Text von Thomas ist gruen
Text von Katrin ist schwarz
Am Donnerstag holten wir unseren Leihwagen ab. Ueberrascht standen wir dann vor einem fast nagelneuen, weissen Golf II. Scheinbar wird dieser irgendwo auf dieser Welt noch neu gebaut und ist hier auch haeufig im Strassenbild zu sehen. Ich war ganz aufgeregt, denn mit diesem Golftyp verbinde ich meine ersten Erfahrungen mit einem eigenen Auto. Jedes Teil an diesem uns natuerlich inzwischen aeusserst spartanisch vorkommenden Auto erinnerte mich an Ausfluege in die Freiheit. Katrins Begeisterung hielt sich etwas mehr in Grenzen, denn sie hatte nun zum ersten mal einen Schaltwagen an der Backe. Das ist nicht mehr so einfach, wenn man sich ueber Monate an Automatikwagen gewoehnt hat.
So schaukelten wir zum Hotel. Auf Kommando legte ich die Gaenge ein, waehrend Katrin ohne Servolenkung durch das Getuemmel steuerte. Also das letzte Auto ohne Servolenkung hatte ich vor 12 Jahren, aber beim Ein- und Ausparken erinnerte ich mich sofort wieder an den akuten Oberkoerpermuskelaufbau bei einem solchen Auto… So hatten wir beide unseren Spass. Fuer alle, die sich nun fragen, ob die Schaltung in einem Rechtslenkerauto anders funktioniert - nein sie tut es nicht. Das macht es auch zunaechst so ungewohnt: Man muss mit der linken Hand die Gaenge wechseln, und dann muss man auch noch die Lage der Gaenge 1-5 beachten, die wie immer angeordnet sind, damit aber beim Einlegen der Gaenge dem Gewohnten widersprechen.
Unser Ziel war heute der Kuesten- und Ferienort Hermanus, der etwa 150 km oestlich von Kapstadt liegt. In Kapstadt mussten wir aber zunaechst den Ortsteil Parow suchen und ein paar Gedenkfotos schiessen. Trotz langer Suche gab es keine Postkarte von dem Ort (was mich allerdings nicht so ueberraschte). So haben wir der Heimat unseren Tribut gezollt und rollten weiter entlang der belebten Kuestenstrecke. Hier gab es mehrere Badeorte zu bestaunen, die praktisch in direkter Reichweite von Kapstadt liegen. Diese Orte unterschieden sich in nichts mehr von irgendwelchen anderen Badeorten auf der Welt, haette jemand behauptet, wir fahren gerade in Florida entlang, so wuerde das glatt duchgehen - na ja, hier faehrt man allerdings nicht so sinnlos grosse Autos … Florida… Da wuerde ich aber gerne mal die Townships und Slums sehen wollen! Bei aller landschaftlichen Schoenheit ist das Erbe der Apartheit nicht zu uebersehen.
Die Landschaft erinnerte mich sehr an Kuestengebiete in Jugoslawien, kahle Berge und Felsen fielen steil zum Meer ab, und die Strasse wand sich entlang der schroffen Felskueste. Dazwischen gibt es hier und da lange Sandstraende, allerdings sollte man sich bei der Wassertemperatur nicht von dem strahlenden Sonnenschein taeuschen lassen, denn das Wasser wird durch atlantische Meeresstroemungen aus Richtung der Antarktis selten waermer als 18 °. Diese kalte Stroemung ist andererseits auch der Grund, warum sich genau in Hermanus in jeder Winterperiode (Mai - November) die Wale auf ihrem Zug nach Norden ein Stelldichein geben. Wir waren leider zu spaet (oder zu frueh) fuer dieses Spektakel, bei dem sich die Wale bis in absolute Ufernaehe begeben, so dass man sich nur an die Klippen im Ort setzen muss, um „Walewatching” zu betreiben. Das muss unglaublich sein, die Wale bringen dort auch ihre Jungen zur Welt, und es sollen sich bis zu 70 Wale gleichzeitig in der Ufernaehe aufhalten! Hm, da muessen wir wohl noch mal hin!
Wir fuhren ein wenig herum, um eine Bleibe zu finden. Bei einem B+B erlebte ich dann die immer noch akute koloniale Wirklichkeit: Ein gigantisches Haus, eine Schwarze am Buegeln, eine andere mit schicker weisser Schuerze oeffnete die Tuer, um dann Madam von ihrer Liege auf der Terrasse zu holen. So etwas hatte ich bisher nur in Filmen, die in den 20er Jahren spielten, gesehen und mein restsozialistisches Herz forderte mich zum akuten Befreiungskampf auf. Aber dazu war es zu heiss, und Gott sei Dank war der Kolonialschuppen eh ausgebucht.
