschaftsaufnahmen. Die ersten Sonnenstrahlen des Tages vertrieben die morgendliche Kaelte sehr schnell. Was fuer ein schoener Auftakt des Tages. Weil es so schoen war, drehten Katrin und ich drei Stunden spaeter nochmals eine Runde um den See. Faszinierend an dem Rundweg ist auch die vielfaeltige Pflanzenwelt. Wir fuehlten uns in eine lange Wandertour in einen botanischen Garten versetzt. Ueber das Wort botanischer Garten aus Toms Mund koennte ich mich ja leicht amuesieren, aber vielleicht hat ja eine Metamorphose bei ihm eingesetzt???

Wir fuhren die knapp 30 km zum Franz-Josef Gletscher, der dem Fox Gletscher stark aehnelt. Nach ca. 30 min Fussweg erreicht man fast den Gletscherfuss, aber hier ist das ganze Gelaende mehr von den Touristen abgegrenzt. Hauptgrund hierfuer ist wohl das wirtschaftliche Interesse einiger Tourenveranstalter, die 1/2-, 3/4- und Ganztags- Wandertouren in den Gletscher anbieten. Dazu klettert man tatsaechlich in die zerklueftete Wand aus Eis bis auf die Hoehe des eigentlichen Eisfeldes. Der Weg fuehrt dabei durch abenteuerliche Spalten und auf Wunsch auch durch eine sehr enge Eisroehre. Wer es sich einfacher machen will, der kann sich auch per Hubschrauber auf den Gletscher fliegen lassen und dort ca. 2 Stunden seine gefuehrten Wanderrunden drehen. Dafuer kann man aber auch gleich um die 300 NZD pro Person hinblaettern. Katrin liebaeugelte mit einer solchen Tour, mich wollte diese Kombi aber nicht so recht begeistern. Entweder richtig wandern oder richtig fliegen (das wird dann absolut unbezahlbar -1 Std. ca. 500 NZD). Ich habe mich dem Budget gebeugt, obwohl ich schon ziemliche Lust zu diesem Hubschrauberflug gehabt haette. Aber wenn es danach geht, was man hier alles machen kann, da kann man arm werden.

Das entgangene Outdoorglueck machte Katrin locker durch Kochen von prima Bratkartoffeln und Bratkloepsen gut. Ein Traum vor abendlicher Bergkulisse durch unser Zimmerfenster. Es ist ein Wunder, was sie immer wieder mit nur zwei Kochplatten hinzaubert, da wird sie echt nur durch extravagante Buffets geschlagen. Das hat er aber lieb gesagt, das spornt mich ja regelrecht zu hoeheren Leistungen an. Fuehrungskraefte aufgepasst: so funktioniert Motivation!

Am Freitag verabschiedeten wir uns endgueltig von der Westkueste und Mt. Cook. Unser naechstes Ziel lag auf der gegenueberliegenden Seite der Suedinsel. Hier erhofften wir uns noch ein paar interessante Tierbeobachtungsmoeglichkeiten, wie Seehundkolonien, Albatrose und vielleicht sogar ein paar Wale. So bestand unser Tag im wesentlichen aus einer ziemlichen langen Fahrstrecke (440 km), die uns immerhin in die Naehe unseres Ziels brachte. Ausser einem kurzen Spaziergang entlang einem Strand an der Westkueste, der mit seiner Steilkueste ein wenig dem Kap Arkona auf der Insel Ruegen aehnelte, verbrachten wir den Tag auf den kurvenreichen Landstrassen.

Unser Zwischenstop hiess Hanmer Springs; hier gab es nach langer Strecke wieder eine touristisch ausgebaute Infrastruktur. Trotz des Wochenendes hatten wir kein Problem, ein gutes Motel mit Kochmoeglichkeit zu finden. Das Highlight des Ortes, ein Thermalbad, konnte uns nicht mehr richtig anheben, und wir erholten uns lieber am heimischen Herd von der Fahrt. Ich sage nur: heute hatte ich mich selbst uebertroffen...

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