Foto des Tages
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Text von Thomas ist gruen

Text von Katrin ist schwarz

Ort [Waihi Beach - Ahipara] Datum [16.11.06-19.11.06] Reisetag [193 - 196] Temp. [ca.21]
63. Auf Nordkurs

Der Donnerstag begann mit einer morgendlichen Erkundungsrunde entlang des Strandes bis zu einer abgelegenen Bucht. Tom vor dem Aufstehen, daher ohne mich. Bei unserem leckeren Fruehstueck, das hier wirklich mal im Preis inbegriffen war, haben wir uns gleich im wahrsten Sinne des Wortes ins Gedaechtnis unserer Vermieter eingebrannt. Der Toaster entwickelte eine enorme Durchschlagskraft, das merkten wir aber erst, als die erste Rauschschwade durch unsere Bude zog und der Feuermelder ansprang. Wir nahmen es alle mit Humor, besonders, weil unsere Vormieter erst am Vortag mit der Mikrowelle einen Bagel abgefackelt hatten. Die Feuerwehr, die bei Bev anrief, war schon leicht amuesiert. Und wir konnten mit dem Lueften gleich weitermachen.

Wir waren die letzten Tage soviel herumgerast, dass Katrin der Sinn nach einem faulen Tag stand. Ich wehrte mich weder lange noch sehr intensiv. Unser Verhalten stiess zunaechst auf etwas Verwunderung bei unseren Vermietern, die auslaendische Gaeste immer nur in Eile erleben. Das Unverstaendnis schlug aber schnell in wohlwollendes Verstaendnis um, nachdem wir mal wieder unsere Reisestory zum besten gaben. Gegen Mittag setzte dann zum Glueck auch noch Regen ein, und so gab es ueberhaupt keinen Grund mehr, draussen herumzurennen. Jedenfalls nicht fuer mich, den konsequenten Stubenhocker des Tages, Tom musste nachmittags noch mal eine Runde am Strand drehen. Aber ist es nicht der groesste Luxus, am Strand zu sein und nicht hinzugehen?? Das ist natuerlich ein kleiner Scherz, ich war einfach mal faul.

Wir vertrieben uns die Zeit also indoor. Unser Zimmer hatte einen herrlichen Blick auf den nur 30 Meter entfernten Strand, denn das Haus stand direkt an der Beach! So eine Lage war ja schon immer mein Traum, allerings fand ich das heftige Dauerrauschen des Meeres ueberraschend stoerend! Also diesen Haustraum muss ich wohl doch nicht ausleben (nicht, dass ich das je gekonnt haette). Wir vertrieben uns die Zeit mit Buechern, Magazinen, Fernsehen (wir schauten Sky, das neusselaendische Premiereprogramm), schlafen und spielen (Scrabble und Trivial Pursuit, gut zur Erweiterung des Englisch-Horizonts).

Am Abend gab es dann doch noch ein unerwartetes Erlebnis. Wir fuhren zur „RSA” zum Abendessen. Das ist ein Klub von militaerischen Veteranen, und dort sollte es nach Empfehlung unserer Vermieter billige und gute Steaks geben. Was waren wir ueberrascht, als wir dort wahre Menschenmassen antrafen! Wir hatten den woechentlichen Verlosungsabend erwischt, an dem es unter anderem grosse Fleischpakete zu gewinnen gibt. Die riesige Halle platzte fast aus den Naehten. Und es gab eine lustige Mischung von Leuten jeden Alters. Wir wunderten uns echt, wo die alle herkamen, denn unser Ort war nicht sehr gross. Aber schoen ist es ja auch, wenn eine Kommune so einen Treffpunkt hat. Man kann sicher sein, dass man jemanden fuer ein Schwaetzchen findet. Das Essen funktionierte als Tellerselbstbefuellung. Wir fanden es lustig, dass ueberall Schilder hingen „Teller ueberladen verboten!”, aber als wir die Kiwis beim Tellerbeschichten erlebten, wurde klar, warum es die Schilder gab. Wo assen die das hin? Es sah aus, als wuerde sich der ganze Ort am Donnerstag einmal richtig vollfressen. Wir fanden es herrlich, in so ein Wespennest des wahren Kiwilebens geraten zu sein. Diese uebergrosse Kantine war sehr lustig, ebenso die angeschlossene Kneipenhalle mit den 80-jaehrigen Omis beim Poolbillardspielen und an den Spieleautomaten.

