Foto des Tages
Zurueck zu allen Tagebucheintraegen
Naechster Tagebucheintrag
Vorheriger Tagebucheintrag

Text von Thomas ist gruen

Text von Katrin ist schwarz

Ort [Windhoek - Doro Nawas] Datum [12.01.07-15.01.07] Reisetag [250 - 253] Temp. [ca.33]
78. Wieder Wueste und Luxuszelten

Der Freitag war zunaechst den Reisepflichten gewidmet. Ich machte mich auf zum Waschsalon, waehrend Katrin den aktuellen Tagebucheintrag fertig schrieb. Zwei Stunden spaeter war die Waesche zwar noch immer nicht trocken, aber ich wollte Sandra und Bewi nicht noch laenger in Swakopmund herumbummeln lassen. Die Stadt (mit 17.000 Einwohnern immerhin die viertgroesste Namibias) schien nicht so reich an wirklichen touristischen Highlights, um sich hier ewig herumzutreiben.

Wir holten Katrin ab und machten uns auf Richtung Sueden zum Hafenort Walvis Bay, der vor allem durch seine Haesslichkeit beeindruckt. Immerhin ist dies der einzige Hafen Namibias, die zweitgroesste Stadt und als industrielles und Aussenhandelszentrum von grosser Bedeutung. Aber wir waren auch nicht fuer eine Stadttour hierher gekommen, sondern um uns die Flamingos und weitere Seevoegel in dem seichten Auslaeufer der Bay anzuschauen. Das wattartige Gebiet ist von enormer oekologischer Bedeutung, denn fuer grosse Teil des afrikanischen Flamingobestandes bildet die Bucht eine reichhaltige Nahrungsquelle und eine letzte Zuflucht in Zeiten grosser Trockenheit im Landesinneren. So kann es vorkommen, dass sich hier fast 70 Prozent der Flamingpopulation ein Stelldichein geben.

Ganz so voll war es dann doch nicht. Zur Zeit sind die meisten Flamingos mit dem Nisten im Etosha Nationalpark und in Zentralafrika beschaeftigt. Trotzdem waren ueberall in Ufernaehe hunderte von Flamingos und anderen Voegeln zu sehen. Zunaechst fuehlt man sich etwas getaeuscht. Flamingos muessen doch im zarten Rosa strahlen, diese hier waren jedoch eher weiss?! Das aendert sich aber, sobald die Voegel losfliegen. Dabei werden der untere Teil des Gefieders und die Fluegel sichtbar, die tatsaechlich intensiv rosa oder sogar fast rot sind.

Im Schlamm pickende Flamingos verbreiten nach kurzer Zeit eine gewisse Langweile beim Betrachter. Das war zumindest die einhellige Meinung der Frauengruppe. Schnell waren die Schuhe ausgezogen, und die Damen stiefelten mit den Kameras bewaffnet durch die nur knietiefe Bucht. Die Voegel schauten sich das nicht lange an, schon der erste (und den meisten bekannte) markdurchdringende Aufschrei von Katrin, als sich der Sandboden in der Bucht als teilweise dicker Schlamm entpuppte (Der quoll sehr eklig durch die Zehen durch, und gemufft hat er auch, so guanogetraenkt, wie er war!), scheuchte viele von ihnen auf. So kamen wir zu den ersten Fotos. Das neue Hobby fand so grossen Anklang bei den drei Frauen, dass nach zwanzig Minuten erstens alle Flamingos in Sichtweite verschwunden waren und zweitens unter einem wilden Stakkato von Urschreien die Welt um die Erkenntnis reicher war, dass einige Stellen in der Bucht auch huefttiefe Vertiefungen haben (die man uebrigens auch als Aussenstehender unschwer daran erkennt, dass dort keine Flamingos herumstelzen, denn hier reichen die Fuesse ja nicht auf den Boden). Sehr schlaues Geschwaetz mal wieder! Wir konnten die Wasserhoehe ja wohl nicht daran erkennen, ob da Flamingos standen, denn die haben wir schliesslich erfolgreich aufgescheucht, um farbenfrohe rosafluegelige Fotos zu zaubern, das Problem war nur, dass immer beim Losfliegen die Sonne weg war… Kurzum, alle hatten ihren Spass. Ich hielt mich dabei vornehm zurueck, ab 300 m Entfernung von der Laermquelle kehrte eine Art Ruhe ein, und es machte Spass, den ersten Fahrversuchen einiger Kitesurfer zuzuschauen.