Letztendlich landeten wir in einem traumhaften Haeuschen, sehr alt, reetgedeckt, genial in der Ortsmitte gelegen und trotzdem eine Oase der Ruhe. Mit der (natuerlich ebenfalls schwarzen) Hausangestellten handelte ich eine fette Preisreduzierung aus (die Besitzerin, die den neuen Preis am Telefon bestaetigen musste, meinte, Pamela haette mich wohl sofort akut ins Herz geschlossen, denn sie haette sich sehr fuer die Reduzierung eingesetzt. Seht ihr? Ich sage doch, dass ich eine Verbindung zu diesen Menschen habe!).Wir verbrachten eine entspannten Nachmittag am kleinen Pool und assen spaeter in einer schoenen Ecke mit vielen Restaurants, in schoener Abendsonne und sehr gemuetlich.
Kaum waren wir im Paradies gelandet und hatten eine wunderbare Unterkunft, schon wurde das Wetter am Freitag etwas bescheidener. Das hielt uns dann auch davon ab, in das nur 18 ° kalte Wasser zu steigen. Solch einen Tag kann man gut fuer andere Freizeitaktivitaeten nutzen. Diese bestanden hauptsaechlich aus Nichtstun. Schliesslich haben wir 14 Tage Volltourismus vor uns, da kann man es doch auch mal ruhig angehen. Tom ging zum Friseur und erfuhr den neuesten Klatsch und Tratsch. Das Staedtchen hatte man in einer guten Stunde vollstaendig erkundet. Der Hoehepunkt des Tages war ein Abendessen in einem Restaurant direkt an einem Steilfelsen, die Wellen spritzten fast auf die Teller, welche mit herrlichen Fischspeisen gefuellt waren.
Da wir am Sonntag schon sehr frueh fliegen sollten, wollten wir lieber in Flughafennaehe uebernachten. Wir hatten ein seltsames Kunstgebiet mit Vergnuegungspark und Shoppingcenter entdeckt, dort wollten wir hin. Wir fanden in der sogenannten Century City ein schoen guenstiges Hotel, aber als wir in den Park wollten, fing es erst mal an zu regnen. Da es nicht richtig aufhoerte, gingen wir halt im Regen los. Nur 100 Rand (etwas mehr als 10 Euro) kostete der Eintritt. Richtig nass wurden wir natuerlich in der Wasserachterbahn, ab da war wenigstens der Regen egal. Der Park (Ratanga Junction) war nicht so superberauschend, nichts neues. Bei der Achterbahn, fuer die ich mental bereit war (der gemeine Tom, der noch einmal achterbahnfahren muss, weil ich damals in Kanada die Superrutsche runter bin, verweigerte sich doch einfach! So eine Unverschaemtheit!), war leider ueberfuellt, und ich hatte keine Lust, ueber eine Stunde zu warten. Immerhin fuhren wir eine kleinere Achterbahn, bei der ich neumodisch die komplette Zeit die Arme hochhielt (und Tom darueber permanent schreiend informierte). Ja, ja, die Ohren - mit Katrin immer am Limit und kurz vor der Schmerzgrenze.
Das beste jedoch war eine Art suedafrikanischer Steven Irvine (das ist der australische Bekloppte Zootyp, der jetzt tot ist, und dessen Familie einen aus jeder australischen Zeitschrift heraus penetrant anglotzte), der uns eine wirklich geniale Vogelshow bot (nein, keine VOEGEL Show! Wir waren schliesslich in einem Familienpark.) Er fuehrte herrliche Kunststuecke mit Falke, Adler, Pelikan, Eule und noch vielen weiteren, zum Teil ziemlich grossen Viechern auf und war dabei unglaublich unterhaltsam.
Frisch nassgespritzt von der letzten Wasserbahn gingen wir in die gigantische Shopping Mall Canal Walk, eine Kunstwelt mit Kino, Restaurants, Spielsalons und allem, was man so zu brauchen scheint. Auf riesigen Leinwaenden wurde von einer grossen Menschenmenge irgendeines dieser unglaublich langweiligen Kricketspiele verfolgt, und wir konnten uns schon vorstellen, was hier 2010 zur Fussball-WM abgehen wird. Wir assen mal wieder typisch afrikanisch, naemlich Sushi, und da im Kino nichts interessantes kam (ausser Borat, aber ich durfte nicht noch mal), zogen wir ins Hotel zurueck, wo mir der Sicherheitsmann erst mal eine Zigarette abquatschte, die er allerdings nicht rauchen durfte, denn das war nicht gestattet (naja, das Schlauchen war bestimmt gerne gesehen...).
