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Text von Thomas ist gruen

Text von Katrin ist schwarz

Ort [Plettenberg Bay - Umhlanga] Datum [09.03.07-12.03.07] Reisetag [306 - 309] Temp. [ca.27]
92. Kilometerfressen

Freitag. Plettenberg Bay liess uns einfach nicht los. Wieder hatten wir einen Tag rangehaengt, doch diesmal sollte es wirklich der letzte sein. Der strahlende Sonnenschein wollte nun aber auch die Regentage vergessen machen. Heute stand eine Bootsfahrt auf dem Programm. Wir mieteten uns einen kleines Fischerboot mit 5 PS Aussenborder und tuckerten einen Flusslauf entlang, der sich durch eines der engen Taeler wand. Wir waren ganz froh, dass wir uns nicht fuer die Kajakvariante entschieden hatten, denn mit dem Boot fuhren wir 8 km gegen die Stroemung, und selbst dafuer brauchten wir schon eine gute Stunde.

Auf dem Rueckweg landeten wir an einer der Sandbaenke an und sprangen in das seltsam braeunlich rote Wasser des Flusses. Hier muessen viele Naehrstoffe ins Meer getragen werden. Das erfrischende Bad belebte die langsam schwindenden Sinne, der Aussenborder mit seinem einlullenden Gedroehne hatte eine hypnotisierende Wirkung. Dennoch entschlossen wir uns, auch noch bis zur Muendung des Flusses ins Meer vorzufahren. Wir waren genau waehrend desTiefststandes der Ebbe unterwegs, und so wurde die Fahrt etwas abenteuerlicher. Haeufig trennten uns vom sandigen Boden nur ein halber Meter, und ein paar Mal quirlten wir mit der Schraube eine ganz ordentliche Dreckspur hinter uns auf. Nach einer schier endlosen Strecke entlang der Lagune erreichten wir endlich das Meer. Katrin war ganz heiss darauf, mit dem kleinen Ding in See zu stechen, die Brandung mit den heftigen Wellen hielt uns jedoch (zum Glueck) von diesem Vorhaben ab.

Nun mussten wir denn langen Weg zurueck. Unterwegs setzten wir noch ein mehrmals auf der einen oder anderen Sandbank auf, kamen aber immer mit Motorkraft weiter. Nach vier Stunden und 26 km Strecke waren wir endlich wieder am Ausgangspunkt der Fahrt angekommen. Wir hatten auch die Schnauze voll vom Aussenbordergeraeusch und freuten uns sehr ueber die wiedererlangte himmlische Ruhe. Immerhin haben wir uns bei diesem Ausflug mal nicht vollkommen den Pelz verbrannt, das ist doch schon eine beachtliche Leistung. Ziemlich erschoepft und mit leichtem Droehnen im Kopf zogen wir uns wieder in unsere Wohnung zurueck, schliessen mussten wir doch auch am letzten Tag noch unsere Miete abwohnen. Das abendliche Tischtennisfinale endete wie immer knapp.

Nach ueber einer Woche rissen wir uns am Samstag nun endlich von Plettenberg los. Unsere Fahrt ging in Richtung Durban nach Nordosten. Wir wollten so lange fahren, wie wir Lust haben, und irgendwo unterwegs uebernachten. Die Fahrt durch die schoene Huegellandschaft war ganz angenehm. Nach der langen Pause waren wir richtig froh, mal wieder unterwegs zu sein und zu neuen Ufern aufzubrechen. Ca. die Haelfte der Fahrt war praktisch eine Rueckfahrt zu unserem damaligen Ausgangspunkt in Port Elizabeth, erst danach begaben wir uns auf neue Wege.

Nach 420 km kamen wir in Port Alfred an, ein Hafenort mit Lagunen und Straenden. Hier muesste es sich gut uebernachten lassen, also begaben wir uns auf die Suche. War aber gar nicht so einfach wie gedacht: die Innenstadt (so man den doerflichen Ortskern so nennen kann) war ziemlich townshipmaessig und abgeranzt. Aber die Huegel mit Meerblick waren natuerlich fest in weisser Hand, und wir fanden ein schoenes B+B mit Meerblick. Trotz Abraten unserer Vermieterin zogen wir an den Strand und stuerzten uns ins wilde Meer. Uns hatte waehrend der Autofahrt eine knallige Sonne total aufgeheizt, und wir brauchten dringend Abkuehlung. Ein strammer Wind, eine ziemlich frische Wassertemperatur und heftige Wellen und Stroemungen kuerzten unser Badevergnuegen allerdings ab. Man musste regelrecht aufpassen, dass einem nichts wegflog beim Umziehen!

Nachdem wir uns gestern noch freuten, dass es bis Durban nur noch knapp 500 km sind, wurden wir Sonntag frueh von unserer Vermieterin eines besseren belehrt. Gute 10 Stunden braucht man und es sind fast 900 km. Da muss ich in der Entfernungstabelle wohl um eine Zeile verrutscht sein. Mit dem Hinweis noch vollzutanken und „Jetzt beginnt Afrika!” wurden wir auf die Piste entlassen. Und tatsaechlich veraenderte sich das Suedafrika, wie es sich uns bisher dargeboten hatte. Statt weisser Vorortsiedlungen mit drumherum gepflasterten Townships fuhren wir jetzt durch ein fast ausschliesslich von Schwarzen bevoelkertes Gebiet.