Auf der Rueckfahrt konnten wir prima beobachten, wie sich Swakopmund in den abendlichen Dunst verabschiedete. Waehrend in ein paar Kilometern Richtung Landesinneres die Sandduenen in der strahlenden Sonne lagen, bilden sich durch die kalte Meeresstroemung hier fast immer Wolkenbaenke, die sich meistens nur ueber die Mittagsstunden aufloesen. Die Namibier finden das ganz gut, Hitze gibt es hier schliesslich genug, und man freut sich ueber das angenehme, milde Seeklima. So ist Swakopmund der Badeort von Namibia, und in den Sommermonaten tuemmeln sich hier hauptsaechlich die Windhoeker. Mit etwas Betteln schafften wir es um 18:30 gerade noch, den Abendeinkauf im Supermarkt zu machen. Eine der Errungenschaften der lang verlossenen deutschen Kolonialzeit ist hier die strikte Einhaltung von Ladenoeffnungszeiten, bei denen man sich in seine Kindheit zurueckversetzt fuehlt. Nach dem Essen liefen wir beim Stadt Land Fluss Spiel nochmals zur Hoechstform auf. Immerhin wurde ich heute nicht letzter - was will man mehr von einem schoenen Tag.

Der Samstag begann wieder mit einem stark bedeckten Himmel. Das scheint hier Standard zu sein, aber immerhin verbrennt man sich so nicht gleich den Pelz. Was also machen ohne richtiges Badewetter? Wir machten uns auf zu einem Quadtouranbieter. Dieser Spass ist hier ziemlich erschwinglich, denn fuer die Stunde mit Fuehrer zahlt man nur 250 NAD (ca. 27 Euro).

Quadfahren stand ja bei Tom und mir schon lange auf dem Plan. Hier inmitten der Wueste wussten wir sofort, dass dies der richtige Ort war. Wir Frauen entschieden uns fuer Automatikmodelle, Tom ging auf Halbautomatik. Viel Bumms hatten beide. Nachdem wir unterschrieben hatten, dass wir auch sterben koennten, gings los. Wir fuhren in einer Gruppe von ca. 15 Leuten. Meine Position im ersten Drittel verlor ich nach wenigen Metern. Ich musste ja erst mal schauen, wie sich dieses vierraedrige Motorrad so fuhr, das brauchte schon seine Zeit. Sandra verschwand mit Rase-Tom und einigen anderen am Horizont, waehrend mich nach und nach alle ueberholten. Das geschah insbesondere bei scharfen Rechtskurven, fuer die meine Maschine irgendwie nicht konstruiert zu sein schien. Sie fuhr auomatisch nach links, ich weiss auch nicht… Als ich dann den Naechsten vorbeiwinken wollte (man will ja niemanden aufhalten), sagte er: „I am the last man!” Aha, der gehoerte also zum Team. Naja, es ist ein bisschen peinlich zu berichten, aber irgendwann habe ich auch den Ruecken von diesem Menschen nur noch relativ klein am Horizont gesehen…

Aus dieser Talsohle konnte es nur noch aufwaerts gehen, und im zweiten Teil des Rennens wurde ich regelrecht rasant (manchmal). Sandra, die sich ziemlich erschrocken in der Rasergruppe wiedergefunden hatte, war auch zu uns Normalsterblichen zurueckgekehrt. Wir knatterten die Duenen rauf und runter, das machte einen Heidenspass. Meinen Hoehepunkt hatte ich auf dem letzten halben Kilometer, als ich stehend ins Ziel einfuhr. Endzeitposing - eine meiner Staerken!

