Text von Thomas ist gruen
Text von Katrin ist schwarz
Am Sonntag soll man sich nicht ueberschlagen, und da wir schon wieder langsam versuchen, uns an den deutschen Alltag zu gewoehnen, haben wir uns gleich dieser Devise angeschlossen. Nach einem ruhigen Fruehstueck, dass uns zwar vom Inhalt her das uebliche „abwechslungsreiche” Bacon and Eggs bot, dafuer aber durch eine wirklich liebevolle Art der Anrichtung auf dem Teller gefiel, verbrachten wir den Vormittag mit dem Lesen der Zeitung und unserer neuen Buecher. Gegen Mittag brachen wir zum Strand auf. Die Wellen waren ziemlich wild, aber im Meer hielt man es eh nicht ewig aus, das Wasser erreicht hier gerade mal 18°. So faulenzten wir am Strand, und zwei Stunden spaeter hatten wir es geschafft: wir hatten uns einen Sonnenbrand eingefangen, zumindest konnte man wunderbar sehen, welche Stellen beim Einschmieren vergessen wurden. Es ist unglaublich, selbst nach Monaten in der prallen Sommersonne der suedlichen Halbkugel kommt man hier ohne Sonnenschutz nicht lange ungeschoren ueber die Runden!
Am Abende schauten wir DVDs, die wir in unserer Herberge fanden, zwar gab es nur mittelmaessige Kost, aber nach Wochen der Fernsehabstinenz nahmen wir, was kam. Beim Abendessen entschieden wir uns fuer die Quick and Easy Variante und waren ueberrascht, wie guenstig wir ein komplettes Abendessen bei einem Italiener in einer kleinen Shoppingmall bekamen (ca. 13 Euro fuer zwei). Unserem Budget kann das nur gut tun, der Februar ist uns sowieso durch die vielen Eintrittsgelder und den Flug von Windhoek nach Port Elizabeth komplett aus dem Ruder geraten.
Am Montag wechselten wir unser Auto. Nun fuhren wir wieder Golf Citi, und schon nach den ersten Metern dachten wir mit Wehmut an die schoene Servolenkung zurueck. Nun hiess es also wieder ordentlich ins Lenkrad greifen, aber das gibt wenigstens Muskeln, und meistens faehrt man ja eh geradeaus. Beim Anlassen mit eingelegtem Gang und dem folgenden direkten Satz in Richtung Parkhauswand erinnerten wir uns: ach ja, keine Automatik mehr! Nun ist die Golfbremse auch ein gutes Stueck lascher, und so kam beim Bremsversuch gleich noch eine Erkenntnis hinzu.
Da wir eh gerade am Flughafen waren, wollten wir versuchen, unsere Visa, die nur bis zum 1. April gueltig sind, zu verlaengern. Zuvor liessen wir unsere Rueckflugtickets am Lufthansaschalter aendern (fuer alle, die es interessiert: am 14. April sind wir wieder in Deutschland!). Wer nun glaubt, dass die Verlaengerung eines Touristenvisums so hopplahopp funktioniert, der irrt. Immerhin fanden wir einen Grenzbeamten, der uns erklaeren konnte, wie das ganze in Theorie funktioniert. Wir muessten zum Department of Home Affairs und dort eine entsprechende Verlaengerung beantragen. Die naechste Behoerde hierfuer sollte irgendwo in Belleville sein (ein Vorort bzw. Ortsteil von Kapstadt). So machten wir uns auf die Suche, und nach zweimal fragen standen wir vor der suedafrikanischen Behoerdenwirklichkeit.