Am Freitag erfuellten wir dann unser touristisches Pflichtprogramm. Unter anderem auch, damit unsere Vermieter uns nicht fuer vollkommen verrueckt erklaerten, wenn wir in ihrer schoenen Heimat nicht den Fuss vor die Tuer setzen. Wir fuhren entlang der Ostkueste der Coromandel Halbinsel auf einer verrueckt kurvenreichen Strasse. Das erste Ziel war die Hot Pools Beach. Auf einem kleinen Abschnitt des riesigen Strandes kann man sich waehrend der Ebbe mit einer Schippe bewaffnen, buddelt ein Loch in den Strand und wird fuer die Muehe mit heissem Wasser belohnt, das hier mit einer Temperatur von 64 Grad aus dem Sand sickert. Man sollte tunlichst darauf achten, dass man sich einen Kaltwasserzufluss durch das Meerwasser sichert, sonst hat man ganz schnell verbruehte Fuesse. Katrin war anschliessend richtig mutig und ging tatsaechlich ins kalte Meer zum Abspuelen. Sie erzaehlte die ganze Zeit etwas von „ist gar nicht kalt”, ich hatte da eine ganz andere Wahrnehmung.

Es war wirklich ein spezielles Erlebnis mit diesem heissen Wasser von unten, allerdings hatte ich nur so eine Sitzpfuetze, so dass ich mir vorkam, als naehme ich ein spezielles Unterleibssitzbad, wofuer dieses auch immer gut sein wuerde. Man sass wie auf einem Heizkissen, denn der Sand war auch heiss. Zwischendurch gab es immer wieder einen Schwall kalten Wassers von der zunehmenden Flut. Am Ende war ich so versandet, dass mir gar nichts weiter uebrig blieb, als ins Meer zu gehen. Gut aufgeheizt wie ich war, war es tatsaechlich nur mittelkalt.

Wir fuhren weiter zur Cathedral Cove, einem Strand in einer Bucht, die auf der einen Seite von einem natuerlichen Steinbogen begrenzt wird. Bei Niedrigwasser kann man durch diesen Bogen hindurch und den naechsten Strand erreichen. Die anderen waren dann auch alle da, selbst der 40 minuetige Weg zu diesem Naturwunder haelt hier niemanden von einem Besuch ab. So war ich zwar bemueht, jedoch wenig erfolgreich bei dem Versuch, den fotografischen Eindruck eines unberuehrten und geheimen Traumstrandes zu erzeugen. Waehrend Tom auf Fototour war, unterhielt ich mich mit einer alten Dame aus der Schweiz, die ploetzlich einen sehr abtoernenden Sohn mittleren Alters hervorzauberte, welcher mir gleich praesentiert wurde. Der sah aus wie Oedipussi und wohnte bestimmt noch immer bei Mama. Ich ergriff unauffaellig die Flucht vor meiner „zukuenftigen Schwiegermutter” und ihrer Brut.Nach der Rueckfahrt ueber die kurvenreiche Strecke waren wir seekrank wie nach einer rauen Faehrueberfahrt. Das tat unserem Appetit keinen Abbruch, und so zog es gleich wieder in den RSA Club zum Abendessen. Die Dame an der Kasse erkannte uns und freute sich, dass wir schon wieder da waren. Zur Belohnung durften wir uns gleich ins Gaestebuch eintragen.

Am Abend hielt ich dann noch ein ausfuehrliches Schwaetzchen mit Bev und John, unseren Vermietern. Diesmal war es aber sehr nett und interessant, und ich trug keinen Dauerschaden davon wie bei den letzten Privatvermietern.

Am Samstag mussten wir uns von unserer schoenen Wahlheimat trennen, und wir wurden mit herzlicher Umarmung auf die Reise geschickt. Im Dauerregen fuhren wir nach Auckland zum Flughafen. Leider kamen wir mit unseren Umbuchungsplaenen bei der Singapore Airlines fuer unsere Zeit um den Jahreswechsel nicht weiter. Es sieht so aus, als muessten wir bei den urspruenglichen Buchungen bleiben, da alle anderen Fluege schon komplett ausgebucht sind. Dafuer kamen wir mit Air New Zealand binnen 5 min zu einem neuen Flug, und so werden wir uns schon am 25. November von Neuseeland verabschieden. Schnell haben wir dann die Mietperiode fuer unser noch immer haessliches Auto verlaengert. Die Fahrt durch Auckland war vor allem nervig, immerhin haben wir es aber noch fast 100 km weiter Richtung Norden geschafft, und endlich liess auch der Dauerregen wieder locker.

Uebernachtet haben wir in einem deutsch gefuehrten Best Western Motel, zum Abendbrot ass ich dann tatsaechlich Bratwuerste mit Kartoffelsalat! Aber keine Angst, es war kein Vergleich mit den deutschen Genuessen, die ich mir versprochen hatte, trotzdem war es mal eine Abwechslung zur doch recht eintoenigen neuseelaendischen Kueche.