Da ich mich in der „schnellen” Gruppe befand, verlief der Quadausflug fuer mich etwas anders. Zunaechst war mir das motorradartige Fahren auf vier Raedern auch sehr suspekt. Instinktiv und aus blanker Gewohnheit ist man als Motorradfahrer sofort versucht, gelerntes Verhalten auch auf dieses Geraet zu uebertragen. Schnell wird jedoch klar, dass das in die Kurve lehnen vollkommen sinnfrei ist und das Lenken wie beim Auto ist. Das verwirrt, aber nach der zwanzigsten Duene geht es schon leichter von der Hand, und ich begann, mit dem Quad zu spielen.

Die erste Begeisterung wich dann schnell wieder einer Portion Respekt, als ich sah, wie schnell sich eine junge Frau vor mir in dem weichen Sand verschaetzte, die Gewalt ueber das Quad verlor und sich mit einem Hechtsprung ueber den Lenker in den Sand verabschiedete. Zum Glueck fiel das sich ueberschlagende Quad nicht auf die Frau, und so kam sie mit dem Schrecken davon. Relativ schnell verabschiedete sie sich aus der Heizergruppe, ihr war trotz Laecheln auf den Lippen wohl der Spass vergangen. Mit noch groesserer Aufmerksamkeit schossen wir schliesslich nur noch zu dritt dem Fuehrer hinterher. Die Duenenhaenge wurden immer steiler und hoeher und bei einer Abfahrt ins scheinbar bodenlose Nichts dachte ich dann auch kurz, was ich hier wohl eigentlich schon wieder zu suchen habe. War dann natuerlich doch nicht so schlimm. Am Fahrer vor mir konnte ich mir erst einmal anschauen, wie man es nicht machen sollte. Mir gezogener Bremse rutschte er naemlich die 50 m tiefe Schraege hinunter. Das bringt nichts, ausser das man keine Kontrolle mehr ueber das Quad hat. Also Bremse los, Gas geben (der schwerste Part, weil gegen alle Gefuehle) und einfach runtersausen.

So hatten wir in dieser Gruppe eine gute Stunde unseren Spass und der Kurs durch die Duenen machte ungeheuer viel Spass. Das ist schon um einiges spannender, als mit einem Kart durch die Halle zu brausen. Nebenbei versuchte ich noch, ein paar Fotos von der Restgruppe zu machen. Das war jedoch nicht so einfach, denn zu lange durfte man sich nicht zurueckfallen lassen, sonst haette man in den unuebersichtlichen Duenenmeer schnell die Gruppe und damit die Orientierungshilfe verloren.

Das war doch schon mal eine gute Aktion, wie konnten wir das Niveau des Tages nun halten? Wir Maedels entschieden uns, den Flamingos noch eine zweite Chance zu geben, Tom schied aus. In Walvis Bay angekommen, stellte sich heraus, dass nur noch eine Bootstour startete, und zwar genau in 5 Minuten. Wir sprangen praktisch schon im Fahren auf und fanden uns auf einem sehr schoenen Katamaran wieder. Dieser war komplett in deutscher Touri-Hand, selbst die (sehr interessanten und ausfuehrlichen) Kommentare wurden auf Deutsch gegeben. Die Tour war viel umfangreicher als wir eigentlich geplant hatten, aber was sollten wir machen?

Gute 3,5 Stunden schipperten wir an der Kueste entlang. Gleich nach dem Start bekamen wir Besuch an Bord; eine Robbe war auf´s Boot geklettert, um ein paar Fische abzufassen. Es gab einen grossen Eimer mit Schmankerln fuer die Robben, das hatte sich natuerlich herumgesprochen, so dass es manchmal sogar etwas Stress gab. Wir freuten uns natuerlich sehr ueber die lustigen Fettwaenste. Die naechste Attraktion waren Pelikane, die das Boot und seinen Fischeimer auch gut kannten, und sehr dekorativ um uns herumflogen. Zur grossen Freude von Sandra und Bewi (und mir natuerlich auch) begleiteten uns ein paar Delphine, die es liebten, in der Bugwelle mitzuschwimmen. Wir lagen auf dem Bauch in einem Netz und waren nur einen Meter von ihnen entfernt.

