Text von Thomas ist gruen
Text von Katrin ist schwarz
So eine Ferienwoche ist ratz fatz um, das kennt ihr ja alle. So machten wir uns am Donnerstag auf die Socken zurueck Richtung Brisbane. Wir beschlossen, nicht wieder die gleiche Strecke zurueckzufahren, sondern uns einen Abstecher durch das Hinterland zu goennen. Das Hinterland heisst hier uebrigens auch fuer die Aussies „hinterland”, so wie es z. Zt. Ganz hipp zu sein scheint, das eine oder andere deutsche Wort zu verwenden, z.B. Angst oder Reiselust. Volkswagen wirbt ja schon lange und gerne mit sinnigen deutschen Spruechen.
Wer glaubt, dass man nach ein paar Kilometern Fahrt ins Landesinnere schon etwas vom beruehmten „Outback” zu sehen bekommt, der wird mal wieder von den australischen Dimensionen eines besseren belehrt. So fuhren wir durch Farm- und Weideland, dazwischen ein wenig Buschland und alles knastertrocken und von der Sonne verbrannt. In einer Touristeninfo wurde uns erneut erklaert, dass seit 6 Jahren der Regen ausbleibt oder in viel zu geringer Menge faellt. Warum ich das so haeufig schreibe? Weil es so praegend fuer Australien ist und dieses Land vermutlich gerade dabei ist, schleichend in eine seiner groessten Naturkatastrophen zu schlittern, und weil die Aussies gleichzeitig neben den USA die einzige Industrienation sind, die von dem ganzen Kyoto-„Quatsch” nichts wissen wollen. So brennt ihnen hier in aller Ruhe ihr ganzes Busch- und Waldland ab, oestlich von Melbourne toben seit Wochen die groessten Waldbraende der australischen Geschichte. Zur Sicherstellung der Wasserversorgung von Sidney werden im Irgendwo Megatiefbrunnen gebohrt - das wird wohl auch nicht lange gut gehen, denn der sinkende Grundwasserspiegel wird schon seine Quittung bereithalten. Saemtliche Bach- und Flusstaeler, ueber die wir bei unserer Tour fuhren, waren bis auf Pfuetzen ausgetrocknet, und die wenigen Wissenschaftler, die gefragt werden, gehen davon aus, dass die „El Nino Konstellation” noch mindestens ein weiteres Jahr keine Wetterbesserung verspricht.
Genug des Vortrags - trotz allem wird in manchen Ecken noch Ackerbau betrieben, und wir fuhren durch eine Gegend, die beruehmt fuer ihre Erdnuesse ist. In einer prima ausgestatteten Touristinfo des Ortes Kingaroy mit angeschlossenem Heimatmuseum konnten wir uns ueber die Feinheiten des Peanutsanbaus und der hochtechnisierten Verarbeitung informieren. Immerhin wissen wir jetzt, dass die Nuesse an den Wurzeln von Bueschen haengen, einem Ort, den wir beide so nicht vermutet haetten. Und ausserdem sind Erdnuesse gar keine Nuesse, sondern sie gehoeren zu den Bohnenpflanzen. Man lernt nie aus!
Unser Tagesziel war irgendein kleiner Ort vor Brisbane, der ein wenig Hinterlandcharme verbreiten sollte. Diese Aufgabe meisterten wir mit Bravour. Wir landeten in Gatton und stiegen in einem Stadthotel ab, das es so schon weit ueber 100 Jahre gibt. Unten die Kneipe, oben die kleinen Zimmer mit Gemeinschaftsklo auf dem Gang. Vor dem Zimmer eine riesige umlaufende Veranda und das ganze fuer 55 AUD (33 EUR). Katrin war ganz happy bei soviel „Hinterlandleben”. Es war wie schlafen im Film „Unsere kleine Farm”! So hatten wir heute also mal wieder fast 500 km zurueckgelegt und trotzdem nur das Areal eines Fliegenschisses auf einer Australienkarte zu Gesicht bekommen.