Das Department of Home Affairs regelt nicht nur Reiseformalitaeten, sondern ist Dreh- und Angelpunkt fuer viele Angelegenheiten wie z.B. die Registrierung von Geburten, Eheschliessung usw. Entsprechend war es schoen voll, als wir das heruntergekommene Verwaltungsgebaeude betraten. Immerhin bekamen wir an der Information Bescheid, dass wir hier an der richtigen Stelle seien, und mit uns unverschaemt teuer erscheinenden ca. 50 Eur pro Person waeren wir dabei. Uns trennte nur noch eine Schlange von 8 Personen von der Erledigung. Dachten wir jedenfalls. Die Abarbeitung unserer Schlange dauerte fast eine 3/4 Stunde, denn vor uns befanden sich so dramatische Faelle wie Fluechtlinge aus Uganda, und die Sachbearbeiterin kaempfte an drei Schaltern gleichzeitig. Davon offensichtlich ueberfordert, verschwand sie auch mehrmals fuer etliche Minuten ohne erkennbaren Grund. Vermutlich betrieb sie Stressabbau bei einer Zigarette.
Schliesslich kamen wir an die Reihe. Uns wurde erklaert, dass wir belegen muessen, dass wir ueber ausreichende Geldmittel verfuegten. Das ginge entweder per Bankbestaetigung oder mit der Vorlage von Bargeld. Wir hatten gute 2.000 Rand dabei (etwa 210 Euro) und die Dame meinte, das koennte reichen. So fuellten wir also brav den Antrag aus, legten die gerade (gluecklicherweise) geaenderten Rueckflugtickets bei und mussten feststellen, dass „unsere” Sachbearbeiterin schon wieder wegdiffundiert war. Dafuer hatte nun ein Kollege uebernommen, der sich nach kurzer Erklaerung mit unserem Antrag auseinandersetzte. Unser „Barvermoegen” wurde im Beisein einer weiteren Beamtin gezaehlt, jetzt fehlte nur noch die Unterschrift der Dienststellenleiterin. Leicht geknickt kam unser Sachbearbeiter von dieser zurueck, denn die Menge Bargeld wuerde fuer uns beide nicht ausreichen. Auf unsere Frage, wieviel denn ausreichen wuerde, musste er leider passen, und es war auch durch mehrmaliges Nachfragen nicht aus ihm herauszubekommen. Eigentlich wusste das naemlich scheinbar keiner so richtig.
Wir sollten doch einfach einen Bankauszug mit dem aktuellen Kontostand beibringen, das wuerde auch ausreichen. Irgendein Ausdruck aus dem Internet taete es auch. Ich meinte, das waere doch Unfug, da koennte ich doch gleich alles moegliche zusammenbasteln und ausdrucken, beharrte aber im eigenen Interesse nicht weiter auf der nicht vorhandenen Aussagefaehigkeit eines Computerausdrucks. Wir fanden zum Glueck in relativer Naehe ein Internetcafe, und 10 Minuten spaeter hatten wir beide einen Ausdruck mit ein paar Zahlen und Kontonummern in der Hand. Wir mussten uns erneut anstellen, konnten aber nach 10 Minuten an der Schlange vorbei. Die Ausdrucke wurden der Dienstellenleiterin vorgelegt, und diesmal bekamen wir das OK. Nun ritt der Amtsschimmel los, mit irgendetwas musste die fuerstliche Gebuehr ja auch gerechtfertigt werden.
Auf allen Dokumenten und Kopien wurden reichlich Stempel untergebracht, und unser Sachbearbeiter hatte auch eine sehr beeindruckende Unterschrift, deren Erstellung jeweils fast eine halbe Minute in Anspruch nahm. Wir bekamen einen Beleg mit einer Telefonnummer, an die wir uns wenden sollten. Wir verstanden nicht wirklich, wozu wir diese Telefonnummer braeuchten, vielleicht falls es bei der Ausreise Diskussionen geben sollte? War ja auch egal, wir schoben unsere Reisepaesse hin, damit die Verlaengerung um zwei Wochen eingetragen werden konnte. Nein, so einfach ging es aber nicht! Man erklaerte uns das Prozedere: In spaetestens 30 Tagen wuerde ueber den Antrag entschieden sein, und wir koennten dann wieder vorbeikommen, um die Verlaengerung eintragen zu lassen! Uns fiel die Kinnlade herunter. Das ging doch gar nicht, denn Ende Maerz waeren wir voraussichtlich in Botswana oder Namibia bei den Victoriafaellen, bestenfalls koennten wir in Johannesburg sein. Hmm, schwieriger Fall! Die erneute Rueckfrage bei der Leiterin eroeffnete die Moeglichkeit, die Unterlagen, sobald fertig, auch per Fax an eine Dienststelle in einem anderen Ort zu senden.