Die Fahrt ging bis zur Spitze der Landzunge, die die grosse Bucht mit dem seichten Wasser vom Meer trennt. Eine Robbenkolonie hat sich die Duene als Lebensraum ausgesucht, sie konnten sich dort herrlich ins Wasser rutschen lassen. Die Rueckfahrt verbrachten wir fast vollstaendig mit essen. Es wurden die verschiedensten Haeppchen gereicht, und ich entdeckte ganz ueberraschend eine heftige Liebe zur frischen Auster. Das Geheimnis bestand in der Beigabe von frischem Pfeffer und einem Tropfen Tobasco. Kurz vorm Eiweissschock hoerte ich besser auf. Die Maedels dagegen stritten sich mit ihren ebenfalls angeheiterten Sitznachbarn um die letzten Reste vom Nachtisch. Ein sehr schoener Ausflug! (Uebrigens: Das eigentliche Besichtigungsziel, Flamingos, waren nicht dabei, aber es war vielleicht ganz gut, dass sie nicht in unserer Naehe waren, so hatten sie einen ruhigen Tag.)

Wir rasten so schnell, wie wir konnten, zum ausgehungerten Tom zurueck und bekochten ihn alle ganz liebevoll (nachdem er schon halb verdoerrt saemtliche Vorbereitungen getroffen hatte). Aus Solidaritaet assen wir noch mal mit ihm mit…

Waehrend also die geballte Weiblichkeit sich auf Tierexkursion vergnuegte, schaute ich mir das extrem deutsche Swakopmund an einem Samstag Nachmittag an. Die meisten Geschaefte waren schon geschlossen, und so tat sich auf den Strassen leider auch nicht mehr allzuviel. Ueberall gibt es deutsche Strassenschilder und Namen an den Laeden zu sehen, und waere man nicht von so vielen schwarzen Menschen umgeben, wuerde man wirklich vergessen, dass man ein paar tausend Kilometer von Deutschland entfernt ist. Was das deutsche Kaiserreich nun ausser „wir wollen auch Kolonialmacht sein” -spielen dazu bewogen hat, sich ausgerechnet in dieser Wuestenei Namibia festzusetzen, ist mir auch beim Gang durch Swakopmund nicht klargeworden. Namibia, so wie es uns bisher begegnete, mag zwar ein grosser Flecken auf der afrikanischen Landkarte sein, aber ein kolonialer Traum war es wohl nicht. Trotzdem ueberraschend, wie sich das Deutschtum hier in den 30 Kolonialjahren festgesetzt hat.

Ein paar Haeuser mit so genialen Namen wie Zollamt oder Haus Woernemann geben dem Wuesten-Strandort Swakopmund ein gewisses Flair, der Funke will jedoch trotzdem nicht ueberspringen. Am Hafen widmete ich mich dann dem Stadtmuseum, das zwar nicht durch Groesse beeindruckte, aber dennoch Beschaeftigung fuer einige Stunden lieferte. In der Sammlung ist so ziemlich alles zum Thema Namibia zusammengetragen, angefangen mit Fauna (20 cm grosse Heuschrecken) ueber Flora und Geologie. Dazu ein paar Raeume mit Kolonialgeschichte und auch eine Abteilung ueber das heutige Leben der verschiedenen schwarzen Bevoelkerungsgruppen. Erstaunlicherweise schafft man es hier in Namibia wohl trotz der Mischung aus den unterschiedlichsten Staemmen und damit verbundenen Volksgruppen eine ganz gut funktionierende Sozialgemeinschaft zu bilden. Vielleicht liegt dies aber auch nur daran, dass sich hier so wenig Menschen (ca. 2 Mio.) auf so grossem Raum verteilen und man sich damit zwangsweise fast nicht ins Gehege kommt. Nach dem Museumsbesuch machte ich mich zu Fuss entlang des Strandes auf zu unserer Ferienwohnung. 4 km spaeter hatte ich es geschafft. Zwischendurch war mir eigentlich die Lust vergangen, aber es half alles nichts, denn Taxis fahren hier nicht einfach kreuz und quer durch die Stadt oder gar am Strand entlang.