„Unsere kleine Farm” hielt genau bis 5.30 Uhr am naechsten Morgen an, ab da schlug die moderne Welt zurueck. Ploetzlich drehte die Stadtreinigung in einem ultralauten Strassenfegerfahrzeug unendliche Runden um den Kreisverkehr unter unserem Fenster, und das Hotel war so hellhoerig, dass man den Nachbarn beim Aufstehen zuhoeren konnte. Auf der kleinen Farm waere es bestimmt auch schon um 5 Uhr morgens losgegangen, z. B. mit dem Kuehe melken … Wir gaben saemtliche Schlafambitionen auf. So ein Fruehstart hat auch seine Reize, an der Tankstelle trafen wir die Farmer mit ihren Cowboyhueten beim Morgenkaffee. Um 9 Uhr waren wir schon in Brisbane, wo wir uns kurzentschlossen im Novotel mitten im Zentrum einquartierten.
In der Stadt herrschte viel Trubel, Brisbanes Zentrum ist ein Mix aus Shoppingmeile und Buerohochhaeusern. Tom schreckten die vorweihnachtlichen Massen eher ab, waehrend ich mich freute. Kurzerhand trennten wir uns fuer separate Entdeckertouren. Waehrend Tom durch Museen und Bibliotheken schlenderte und reichlich Fotos von der imposanten Skyline schoss, schaute ich mir all die Dinge an, die man nicht braucht. Mein schoenstes war eine Darstellung der Weihnachtsgeschichte ueber mehrere Schaufenster unter Mitwirkung der ueblichen australischen Tiere.
Im Museumskomplex fand ich dann ganz zufaellig meinen Tom wieder, was haben wir uns gefreut, dass wir uns wieder hatten! Noch ein bisschen Kunst fuers intellektuelle Gewissen, ein bisschen Strassenartistik sowie Abendessen im Foodcourt zur Entlastung der strapazierten Urlaubskasse. Und waehrend die Businessleute in den Pubs das Wochenende einlaeuteten, fielen wir baeuerlichen Fruehaufsteher zeitig ins Bett.
Der Samstagmorgen gehoerte mal wieder den Reisevorbereitungen fuer Namibia. Ich finde es bewundernswert, mit welcher Inbrunst sich Katrin durch das Internet schaufelt, die Reservierungsanfragen startet und sich als wahrer Reiseleitungsprofi beweist. Da lass ich mich doch gerne in den Hintergrund draengeln und lese derweil lieber die Zeitung. Dito, wenn es darum geht, unsere Webseite zu gestalten...Vor unserem Flug nach Sidney nutzten wir die Zeit fuer eine kleine Flussrundfahrt durch das Stadtzentrum von Brisbane. Das ist ganz einfach, denn es gibt hier reichlich Faehren, die wie normale Buslinien funktionieren. So kann man fuer ein paar Dollar den meandernden Fluss entlanggondeln und wird mit schoenen Ansichten der Skyline von Brisbane belohnt. Wir waren auch froh, endlich mal wieder in einem Boot zu sitzen...
In Sidney gelandet stuerzten wir uns in das Abenteuer des bepackten Reisenden im oeffentlichen Nahverkehr. Fuer die paar Kilometer zu unserer Herberge brauchten wir weit ueber eine Stunde und mussten an der Central Station mit unseren Rollenkoffern einen halben Wanderausflug bewaeltigen, um den naechsten Bus zu erreichen, mit dem wir dann gleich eine Haltestelle zu weit fuhren, also eine Station zurueck laufen mit all dem Gepaeck… Das ganze war dank des hoffnungslos ueberteuerten Zubringerzuges vom Flughafen nicht einmal billig. Mit einem Taxi waeren wir letztendlich genauso gut und viel schneller angekommen. In solchen Momenten wird es einem um so deutlicher bewusst, wass fuer ein Luxus ein Leihwagen ist...
