Text von Thomas ist gruen
Text von Katrin ist schwarz
An den „ueblichen” Teil dieses Tagebucheintrags schliessen sich ein paar meiner Gedanken zur Reisehalbzeit an. Wer Lust darauf hat, muss jedoch wie immer den privaten Bereich nutzen.
Am Montag machten wir einen Ausflug zum Cape Reinga (130 km eine Richtung). Auf dem Weg fuhren wir an einem Gumdigger Camp vorbei. Hier konnte man ansehen, wie Ende des 19. Jahrhunderts nach dem Harz des Kauribaumes gesucht wurde. Viele dieser uralten Baeume sind im Laufe der Jahrhunderte durch unbekannte Naturereignisse zerstoert worden und ihre Staemme wurden im Morast vergraben. Da sie trotzdem noch voller Harz (Gum) waren, welches als eine Art Klebstoff und als Basis fuer hochwertige Holzlasuren verwendet wurde, haben arme Schweine in der Pampe rumgestochert und die Reste ausgebuddelt Zur Vermeidung von Missverstaendnissen sei gesagt, dass es sich bei den Schweinen nicht um umgepolte Trueffelschweine handelt, sondern, wie so oft, unter anderem um Chinesen, ein paar andere Nationalitaeten und ueberraschenderweise einer grossen Gruppe aus Dalmtien. Ein muehsamer Prozess und wie immer begleitet von unglaublich aermlichen Wohnbedingungen.
Am Cape angekommen, dem fast noerdlichsten Punkt Neuseelands, konnte man erstaunlich gut sehen, wie der Pazifik und die Tasmansee aufeinandertreffen. Ein paar Kilometer suedlich vom Cap gibt es ein paar Riesenduenen (Giant Dunes). Hier probierten wir eine der verrueckten neuseelaendischen Funsportarten aus: Die Duene mit einem Boogieboard hinabzubrausen. Vor dem Spass jedoch kam der Schweiss; man musste die unglaublich steilen Sandwaende hinaufkraxeln. Das Fiese daran war, dass man bei jedem Schritt wieder ein ordentliches Stueck hinunterrutschte. Ich fiel unterwegs fast ins Koma. Dann ging es hinab, und zwar ordentlich schnell. Waehrend Extremsportler Tom wild hinabbrauste, bremste ich dermassen, dass ich eine gigantische Staubwolke hinter mir erzeugte und anschliessend 5 Kilo Sand in der Hose hatte. Tom musste gleich noch mal hinauf, ich verzichtete wegen eines drohenden Totalausfalls meiner Atemwege.
Wir besuchten auch noch zwei schoene Straende, und so mutig wie ich ins Wasser stieg, so schnell war ich wieder draussen. Seltsam waren die vielen Horden wilder Truthaehne, die ueberall am Strassenrand herumstolzierten. Eine touristische Attraktion haben wir uns dann doch verkniffen, weil fuer Mietwagen explizit verboten: Die Fahrt ueber den Strand der 90 Miles Beach. Der Name ist Programm. Der Rueckweg vom Cape bis zum naechsten groesseren Ort fuehrt ueber ca. 70 km auf dem Strand entlang. Die meisten erledigen das in einer der zahlreich angebotenen Bustouren. Der Strand ist ausreichend tragfaehig, aber so mancher Individualist hat sich auf der Strecke mit den Gezeiten verschaetzt, weicht der herannahenden Flut aus und bleibt dann doch stecken. Im Salzwasser vergammeln diese Autos dann wenigstens relativ schnell.
Am Dienstag fuehrte uns unser Weg zurueck in Richtung Auckland nach Paihia, einem quirligen Badeort. An der gegenueberliegenden Bucht liegt Russel, die erste Hauptstadt Neuseelands und ein ehemaliger wilder Suendenpfuhl. Auf der Fahrt nach Pahia machten wir aber noch eine unerwartete Entdeckung. Ein Schild wies den Weg zu einem alten Missionarshaus, das wir uns anschauten, und ein unauffaelliger Hinweis fuehrte zu ein paar Felsen. Wir wollten wissen, was dahinter steckte und fanden eine wirkliche Naturperle. Ein schweizer Auswandererpaar hatte in Privatinitiative einen Wanderpfad durch ein wildromantisches Flusstal errichtet. Unglaublich, wie die beiden durch diese enge Felsenschlucht jede Menge Holzwege und Bruecken gebaut haben! Die leicht ueberdrehte Schweizerin haben wir auch getroffen, sie war echt speziell und haette auch als etwas irres Kraeuterweib durchgehen koennen. Wohl kein Wunder, so abseits, wie sie von jeglicher Zivilisation wohnen, wo sie sich nur noch mit den Tieren des Waldes unterhalten koennen. Das Weiblein erzaehlte uns wilde Geschichten ueber die Maoris. Besonders die aus ihrer Gegend waren frueher Menschenfresser, und wir hoerten Geschichten, wie die Missionare zwei junge Maorimaedchen vor ihrem Schicksal als Sonntagsbraten bewahrten. Weisse haben den Maoris uebrigens nicht besonders geschmeckt, weil sie zu salzig (!) waren, deshalb hat man sie nur im Notfall gekocht.
Bei Pahia liegt ein historisch bedeutender Ort Neuseelands: Waitangi, welchen wir am Mittwoch aufsuchten. Waitangi ist die Geburtsstaette der Nation, denn hier wurde 1840 ein Friedensvertrag zwischen England und den Haeuptlingen der verschiedenen Maori-Staemme geschlossen, welcher diese unter den Schutz der britischen Krone stellte. Nachdem die Europaeer nun mal im Land waren, war die normale Ordnung (die auch nicht immer so ohne war, siehe oben) der Maoris dahin, da war es dann das kleinere Uebel, sich mit den Englaendern zu verbuenden, bevor die Maoris in ein wildes Gerangel der verschiedenen Eroberernationen geraten waeren. Zudem garantierte die britische Krone den Schutz vor den wilden Gesindel, das sich allenthalben in dieser Gegend breit zu machen begann.