Am Sonntag ging es in Richtung Damaraland. Durch eine wahnsinnig aufregende Landschaft fuhren wir gen Norden. Um uns herum war das Land flach, vegetationslos und eher grau. Aber nach 120 km kam ein echter Knaller: Am Cape Cross siedelt eine Robbenkolonie, die aus ca. 1000 Tieren besteht. Diese hatten im November / Dezember gerade Junge bekommen, welche nun meckernd wie kleine Ziegen nach ihren Mamas riefen. Die Muetter zankten sich gerne mal um die schoensten Liegeplaetze und grunzten dabei wie eine Mischung aus Loewe und Schwein. Was fuer ein Gewusel! Wir waren hochgradig fasziniert und beeindruckt. Sehr schoen waren auch die Kindergaerten, in denen grosse Gruppen zur Tagesbetreuung aufgenommen worden waren, waehrend Mama in Ufernaehe fischte, um wieder Milch zu produzieren. Ein unglaublicher Gestank umwehte uns, erzeugt von reichlich verwesenden Babies sowie diversen verdaechtig gelben Pfuetzen ueberall.

Dann gab es auch noch eine traurige Stelle im Robbenkino: eine sehr kleine, sehr zerzauste Robbe irrte umher und schrie erbaermlich nach seiner Mama, die es anscheinend schon vor etlichen Tagen verloren zu haben schien, so mickrig, wie sie aussah im Gegensatz zu seinen properen Altersgenossen. Bei jedem Muttertier versuchte es anzudocken, wurde aber nur angeschrien und weggebissen. Es brach uns fast das Herz, denn es war klar, dass es diese Robbe nicht schaffen wuerde (obwohl mir Tom versprochen hat, dass es seine Mama ganz bestimmt noch finden wuerde).

Nach den Robben folgte das endlose Nichts. Dieses nennt sich Skeletton Nationalpark, und man muss erstaunliche 80 NS (ca. 8 Euro) Eintritt zahlen, um dieses Nichts zu sehen. Graue Duenen- oder Sandlandschaften, am Ende feierten wir jedes Strassenschild als grosse Attraktion. Mein Highlight war dann, als alle ausser mir schliefen, saemtliche Radiosender uns laengst verlassen hatten und ich eine halbe Stunde geradeaus fuhr.

Den Teil, den ich wach erlebte, gab mir eine Lektion in der Binsenweisheit „es geht immer noch schlimmer”. Wir dachten bereits in der Namib Wueste, dass wir durch eine karge Landschaft fuhren, aber diese Kuestenwueste setzte dem ganzen die Krone auf. Hier wuchs nun wirklich nichts mehr, und das Hirn konnte sich, von der moerderischen Hitze genug beduselt, mit etwas Phantasie an den unterschiedlichen Farbnuancen im Staub, der das Auto zu bedecken begann, erfreuen. Soweit ich mich erinnere, begegneten wir hier auf ueber 100 km keinem Auto und selbst, wenn eins da gewesen waere, haette man es eh nur fuer eine Fatamorgana gehalten.

Tja und dann der Mensch, diese unergruendliche Kreatur, die sich nun wirklich von gar nichts abschrecken laesst. Auf unserer Landkarte war ein Kuestenflecken mit dem wohlklingenden Namen Torra Bay bezeichnet. Dort gab es auch ein Tankstellensymbol, und wir wollten die Gelegenheit nutzen. So landeten wir auf einem Campingplatz mit Minikaufladen, Zapfsaeule und ein paar Wassertanks, der ansonsten durch seine Kuestennahe und die vollkommene Abstinenz von jeglicher Form von Gruen zu ueberzeugen wusste. Und man glaubt es nicht, hier standen mindestens 40 Zelte und ebenso viele Allradautos. Was machten die hier? Im Reisefuehrer hatten wir gelesen, das der gesamte Kuestenstreifen ein Eldorado fuer Angler sei - das war auch der Antrieb fuer diese Gestalten. Wem es Spass macht… Wir waren froh, erstens Benzin zu bekommen und zweitens sofort wieder abhauen zu duerfen.