Unser Bed & Breakfast Guesthouse war ein ziemlich altes Stadthaus, das vom Zentrum nur ein paar Kilometer entfernt liegt. Unser Zimmer fuer die naechsten drei Naechte war leider ein wenig muffig, aber trotzdem ganz anstaendig. Es haette nur etwas heller sein koennen. Das Bad war behindertengerecht, mit Stange zum Festhalten neben dem Klo. Unseres Vermieter pries uns gleich die Vorteile dieser Installation, denn an der Stange koenne man sich prima festhalten, wenn man nach dem Saufen kotzen muesse. Aha! Also alles ein Frage der Einstellung und des gelungenen Marketings. Ausserdem was soll's, wir waren ja nicht nach Sidney gekommen, um die Waende in unserem Zimmer anzustarren. Sidney, wir kommen!
Der zweite Advent - und was fuer einer! Nach den gestrigen, stressigen „Nahverkehrs-”Eindruecken von Sidney gingen wir den heutigen Tag etwas weniger hektisch an. Innerhalb von 20 min. waren wir mit der Bahn an der Central Station und naeherten uns nun zu Fuss den Sidney Magneten Harbour Bridge und Opera House. Der Weg durch die Haeuserschluchten von Downtown Sidney war angenehm, und die Stadt begann schnell, ihre Faszination auszuueben, die New York nicht nachstehen muss. Einspruch! Sidney ist sehr spannend, aber doch bitte dann doch nicht mit N.Y. auf eine Stufe zu stellen! Einspruch abgelehnt - es hat, wenn auch auf etwas andere Art das gleiche Weltformat! Na na!
Unser erstes Vorhaben war das Abholen unserer Robbie Tickets, um das lange Warten vor der Stadionkasse zu vermeiden. Eine halbe Stadtwanderung brachte uns zur Vorverkaufsstelle, aber Pech: Sonntags geschlossen. Shit, das bedeutete schoene Warterei am Abend. Wir gondelten weiter in Richtung Oper, schlenderten mal hier hin und mal dorthin und ploetzlich standen wir wie von Gottes Hand gelenkt (denn wir sind wirklich ganz kreuz und quer gelaufen) vor einer weiteren Ticketkasse, die sogar geoeffnet hatte. Das gab es doch nicht! Fast haetten wir die Tickets dann doch nicht bekommen, weil ich keinen Ausweis vorlegen konnte, aber ich konnte saemtliche Daten fluessig herunterrattern, und wir hielten die Tickets in der Hand. Die naechste halbe Stunde dankte ich dem Schicksal wiederholt fuer diese Lenkung und freute mich.
Der Weihnachtstrubel hatte auch Sidney fest in der Hand, und auch hier gab es in den Schaufenstern eines Kaufhauses eine Art weihnachtliches Puppenspiel zu bestaunen, das sich um das Thema Weihnachtslieder drehte. Den Zuschauern gefiels und die Kinder drueckten sich die Nase an der Schaufensterscheibe platt. So angeregt konnte, wer wollte, natuerlich auch gleich in den Laden um seine Einkaeufe zu erledigen. Sonntagsoeffnung ist hier, wie koennte es anders sein, kein Problem.
Irgendwann kommt man am Faehrenterminal an, und es ist, als waere man hier schon tausend Mal gewesen: links die Sidney Harbour Bridge, die man jedes Jahr zu Silvester im Fernsehen mit einem Riesenfeuerwerk vorgefuehrt bekommt, mit der netten Erlaeuterung, dass Sidney bereits das neue Jahr begruesst hat. Zur rechten das Bauwerk, das vermutlich neben dem Eiffelturm und der Freiheitsstatue den hoechsten Wiedererkennungswert auf der Welt hat: das Sidney Opera House. Davor die Faehren, Segelboote und Speedboote, alles getaucht in ein strahlendes Blau des Himmels und des Sidneyer Hafens. Das ist ueberwaeltigend schoen, und wer hier unberuehrt stehen kann, der kommt von einem anderen Planeten.
