Foto des Tages
Zurueck zu allen Tagebucheintraegen
Naechster Tagebucheintrag
Vorheriger Tagebucheintrag

Text von Thomas ist gruen

Text von Katrin ist schwarz

Ort [Bunbury - Perth] Datum [19.12.06-22.12.06] Reisetag [226 - 229] Temp. [ca.25]
72. Suedwestkurs

Am Dienstag war meine wundersame Schlafkrankheit wie weggeblasen und frischen Mutes ging es auf in den Sueden. Ca. 400 km fuhren wir durch das australische Buschland, endlose Waelder, davon viele, viele mit schwarzgebrannten Baumstaemmen. Buschfeuer gehoeren zu Australien wie bei uns der Regen. Man betrachtet sie sogar als nuetzlich, da sie totes und trockenes vernichten und auch so manches schaedliches Ungeziefer. Es ist sehr seltsam anzuschauen, wie oben aus den schwarzen Baumstaemmen die ueppige Blattpracht herauswaechst. Hier scheint so schnell nichts abzusterben. Allerdings haben aktuell ein paar Buschfeuer noerdlich von Melbourne eine unkontrollierbare Groesse angenommen, die sowohl Waelder als auch bereits einige Ortschaften bedroht und bereits einige Feuerwehrleute das Leben gekostet hat.

Wir fuhren durch Gebiete mit Kaenguruhbesiedlung, was sich allerdings nur in dieser und jener aufgequollenen Leiche oder heruntergefressenen Skeletten am Strassenrand aeusserte. Unser Ziel war Walpole, ein Ort in einem Gebiet mit den groessten australischen Baeumen. Wir mieteten uns in einem Motel ein und machten uns auf zum Valley of the Giants (Tal der Giganten). Hier hat man etwas sehr seltsames errichtet: einen sogenannten Tree Top Walk. Hoert sich fast an wie eine Wanderung durch den deutschen Sirup, hier ist das allerdings eine Baumwipfelwanderung. Eine beeindruckende Eisenkonstruktion erlaubt es den mehr oder weniger schwindelfreien Besuchern, in einer Hoehe von bis zu 40 Metern praktisch durch Baumkronen zu laufen, die man sonst von unten nur in gehoeriger Entfernung bestaunen kann. Das Gestell schaukelt ordentlich, wirkt aber mit seinen fetten Stahltraegern sehr vertrauenserweckend, und so kam bei mir diesmal keinerlei Hoehenangst auf.

Auf unserer heutigen Fahrt hatte ich mit meiner Klimaanlagenerkaeltung zu kaempfen und so schipperten wir, waehrend ich ein Nickerchen machte, leider unbemerkt an einer der wirklich grossen Waldattraktionen vorbei. In der Naehe von Pemberton gibt es naemlich einen fast 70 m hohen Karri Baum, der frueher als Feuerwachturm benutzt wurde. In der Krone des Baumes befindet sich eine Aussichtsplattform, von der aus man das umliegende Waldgebiet prima auf moegliche Braende kontrollieren kann. Das macht heute natuerlich keiner mehr so, stattdessen gibt es die Ueberwachung mit Kameras, vom Flugzeug aus oder gar per Satellit.

Auf alle Faelle musste man frueher auf diese Plattform hinaufkommen, und der Ansatz hierfuer ist erschreckend simpel. Man schraubt einfach in Form einer Wendeltreppe ca 1,5 cm dicke Eisenstaebe in den Baumstamm, die als Treppenstufen dienen. Zur Seite wird das ganze durch ein Netz bis auf Huefthoehe gesichert, und man hat noch ein Drahtseil zum Festhalten. Der Clou ist: Jeder der will, kann da hochklettern! Das mag ja auf den ersten 5 m noch ganz lustig sein, aber in 60 m Hoehe auf den dann sehr duenn wirkenden Staeben stehen, mit freiem Blick in die Tiefe! Ich haette gerne probiert, ob der jugendliche Mut von vor 22 Jahren, als ich hier raufkrabbelte, noch immer da war oder inzwischen der sogenannten und auch gerne so verkauften Altersweisheit gewichen war. Wir schipperten nun leider an diesem echten Highlight vorbei. Ich war nicht sehr traurig, dass wir das verpasst hatten, denn mir waere wahrscheinlich schon beim Zugucken schlecht geworden. Naja, ehrlich gesagt, gesehen haette ich das schon gern, aber meinen Tom haette ich da nicht gern hinaufklettern lassen.