Am Ostausgang des Nationalparks hatte ich eine Tuete mit Essen abzugeben, welches uns der Kumpel vom Suedeingang mitgegeben hatte. Nachdem mir noch eine Packung Paracetamol abgeschwatzt worden war, durften wir den spannenden Park endlich verlassen. Zu unserer grossen Freude wurde die Landschaft wieder schoener, wir fuhren allmaehlich ins Damaraland ein. Das ist ein Gebiet mit Bergen, die in ihrer Form sehr an den Grand Canyon erinnern. Die Sonne stand schon ziemlich tief, so dass die Landschaft in ein schoenes Gold getaucht wurde.

Mit der Vegetation nahm auch die Tierdichte allmaehlich zu. Springboecke versuchten, sich vors Auto zu stuerzen (stark suizidgefaehrdete Spezies), Oryxantilopen standen wuerdevoll am Strassenrand, und ploetzlich waren sie da: direkt neben der Strasse graste eine Gruppe der seltenen Wuestenelefanten! Das war eine ziemlich seltsame Stelle, denn die Berge bildeten hier ein schmales Tal. Wir waren alle aus dem Haeuschen, aber auch ein wenig aufgeregt wegen der extremen Naehe. Wir wurden auch ordentlich mit grossen Elefantenohren angewedelt, was bedeutete: „Haut ab!” Der Grund fuer die Drohgebaerde war ein kleines Elefantenbaby, welches sofort von mehreren Erwachsenen schuetzend umkreist wurde. In akuter Fluchtbereitschaft genossen wir den herrlichen Anblick.

Kurz vor 20 Uhr erreichten wir endlich unsere Lodge. Wir hatten Uebernachtung im Zelt gebucht, aber auf afrikanische Luxus Art. So stellte sich schnell heraus, dass der Ausdruck Zelt hier eigentlich nur auf die Waende der riesigen Huetten zutraf, in die wir einziehen durften. Die Huette selbst war mit einem Strohdach gedeckt und verfuegte ueber ein riesiges Bett, welches man auf die erhoehte Terasse herausschieben konnte, falls man Lust hatte, im freien unter dem berauschenden Sternenhimmel zu schlafen. Wir veschoben diese Entscheidung auf spaeter, der Magen hing schon seit mehreren Stunden durch. Umso mehr freuten wir uns, dass Dinnertime 20 Uhr war. Das passte doch. Wie seltsam dieser Gegensatz war. Den ganzen Tag waren wir durch diese Wuestenei gefahren, und nun sass man hier in dem Haupthaus dieser Lodge, der Himmel blutrot gefaerbt, und ploetzlich war man wieder in einem Pardies gelandet.

Die traditionelle Gesangseinlage der schwarzen Belegschaft widersprach heute kurz unserem Hungergefuehl, wir konnten uns dennoch zusammenreissen und stuerzten uns erst nach einer Anstandssekunde auf das Buffet. Zur Feier des Tages wurde auch ein Flasche Wein gekoepft, schliesslich hatten Katrin und ich heute 8 jaehrigen Kennlerntag, das sollte doch nicht spurlos an uns vorbeirauschen. Leider tanzte unsere Reisebegleitung weder auf dem Tisch, noch wurde ein schoenes Liedchen angestimmt, so mussten eine klitzekleine Ansprache von mir an meine grosse Liebe den feierlichen Part dieses Tages eine wuerdigen Rahmen geben. Und fuer alle, die immer alles ganz genau wissen wollen - die Fahrt war so anstrengend und lang gewesen, dass wir es nicht einmal schafften darueber nachzudenken, ob wir das Bett unter den Sternenhimmel schieben.