Ein frueher Flugsonntag. Bereits um 7:40 flogen wir nach Windhoek. Beim Einchecken gab es eine unerwartete Ueberraschung. In Namibia muss man bei der Einreise unbedingt ein Rueckflugticket vorlegen! Das war ja nicht weiter schwer, dieses mussten wir uns nur am Schalter der Southafrican Airlines ausdrucken. Nach einer vergeblichen Suche im Computer daemmerte uns allerdings, dass wir nie ueber das Planungsstadium hinausgekommen waren! Leider gab es am Flugplatz auch keinen Internetzugang zur Buchung eines billigeren Fluges, und so mussten wir ein Ticket am Schalter erstehen. Der Spass war dann etwas teurer, aber hielt sich dennoch im vernuenftigen Rahmen.
Wir waren erstaunt, in was fuer ein kleines Flugzeug wir einstiegen. Zwar noch ein Candair Duesenjet, aber hoechstens fuer 50 Personen. Wir waren gespannt, wie der ca. 2-stuendige Flug in diesem „Kleintransporter” wohl laufen wuerde. Abgesehen von ein paar leichten Turbulenzen war der Flug dann sehr gemuetlich, und weil nicht so gewaltig hoch flogen, konnten wir in aller Ruhe die faszinierende Wuestenlandschaft an uns vorbeiziehen sehen. So bekamen wir einen guten Eindruck von der Kargheit der namibischen Kuestenwueste. Erst kurz vor Windhoek bekam die Landschaft einen etwas grueneren Anstrich.
Der internationale Flughafen von Windhoek ist gelinde gesagt sehr uebersichtlich, aber es macht Spass, hier anzukommen, man darf ueber das Landefeld gehen und wundert sich ueber den strahlend blauen Himmel, der sich unter anderem durch die Lage Windhoeks auf einer Hoehe von ca. 1.700 m erklaert. Waehrend der Einreisekontrolle, die hier tatsaechlich fast deutsch-verbissen durchgefuehrt wird (vor uns mussten Leute ewig warten, weil sie nicht genau sagen konnten, was ihre erste Adresse in Windhoek ist), waren die Koffer schon da. Das klappte doch prima. Schnell noch zum Geldautomaten und ein paar Namibische Dollar ziehen - doch welch Ueberraschung, der Apparat spuckte fleissig Suedafrikanische Rand aus! Wir waren verwirrt, bis man uns erklaerte, das beide Waehrungen hier in Namibia gelichberechtigt benutzt werden koennen. Sehr seltsam.
Auf der Fahrt mit dem Shuttlebus bis Windhoek (immerhin eine Strecke von 40 km) lernten wir einen jungen Amerikaner kennen, der fuer zwei Jahre freiwillig und unbezahlt als Lehrer in einer Buschschule im Nordwesten des Landes arbeitet und gerade aus den Weihnachtsferien in den USA zurueckkehrte. Es war ungeheuer interessant zu hoeren, wie er im Busch lebt, z.B, hat er in seinem Haus keinen Strom und nur 3 x die Woche gibt es morgens zwischen 5 und 5:30 Wasser! Am Ende aergerten wir uns beide, dass wir ihn nicht nach seiner genauen Adresse gefragt haben, denn beide haetten wir ihn zu gerne besucht! Mal sehen, ob wir die Schule trotzdem finden. Wir haben nur ein paar sehr lose Informationen, waeren aber beide sehr neugierig.
Unser Guesthouse hatte als wunderbares Ausstattungsdetail einen grossen Pool, den wir fast sofort stuermten. Die mittagliche Hitze war beeindruckend und die Sonne brannte rxtrem intensiv vom strahlenden Himmel. Nach der Abkuehlung im Pool entschieden wir uns fuer die Siesta Variante. Wie wir spaeter feststellten verpasst man an einem Sonntag in Windhoek sowieso nichts. Praktisch alle Laeden und sogar viele Restaurants sind geschlossen. Zu Abend assen wir in einer Art Steakhaouse, in dem mehr Personal als Gaeste herumrannten und das sinnigerweise eine indianische Aufmachung hatte. Willkommen im zweiten Land Afrikas, ich bin noch immer verwirrt, denn nichts ist so, wie ich es mir vorher vorgestellt habe. Na, Tom, warte mal ab, bis das erste Nashorn ueber die Strasse laeuft!