Anschliessend fuehrte ein Wanderweg (auf dem Boden) auf die uebliche Art und Weise an ein paar beeindruckenden Exemplaren vorbei. Schoene hohe Baeume, aber wir fielen nicht in Ohnmacht, denn das hatten wir gerade noch in Neuseeland getan, als wir den riesigen Karribaum (Der ist uebrigens, trotz gleichem Namens nicht von der gleichen Art wie der australische Karribaum) gesehen hatten, der uns tatsaechlich den Atem geraubt hatte.

Am fruehen Abend kippte Tom immer mehr ab und ging erstmal ein paar Stunden schlafen, waehrend Krankenschwester Katrin auf Medikamenten- und Futterbeschaffung ging. Der Ort selbst bestand aus 5 Haeusern und mehr oder weniger alle Kneipen hatten am Montag geschlossen, so dass wir nichts verpassten.

Der Mittwoch begann vor dem Fruehstueck mit einem Spaziergang durch den Karri und Tingle Wald in der Naehe von Walpole. Hier findet man den groessten lebenden Tingle Baum Australiens, und dass er noch lebt, wirkt wie ein Wunder. Der gesammte Stamm ist bis auf eine Hoehe von 20 m komplett ausgebrannt und gespalten. Darueber erhebt sich weitere 40 m der maechtige Stamm. Der Baum wurde erst 1952 entdeckt - die Vermutung liegt also nahe, dass, wer Lust hat, hier in Australien auch heute noch einfach irgendwo ins Nirgendwo stiefeln muss, um auf bisher unentdecktes zu stossen. Bis vor ein paar Jahren war es ein beliebtes Fotomotiv, sein Auto in dem gespaltenen Stamm zu parken und das war bei der Groesse des Baums auch kein Problem. Heute ist man schlauer geworden und hat festgestellt, dass die Wurzeln des Baumes durch die Autos und sogar durch Fussgaenger beschaedigt werden. So naehert man sich dem Baum heute auf einem extra Wanderweg und teilweise auf Stegen, um das Wurzelwerk nicht zu zerstoeren.

Gefruehstueckt haben wir 60 km weiter in Denmark. Die Wikinger verfolgen uns also bis hierher, dennoch nahmen wir es gelassen, zumal wir in der Touristeninfo darueber aufgeklaert wurden, dass die Namensgebung nichts mit dem kaempferischen Volk im Norden zu tun hat, sondern ein englischer Kapitaen seinen Nachnamen hergab. Nach dem Fruehstueck zuckelten wir zum wunderschoenen, weissen Strand des Ortes. Die Bucht ist besonders bei Surfern sehr beliebt, da es hier prima Wellen gibt. Leider konnten wir mit dem Strand nicht viel anfangen. Seit gestern war die Temperatur auf 23° gefallen und mit meiner leichten Erkaeltung war an Baden nicht zu denken.

So zuckelten wir weiter nach Albany und mieteten uns fuer die naechsten drei Tage in einem schoenen Bed und Breakfast ein, das den gesamten Hafenbereich ueberblickte. Hier wuerden wir also die restliche Zeit unseres Westautralienaufenthaltes auf Entdeckungstour gehen, nach dem Studium der Karte hatten wir naemlich beschlossen, dass uns ein alternativer Schlenker ueber das beginnende Outback weitere 1.200 km Fahrtstrecke bescheren wuerde. Am Abend stellten wir dann fest, dass wir sowohl in Adelaide, Melbourne oder Canberra mal wieder keinen Leihwagen bekommen wuerden, weil alles komplett ausgebombt ist. Diese Scheisse beginnt mir sehr auf den Zuender zu gehen. Die Loesung des Problems besteht jetzt darin, dass wir am 25. Dezember zurueck nach Sidney fliegen werden und gucken, was wir mit der restlichen Zeit anfangen werden.