Die Nacht verlief, ohne das ein Schlange oder ein Skorpion den Weg in den Zeltbungalow schaffte. Wir mussten also nicht auf die mit Treibgas betriebene Alarmtroete zurueckgreifen, die sich fuer alle Faelle in jeder Huette auf den Schreibtisch befand. Nach dem Fruehstuecksbuffet machten wir uns gleich wieder auf die Socken, da man in der Hitze eigentlich nur in den Morgenstunden ohne Schweissflecken mehr als drei Minuten laufen konnte. Wir wollten die oertlichen Highlights des Damaralandes besichtigen.

Da kommen zu allererst die Felsmalereien des Twyfelfontain Tales. Hier hatte eine weisse Familie 1946 den irrsinnigen Versuch unternommen, so etwas wie eine Farmwirtschaft aufzuziehen, nur um endlich nach 12 Jahren einzusehen, dass das ungefaehr dem Kampf gegen die Windmuehlen glich. Ein positiver Effekt dieses missglueckten Versuches war jedoch die Entdeckung der Felsmalereien und Felsgravuren in diesem Gebiet. Die Einheimischen wussten natuerlich schon seit mehreren tausend Jahren, dass es diese Gravuren und Bilder hier gab, denn sie dienten als Kommunikationsmittel, um z. B. zu vermerken, wo sich Wasserloecher befinden oder welche jagbaren Tiere es in der Region gibt. Die Schwarzen fragte natuerlich niemand, und so dauerte es eben bis etwa 1950, bevor der weisse Mann Wind von der ganzen Sache bekam.

Heute gibt es hier ein Besucherzentrum, in dem einige Fuehrer den Tag damit zubringen, darauf zu warten, dass Interessierte die Felsbilder bestaunen wollen. Nur in Begleitung dieser Fuehrer darf man das Gelaende ueberhaupt betreten. In einem Reisefuehrer fanden wir eine treffende Beschreibung fuer das was dann geschah „ … wird man von den recht lustlos wirkenden Fuehrern herumgeleitet, die ihre Informationen auf das Wesentliche beschraenken.” - das trifft es recht genau. Die Gravuren in dem roten Sandstein stellen vor allem Jagdszenen und die Tierwelt dar und werden auf ein Alter von 4 bis 6 tausend Jahren geschaetzt. Meine Begeisterung fuer solche Dinge haelt sich auch nach dem Besuch dieser Kulturstaette in Grenzen - ich glaube mein Problem ist die Wertschaetzung solcher Zeitraeume, weil fuer mich eh unvorstellbar. Ich falle einfach nicht in Ohnmacht, weil etwas alt ist (das wird es von alleine). Fuer anders veranlagte Menschen ist das hier aber bestimmt ein Ort des hoechsten Genusses, und man sollte ja auch nicht vergessen, dass Afrika gemeinhin als die Wiege der Menschheit und der menschlichen Kultur betrachtet wird.

Das ganz wurde noch getoppt durch die immer weiter ansteigende Temperatur und unser naechstes Ziel, das Tal der Orgelpfeifen. An dieser Attraktion faehrt man dann einfach vorbei, weil das Schild wohl gerade dem Ausbau der Piste zum Opfer gefallen ist. Die spektakulaeren Basaltformationen sind durch vulkanische Aktivitaet in diesem Gebiet entstanden und beeindrucken (bei wohlwollender Nachsicht oder nach einem Geologiestudium) durch ihre regelmaessigen saeulenartigen Strukturen. Wir hatten uns mehr davon versprochen, waren aber auch nicht so ungluecklich, als wir unseren Alibiausflug damit abschliessen konnten. Wir schleppten uns noch zu einer benachbarten Lodge zum Mittagessen, um es anschliessend nur noch knapp zum Pool unserer Lodge zu schaffen. Es war eben einfach Siestazeit, und die tolle teure Lodge musste ja auch abgewohnt werden.

Uebrigens - waehrend sich die Reiseleitung mit Partner auch in der zweiten Nacht das Freiluftevent entgehen liess, waren Sandra und Bewi da nicht so zimperlich. Trotz einiger unheimlicher Geraeusche verbrachten sie die Nacht unter dem Sternenzelt. Sind eben doch alte Trapper.

::©Copyright 2006  :: Thomas Arndt & Katrin Münch :: Impressum