So sind wir dann nach 2 Stunden aus der Dienststelle gestolpert und koennen nun hoffen, dass erstens unserem Antrag stattgegeben wird, zweitens das ganze schneller als in 30 Tagen hinzukriegen ist und drittens die versprochene „das geht dann ueberall” Variante tatsaechlich funktioniert. Da bei mir als altem Ossi das Schlangen- Warte-Gelassenheits-Gen deutlich besser ausgepraegt ist als bei Tom, habe ich diesen Aemterwahn unter „echter Suedafrika-Erfahrung” abgehakt. War zwar eine ziemlich bekloppte Aktion, aber trotzdem freute ich mich ueber meinen schoenen bundesdeutschen Pass. Mit Uganda z.B. waeren wir wesentlich uebler dran gewesen!
Endlich kamen wir nun raus aus Kapstadt. Da wir eh schon relativ weit noerdlich waren und wir es heute sowieso nicht mehr bis nach Mossel Bay schaffen wuerden (unserem eigentlichen Tagesziel), fuhren wir einen kleinen Schlenker ins bergige Hinterland. Die N1 fuehrte uns durch die fruchtbaren Wein- und Obstanbaugebiete, und nach 200 km landeten wir in dem huebschen kleinen Ort Montagu, in dem die schwarz-weisse Welt in einer gewissen Harmonie zu existieren schien. Wir fanden schnell ein Bed & Breakfast in einer alten Villa im kaphollaendischen Baustil. Hier fuehlten wir uns nach diesem Amtstag dann doch fuer die Muehen entschaedigt und genossen ein prima Abendessen in einem der suedafrikanischen Top 100 Restaurants, das gluecklicherweise weder Top 100 Preise hatte, noch sehr affektiert wirkte.
Die Wirtsleute waren schon wieder sehr nett und suedafrikatypisch zu ausfuehrlichen Schwaetzchen aufgelegt. Hilfe! Allmaehlich kann auch ich Dauerquatscher nicht mehr! Die beiden hatten ein paar interessante Stories auf Lager, allerdings hatten wir keine richtige Lust auf die erneute Beschreibung unserer Weltreise, und erzaehlten lieber vom Beamtenwahnsinn des Tages, womit wir in ein Wespennest gestochen hatten, denn gerade dieses Department of Home Affairs war natuerlich von „der uebelsten Sorte”!
Obwohl wir am Dienstag zum Fruehstueck aufs beste bewirtet wurden und es uns die Schoenheit der Umgebung von Montagu angetan hatte, brachen wir ziemlich bald auf. Das Meer lockte uns doch mehr als die zu erwartende Hitze im Landesinneren. Die Gegend, in der wir jetzt unterwegs waren, heisst Karoo und bietet eine abwechslungsreiche und bergige Landschaft. Waehrend die Berghaenge eher nur triste Vegetation bietet, wird in den Taelern intensiver Obst-, Wein- und teilweise sogar Feldanbau betrieben. In diesem Gebiet entlang schlaengelt sich die R62, eine der touristischen „Topstrassen” Suedafrikas. Sie fuehrt von West nach Ost durch die Faltungsgebirge mit der gleichen Ausrichtung, dabei kommt man durch tiefe Kluften und ueberquert den einen oder anderen Mittelgebirgspass.