Mittags ging es weiter bis nach Whangarei, das sich als gemuetliches kleines Staedtchen mit einer schoenen Shoppingmeile herausstellte. Ich freute mich ueber diese unerwartete Gelegenheit zum Bummeln und wir mieteten uns spontan in der Punga Lodge ein. Zu meiner Enttaeuschung wurden allerdings schon um 17 Uhr die Buergersteige hochgeklappt, so dass ich es gerade noch im Eiltempo zu Friseur und Kosmetik schaffte. Unser Abendessen beim Japaner hat uns irgendwie schachmatt gesetzt, so dass wir den Abendtrunk bei unseren wirklich lustigen Vermietern wegen akuten Ueberfressens ausschlagen mussten. Wir haben nur ein kurzes, aber sehr wildes Schwaetzchen mit ihnen gehalten, das waere bestimmt lustig geworden, aber wir waren zu erledigt. So genossen wir ganz in Ruhe unseren herrlichen Balkon mit Blick auf die Stadt und einer ueppigen Bepflanzung, die etwas vom Dschungel Costa Ricas hatte.
Schade, dass wir unser ploetzliches, kleines Paradies am Donnerstag schon wieder verlassen mussten. Schliesslich mussten wir unser Auto heute in Auckland abgeben. Wortreich verabschiedeten wir uns von unserer Vermieterin und entschuldigten uns nochmals, fuer unseren kleinen abendlichen Durchhaenger. Nach einer Stunde Fahrt erreichten wir die Sheep World in der Naehe von Warkworth. Fuer 16,50 NZD Eintritt bekommt man hier eine Schafscherer Show geboten. Es waere doch auch eine Tragoedie, wenn wir diesem allgegenwaertigen neusseelaendischen Nutztier nicht doch noch den Tribut gezollt haetten.
Die Show war wirklich lustig, und ganz nebenbei lernten wir so manches ueber diesen fuer Neuseeland so wichtigen Wirtschaftsfaktor, so z. B. dass es ca. 47 Mio. Schafe gibt (vor 20 Jahren waren es noch 70 Mio), und Neuseeland nach Australien der zweitgroesste Wolllieferant der Welt ist (mit 15 Prozent Marktanteil). Dass die Wolle zum grossen Teil fuer Teppiche verwendet wird und welch enorm anstrengendes Tagewerk eine Schafscherer zu bewaeltigen hat. Katrin war ganz aufgeregt, als es dann an das Fuettern einiger Laemmer mit der Milchflasche ging. Das sah dann auch ganz putzig aus.
In Auckland fanden wir endlich heraus, warum wir partout kein vernuenftiges Hotel fuer unsere letzten zwei Naechte in der Stadt buchen konnten. U2 gab zwei Konzerte in der Stadt, entsprechend ausgebucht waren die Hotels. So mussten wir uns nun zum Abschluss mit einem etwas ausserhalb liegenden Hotel begnuegen, das durchaus schon bessere Zeiten gesehen hat. Dafuer stimmte aber der Preis und wir wollten hier ja auch keine Wurzeln schlagen. Die letzten Stunden mit Auto nutzten wir fuer einen weiteren Umbuchungsversuch bei Singapore Airlines, aber das scheint leider wirklich fast unmoeglich. So wird es wohl bei dem Neujahrflug um 2 Uhr morgens bleiben. Wir werden das beste daraus machen. Auf jeden Fall werden wir dem neuen Jahr hinterher fliegen, was eine stundenlange Flugzeugparty bedeuten wuerde.
Katrin vertickerte in einem Secondhand Shop noch Teile unserer Campingausruestung und kam freudestrahlend mit 30 NZD zurueck. Auckland wurde gerade von einem Schulschiff der suedkoreanischen Armee besucht. Die Freundschaft wurde gebuehrend auf dem Marktplatz zelebriert. Ueber eine Stunde fuehrten die Soldaten des Schiffes typisches aus ihrem Land vor. Das reichte ueber Taekwando Vorfeuhrungen, Paradeexerzieren bis zu folkloristischem Tanz. Den zahlreichen, ueberwiegend asiatischen Zuschauern hat es gefallen. Wir vertrieben uns den Abend mit einem Kinobesuch, der duestere Film ueber die menschliche Zukunft (Children of men), in der der juengste Mensch 18 Jahre alt ist und es oh Wunder doch noch eine schwangere Frau gibt, verdarb uns jedoch ein wenig die Laune. Im wesentlichen, weil der Film sich doch recht holperig durch die duestere Endzeitstimmung hangelt und an mancher Stelle die Logik lieber einem dramatischen Effekt geopfert wurde.
Um inneren Ausgleich nicht verlegen, stuerzten wir uns sogleich in ein koreanisches Restaurant und gaben uns eine weitere „Man ist das scharf!” - Kante. Welche Enttaeuschung dann, als wir feststellen mussten, dass der letzte Zug in unseren Vorort bereits um 20:20 feahrt und an eine Busverbindung schon gar nicht zu denken war. Da standen wir nur und durften uns fuer 40 NZD per Taxi zu unserem Hotel schaukeln lassen. Kleiner Hinweis also: In Neuseeland werden die Buergersteige ultrafrueh hochgeklappt, da hilft es auch nicht, dass man sich in Auckland in einer Grossstadt waehnt.