Dieser ganze Weihnachtsmist und der damit verbundene ausgebucht- oder vollkommen ueberteuert- Trouble bewirkt bei mir wirklich eine ziemliche Unzufriedenheit mit dem Reiseland Australien. Dafuer kann zwar keiner was, aber es ist trotzdem schade. Ich mag es einfach nicht, wenn saemtliche Reiseideen sich in Luft aufloesen und man sich stundenlang mit Notbuchungen im Internet beschaeftigen muss. Da geht fuer mich viel Zeit verloren, und vor allem nervt die dadurch aufgezwungene Reiseroute. Beim naechsten grossen Trip ueber die Weihnachtszeit wuerden wir jedenfalls alles mindestens ein halbes Jahr im voraus buchen, alles andere ist nur unnoetig frustrierend. So, und jetzt habe ich genug geflucht, und es ist wie es ist - machen wir das Beste draus. Und im uebrigen sind das absolute Superwohlstandsprobleme.

Komischerweise war ich nicht besonders traurig von der erneuten Wendung, da die Ueberquerung des Nullarbours und damit das spannendste Stueck ja sowieso schon gestrichen war. Bloed sind nur die Flugticketumbuchungsgebuehren von fast 140 Euro. Aber Sidney ist so toll, da gibt es noch viel zu sehen!

Am Donnerstag wollten wir nun lieber alles buchen, was noch offen war, damit wir endlich etwas Ruhe reinbekommen. Also zogen wir ins Internetcafe und verbrachten zwei nervige Stunden mit Buchungen. Als mir dann allerdings genau bei meiner allerletzten Eingabe bei der Autoleihe die Zeit abgelaufen war, hatte auch ich die Nase voll und begann, so rumzumeckern wie Tom am Vorabend. Der hatte sich ueber Nacht beruhigt und musste nun mich wieder aufbauen, seltsam verdrehte Welt innerhalb von ein paar Stunden. Wo wir gerade so am Buchen waren, haben wir auch gleich noch fuer die zwei kommenden Naechte ein Hotel in Perth gebucht. Eigentlich wollten wir noch eine Nacht laenger hier im schoenen Albany bleiben, aber am Morgen zog ein aeusserst kuehles Wetter auf, das uns voellig unverhofft traf. Denn wir hatten in der Hitze in Perth nur unsere duennsten T-Shirts und keine Jacken oder auch nur Socken eingepackt…

Da wir hier in einem Kaelteloch gelandet waren (der suedlichste Ort Australiens, also schon fast am Suedpol und man spuerte wettermaessig sofort die Naehe zu Neuseeland, wo es uebrigens noch immer nicht waermer geworden ist, die Armen!), waehrend Perth konstant Temperaturen ueber 30 Grad hat, beschlossen wir, lieber wieder nach Norden zu fahren, um noch ein bisschen im schoenen wilden Indischen Ozean zu baden. Perth haben wir ja auch noch nicht richtig angeschaut.

Heute allerdings stand Albany auf dem Programm, und es wurde ein spannender Tag. In einer ehemaligen Walverarbeitungsfabrik hat man ein wirklich geniales Museum eingerichtet, das die Arbeit der Walfaenger sehr interessant beschreibt. Noch bis 1978 wurden hier die vorbeiziehenden Wale gejagt, hauptsaechlich, um sie komplett einzukochen und daraus Oel zu machen. Sehr brutale Fotos zeigen, wie die riesigen Tiere zerlegt wurden. Die Maenner trugen Gummistiefel mit einer Art Spikes, um auf den Walen herumzulaufen! Die viele Tonnen schweren Tiere wurden zerstueckelt, ausgekocht und der am Ende trockengeschleuderte Rest wurde als Tierfutter verkauft. Mahlzeit auch.

Man konnte auch einen Walfangkutter besichtigen. Am beeindruckendsten waren jedoch ein paar Skelette von gestrandeten Walen. Die Groesse ist einfach unfassbar, und dabei war das groesste ausgestellte Skelett mit 24 m Laenge gerade mal 2/3 der ueblichen Groesse eines Blauwals, in den bequem ein Flugzeug fuer 155 Passagiere passen wuerde. Das Museum ist sehr liebevoll gestaltet, das schoenste war eine Show, in der kleine Filmfiguren auf feste Gegenstaende projiziert wurden, mit denen sie dann herumhantierten. Z.B hat eine Frau in einer Kueche das Abendbrot fuer ihren Walfaengerehemann zubereitet, die Frau war etwa 25 cm gross und die Kueche war eine Art Puppenkueche. Der Film war so gedreht worden, dass es nun aussah, als wuerde sie die (real dastehende) Kueche benutzen. Mir kam das vor wie die Zukunft der Puppenstube, in der die Kinder sich wahrscheinlich in ein echt stehendes Haus die Figuren hineinprojizieren und dann virtuell fuettern werden. Wenn es das erst zu kaufen gibt, will ich auch so etwas haben!