Der Sonntag empfing uns mit halbwegs vernuenftigem Wetter, und wir brachen auf in das sogenannte Northland, mit dem Beinamen „Wiege der Nation”. Das muss wohl auch so stimmen, denn bereits gestern war uns aufgefallen, wieviele Maoris hier leben. Der Unterschied ist wirklich gravierend, besonders im Vergleich zur Suedinsel, auf der wir nur alle paar Tage mal einen Menschen sahen, der zumindest teilweise maorischer Herkunft war. Trotzdem die Maoris hier weitaus praesenter sind, spielen sie jedoch auch weiterhin wirtschaftlich keine grosse Rolle. Auch hier ist das Farmland fest in „weisser” Hand.

Erstes Tagesziel war das Kauri Museum. Kauri ist eine Baumsorte, die, bevor die Holzindustrie und die Farmer richtig zuschlugen, typisch fuer die Westkueste des noerdlichen Neuseeland war. Diese Baeume sind wahre Giganten, ihre Staemme koennen einen Durchmesser bis zu 7 oder 8 m haben, und sie koennen spielend ein paar tausend Jahre alt werden. Soweit zur Theorie. Das Gebiet, das wir durchfuhren, nennt sich Kauriland. Umso groesser war unsere Enttaeuschung, dass im weiten Umkreis des Kauri Museums keiner dieser Baeume zu sehen war.

Was man haette sehen koennen, wenn sich der Mensch hier nicht in seiner Masslosigkeit ueber alles hergemacht haette, zeigte uns das wirklich grosse Museum (Eintritt 15 NZD), das ein echtes touristsiches „must do” ist. Das Museum ist liebevoll gestaltet und betrachtet nicht nur den Holzabbau, sondern auch das Leben der ersten Siedler in diesem Gebiet. Diese ersten europaeischen Siedler wurden im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich „verladen”. Ihr Land kauften sie in England, wo ihnen das Paradies versprochen wurde. Nach der entbehrungsreichen und mehrmonatigen Ueberfahrt durften die gluecklichen dann feststellen, dass sie sich wertloses Sumpf- und Urwaldland haben andrehen lassen, das zudem praktisch an keine Strassen angebunden war. Die Leute waeren wohl klaeglich eingegangen, haetten die Maoris ihnen nicht einiges an Schuetzenhilfe gegeben und ihnen dadurch das Ueberleben in den ersten Jahren gesichert. Die Luzi ging dann richtig ab, als man die wunderbaren Baeume als Wirtschaftsfaktor entdeckte. Neben dem Holz lieferten die Baeume wertvolles Baumharz, und in den Sumpfgebieten konnte man in grossen Mengen solches versteinertes Baumharz, welches zu einer Art Bernstein wurde, finden.

Wie gesagt, der Mensch entwickelt mit der Unterstuetzung seiner Maschinen eine ziemliche Effektivitaet bei dem Raubbau an der Natur. Wir mussten noch fast 80 km durch das uebliche, fast baumlose Wiesenfarmland weiterfahren, bis wir tatsaechlich den letzten Wald mit den Kauri Baeumen erreichten. Das Gebiet ist jetzt ein Nationalpark und ebenfalls ein Muss fuer jede Tour auf der Nordinsel. Wer glaubt, er haette in seinem Leben schon einmal grosse Baeume gesehen, der wird hier eine Erweiterung seines Horizontes erfahren. Es war ein seltener und beeindruckender Aha-Effekt, als wir einen kurzen Weg durch den dichten Urwald gingen, nur um ploetzlich vor einem gigantische Turm aus Holz zu stehen. Der „Gott des Waldes” ist ca. 50 m hoch und hat einen Stammumfang von ca. 14 m. Das Alter wird auf 2000 Jahre geschaetzt. Wer die Reutereichen in Stavenhagen kennt, weiss, welchen Eindruck alte und maechtige Baeume verbreiten koennen. Diese Eichen wuerden neben diesem Baum allerdings als lustiges Beiwerk verblassen. Wirklich!

Nach langer und mal wieder sehr kurvenreicher Strecke erreichten wir den Ort Ahipara. Hier ist soviel nicht los, aber man ist der beruehmten 90 Miles Beach sehr nahe, und wir fanden mit ein bisschen Glueck ein schoenes Appartment. Die Vermieter kommen aus Texas, wobei wir von Susan sofort darueber aufgeklaert wurden, dass sie keine Bush Waehler sind. Schade eigentlich, ich wollte doch unbedingt mal einen Amerikaner treffen, der Bush waehlt. Katrin freute sich, dass endlich mal wieder Kaugummienglisch gesprochen wurde und kaute gleich heftig mit.

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