Die beruehmteste Ansicht Sidneys auf Oper und Bruecke hat man jedoch vom gegenueberliegenden Ufer, daher schipperten wir mit der Faehre auf die andere Seite. Entlang einer Uferpromenade wanderten wir bis zur Harbour Bridge, der Blick war wirklich atemberaubend. Gleich hinter der Bruecke gibt es den Luna Park, ein permanenter Vergnuegungspark Sidneys. Dieser ist etwas veraltet, und das Spanneste war ein Junge, wegen dem ein Karussell angehalten wurde, und der nun voellig entsetzt und orientierungslos durch die Menschenmenge taumelte. Die Sonne heizte uns gehoerig ein, und wir pausierten erst einmal in einer richtig guten Pizzeria.
Der aktuelle Touristenkick (und grosse Stolz des Sidneyer Touristenvereins) besteht in der Besteigung der Harbour Bridge. In kleinen Gruppen wird man ueber die Boegen der Bruecke gefuehrt und hat von oben bestimmt einen ganz tollen Ausblick. Das ist allerdings nur etwas fuer Schwindelfreie ohne Hoehenangst, wenn auch im Grunde vollkommen ungefaehrlich, denn jeder Teilnehmer wird in ein Sicherungsseil eingehaengt. Die 3,5 stuendige Tour kostet ab 120 AUD und wuerde meine Glueckshormone schon aus diesem Grund nicht richtig in Wallung bringen. Auf unserem Rueckweg ueber die Bruecke sahen wir jedenfalls zahlreiche Gruppen, die sich auf den Traegern bis zur Mitte der Bruecke hochbewegten. Eine Frau hatte arge Hoehenprobleme, und ich konnte mit ihr fuehlen, allerdings wuerde ich erst gar nicht auf die seltsame Idee kommen, da hinauf zu klettern. Wir hatten es einfacher und mussten nur alle paar Meter stehen bleiben, um den Ausblick auf die Skyline von Sidney und den Blick auf das Opera House zu geniessen.
Den restlichen Nachmittag verbummelten wir in der City. Zu unserer Ueberraschung war es praktisch unmoeglich, ausser bei McDonalds um 17 Uhr einen Kaffee zu ergattern. So verzichteten wir und machten uns stattdessen zum Aussie Stadium auf. Das naechste Highlight wartete ja schon: unser Vorabweihnachtsgeschenk, das Robbie Williams Konzert. Der Bericht hierueber ist eindeutig Frauensache, kein Mann wuerde je etwas an diesem Typen finden, dem sich scheinbar die gesamte weibliche Welt so gerne entgegenstuerzen wuerde ... Aber zugegeben, er ist ein Superstar und ein Geschichtenerzaehler und ein Megashowakt - nur der Funken wollte nicht ueberspringen. Nun ich bin ja zum Glueck auch ein Mann, obwohl ich spaetestens seit dem Konzert davon ueberzeugt bin, dass er eigentlich vom anderen Ufer kommt.
Ja, das Robbie Konzert. Also: Ich glaube, er hatte es schon mal ordentlich schwer, weil ich mir irgendetwas gigantisches vorgestellt habe, und gigantisch war es dann nicht. Aber eine gute Show, eine gute Stimmung und Robbie war wieder mal soooo niedlich! Ist halt schwierig, wenn man nur ein paar wenige Lieder wirklich gut findet, aber das scheint Robbie aehnlich zu gehen, denn er konzentrierte sich mehr auf ausfuehrliche Reden ans Volk. Das ist sehr unterhaltsam und macht wohl seine Konzerte so einzigartig. Erschwerend kam hinzu, dass wir nur Sitzplaetze im Stadion hatten, da ging bestimmt eine Menge von der Stimmung verloren. Ich war mir nur nicht sicher, ob Robbie eigentlich Spass an seinem Auftritt hatte, mir kam es gelegentlich wie eine Pflichterfuellung vor, aber das ist ja vielleicht auch normal nach einem halben Jahr Welttournee. Wie gesagt, nicht schlecht das ganze, allerdings mit 90 Euro pro Ticket auch ein teures Vergnuegen, aber es war ja unser gegenseitiges Hauptweihnachtsgeschenk. Tom hat uebrigens sehr geniale Fotos geschossen, die folgen in Kuerze!