In der Naehe das Museums gab es dann noch ein Naturschauspiel zu bewundern. Die ganze Gegend steht auf einer riesigen Felsenformation, die uebrigens so noch einmal in der Antarktis existiert, ein Beweis dafuer, dass dieses Ende Australiens mal mit an Antarktis dranhing, der Wunderkontinent Gondwana (oder so aehnlich) ist hier ein gern besprochendes Thema. An der Kueste nun gibt es beeindruckende Felsformationen, aehnlich glatt wie das Elbsandsteingebirge, es sieht aus, als waere das ganze von Menschenhand geschaffen und ordentlich abgeschmirgelt worden. Wir bestaunten eine natuerliche Riesenbruecke und dann noch eine gewaltige Felsenspalte, in der die heranbrausende Gischt meterhoch hinaufzischte. Unglaublich schoen und mit maechtigen Getoese, wann immer eine der grossen Wellen gegen den Fels brandete!

Freitag und das Weihnachtsfest naht in grossen Schritten. Das Wetter in Albany hatte sich tatsaechlich nicht wesentlich gebessert, und so bereuten wir unseren Entschluss, mal eben schnell nach Perth zurueckzubrausen, rein gar nicht. Nach der Haelfte der 400 km langen Strecke begannen wir schon wieder im Auto zu schwitzen, unser Entschluss war offensichtlich richtig. Das Land um uns herum war erstaunlich huegelig und die Schafe tummelten sich auf vollkommen ausgetrockneten Wiesen. Hier koennen die Tiere gleich Heu direkt vom Halm fressen. Zusammen mit der roten Erde ein typischer Anblick fuer Australien, und man glaubt nicht, dass es hier ueberhaupt jemals regnet.

Nach gut vier Stunden rollten wir im heissen Perth ein, fanden unser Appartment in South Perth und freuten uns ueber die geniale Lage. Mit der Faehre ueber den Swan River ist man nach 10 min mitten im Zentrum von Perth. Uns stand der Sinn nach den kalten Tagen mehr nach einem Bad, und so machten wir uns am spaeten Nachmittag auf zur Stadtbeach von Perth. Cottesloe Beach ist hier vor allem so beliebt, weil man direkt in Strandnaehe haufenweise Bars, Restaurants und Pubs findet. Diese waren auch alle gut gefuellt und durch die offenen Fenster mit genialem Strandblick droehnte uns laute Musik und noch lauteres Geschrei, das scheinbar die Unterhaltungen sein sollten, entgegen. Schliesslich war Wochenende und dazu noch ein extralanges Weihnachtswochenende. Die Leute freuten sich also ueber ihre Absacker und manch einer hatte offensichtlich bereits etwas zuviel intus.

Ja, wir haben den 22. Dezember, zwei Tage bis zum Heiligen Abend - von Weihnachtsstimmung noch immer keine Spur (wozu auch?). Es wird einem aber auch schwer gemacht - der Indische Ozean liegt zu unsere Fuessen, das Strandleben, obwohl schon realtiv spaet am Tag, ist noch voll im Gang, die geilen Wellen des Indischen Ozean branden auf den herrlichen weissen Sandstrand. Die Weihnachtsmaenner, die auf den Haeusern drapiert sind und auch gerne mal in den Schornstein krabbeln, sind offensichtlich mit ihren dicken roten Maenteln so unpassend gekleidet, dass man sie nicht im entferntesten fuer voll nehmen kann. So stuerzten wir uns lieber in die wunderbaren Wellen und liessen Weihnachten Weihnachten sein.

In unserem Appartment hatten wir eine Kueche. Das war die Einladung fuer Selbstkocher und Katrin zauberte mal wieder, wie koennte es anders sein, ein thailaendisches Wundergericht. Bevor wir richtig zum Absacken kamen, brachen wir aber nochmals Richtung in Perth City auf. Auf der Suche nach einem noch geoeffneten Internetcafe lernten wir die Stadt kennen, die hauptsaechlich aus Einbahnstrassen zu bestehen scheint. In der Naehe des Bahnhofs wurden wir dann fuendig, und wir konnten die reichhaltige Weihnachtspost abholen.

::©Copyright 2006  :: Thomas Arndt & Katrin Münch :: Impressum