Ich konnte es nicht fassen, wie lieblich diese Gegend war! Ich fuehlte mich wie in einem Heimatfilm mit dem Titel „Willkommen in der heilen Welt”. Pralle Reben wurden auf die Anhaenger niedlicher kleiner Traktoren geworfen, huebsche Haeuschen saeumten den Wegesrand, kraftvolle Bauern schwangen die Forke, anmutige Baeuerinnen droschen das Korn… OK, jetzt geht's ein bisschen mit mir durch. Haette aber dorthin gepasst. Selbst die Schwarzen- Siedlungen waren ganz huebsch, und alles versetzte mich in eine Art Romantik-Stimmung, so dass ich begann, ein paar Heile- Welt- Schlager zu traellern. (Armer Tom, aber der hat sich inzwischen an mich gewoehnt...)
Wir trennten uns nach 100 km von dieser Strasse und fuhren Richtung Suedosten nach Mossel Bay. Wir hatten genug Zeit, um uns in Ruhe nach einer Unterkunft umzuschauen. Schliesslich landeten wir in einer Art Ferienanlage, die sich aus einer bunten Mischung alter Ferienhaeuser zusammensetzte, die vor kurzem renoviert wurden. Wir verzichteten der Kosten wegen (leider) auf einen direkten Meeresblick, dafuer bekamen wir in der zweiten Reihe ein Cottage fuer Selbstversorger, das uns sofort wegen seines putzigen Inneren begeisterte. So beeindruckt mieteten wir uns gleich fuer drei Naechte ein - wir hatten ein neues Kurzzuhause gefunden.
Wir waren froh, dass wir nun endlich mal wieder nicht auf Restaurants angewiesen waren. Katrin zog gleich los, um im Supermarkt Lebensmittel fuer das Abendessen und das Fruehstueck der naechsten Tage zu besorgen. Einkaufen war ich ja seit mehreren Wochen nicht mehr gewesen, ich geriet regelrecht in Ekstase und inspizierte das Angebot mindestens eine Stunde lang, ein echter Storecheck! Wir waren happy mit der neuen Freiheit und unserem Abendessen (Pasta mit Meeresfruechten).
Am Mittwoch genoosen wir unser Domizil. Der Tag begann mit dem fast „deutschen” Fruehstueck. Mit Zeitung- und Buecherlesen verging der Vormittag, und wir mussten uns fast aus dem Haeuschen zwingen, um an den Strand zu gehen. Durch die schuetzende Bucht waren in Mossel Bay die Wellen nicht so praechtig, wie wir es von den letzten Wochen kannten. Dafuer war das Wasser wie erhofft viel waermer als noch in Kapstadt. Die kleinen Wellen reichten dann doch sogar fuer ein bisschen Bodysurfen, und in der sonst ruhigen See koonten wir sogar mal ein paar Meter schwimmen.
Da wir uns diesmal nicht wieder einen (bloeden) Sonnenbrand holen wollten, brachen wir bald schon wieder in unsere Huette auf, und Katrin organisierte drei DVDs. Beim Anschauen von „Hotel Runada” sank unsere Stimmung allerdings ziemlich. Ein bewegender Film ueber die furchtbare Ignoranz, mit der die „erste Welt” auf Massaker in der „dritten Welt” (insbesondere die ohne Erdoelvorkommen) reagiert. Um uns wieder aufzumuntern, kam schnell das Straussensteak in die Pfanne, zusammen mit leckerem Gemuese. Unser Versuch, Roman Polanskis Neuverfilmung von Oliver Twist anzuschauen, missglueckte. Der „anstrengende” Tag liess zuerst mich und dann auch Katrin auf halber Strecke einnicken. Wie unschwer aus all dem herauszulesen ist: Wir haben seit Tagen einen Gang runtergeschaltet und geniessen eine Zeit, zu der wir selbst sagen „Wir machen jetzt mal ein Weilchen Urlaub!”