Das (oder die) Transkei war waehrend der Apartheid eine der „Abschieberegionen” fuer die schwarze Bevoelkerung. Den Weissen erschien dieser Landstrich als wertlos genug und fuer die Schwarzen, insbesondere die Zulus war dieses Gebiet schon immer von grosser Bedeutung. So war die Idee geboren, soviele Schwarze wie moeglich hierher zu verpflanzen und die ganze Region dann als unabhaengiges Gebiet zu deklarieren. So haette man aus Suedafrikanern auf die schnelle Auslaender gemacht und mit repressiven Grenzkontrollen wunderbar den „Deckel” draufhalten koennen. Es kam dann anders. Der Stolz und Unabhaengigkeitswille brachte gerade in dieser Region eine Vielzahl schwarzer Fuehrerpersoenlichkeiten hervor, so wuchsen hier z. B. Nelson Mandela und Steven Biko (vielleicht kennt jemand das Lied „Biko” von Peter Gabriel, genau um den geht es hier) auf.

So brausten wir 600 km durch diese auffallend dicht besiedelte Gegend. Ueberall waren Huetten und kleine Doerfer zu sehen, man betreibt Viehzucht und ein wenig Ackerbau. Die Durchfahrt durch die wenigen groesseren Orte verstaerkte den „in Afrika” Eindruck noch um ein Vielfaches. Die Strassen sind ein Band durch das Menschengetuemmel, ueberall halten Kleinbusse und machen die Strassen noch enger. Die eine oder andere Imbisskueche ist am Strassenrand aufgebaut, und ein wildes Markttreiben ist im Gang. Saemtliche Strassen und Wege sind mit herumliegenden Wohlstandsmuell (hauptsaechlich Plastiktueten und -flaschen) gepflastert, und ein leicht abgestandener Geruch liegt ueber dem Ganzen. Beim Durchfahren solcher Orte muss man wie ein Schiesshund aufpassen, denn nicht alle in diesem Getuemmel schenken dem Verkehr auf der Hauptstrasse ihre Aufmerksamkeit.

Die N2 windet sich praktisch auf der ganzen Strecke durch eine bergige Landschaft. Ein Taleinschnitt und Minipass jagt den naechsten und nach und nach schraubt man sich auf ueber tausend Hoehenmeter hoch. Zuegiges Fahren ist schwer, denn auf dieser Schlagader durch das Gebiet sind reichlich LKWs unterwegs, die an den zahlreichen Anstiegen schnell zum stehenden Hindernis werden. Dazwischen tummeln sich hunderte von Kleinbussen, die gerne mal abrupt den Strassenrand ansteuern, um Leute aus- oder einsteigen zu lassen. Alles in allem eine Fahrt ohne echte Hoehepunkte und doch ein an sich spannendes Erlebnis voller neuer Eindruecke.

Am Ende der 600 Tageskilometern hatten wir dann beide gehoerig die Nase voll. Wir fanden ein wenig ausserhalb von Kokstad eine Lodge, die uns zusagte. Zum Abschluss des Tages bekamen wir auch noch ein heftiges Gewitter mit Hagelschauer geboten, das wir uns aus unserem Zimmer heraus als eine Art Naturfernsehen anschauten.

Durch den langen gestrigen Ritt hatten wir es am Montag bis zu unserem eigentlichen Ziel Durban nicht mehr allzu weit. Etwas noerdlich von Durban liegt ein touristisch ganz gut erschlossener Kuestenstreifen, an dem wir begannen, eine Bleibe fuer die naechsten paar Tage zu suchen. Dies stellte sich als unerwartet schwierig heraus, zwar gab es hier eine Anzahl schaurig schoener Riesenhotels mit prima Meeresblick, aber diese Hotelburgen waren alle ausgebucht. Uns fiel die Kinnlade herunter. Sollte uns schon die erste Osterreisewelle einholen?

Wir versuchten unser Glueck ein Stueckchen weiter noerdlich und fanden uns ploetzlich in einer nagelneuen Casino - Hotel - Freizeitwelt mit dem Namen Sibaya wieder. Die Anlage sieht aus wie ein Tempel aus 1001 Nacht, und zu unserer Ueberraschung bot man uns als Sonderaktion ein Zimmer fuer nur 500 RND an. Um dieses Schnaeppchen kamen wir nicht herum. Leider konnten wir uns nicht fuer vier Tage einmieten, am Mittwoch ist das Haus komplett ausgebucht, aber wir haben die Hoffnung, vielleicht doch noch von einer Absage zu profitieren. Mal sehen, bisher hatten wir ja meistens Glueck.

Nach einem erfrischenden Bad im Swimmingpool, das durch „Ich versuche mal einen Salto” Einlagen von Katrin gekroent wurde, brachen wir zur Gateway Shopping Mall auf. Wir mussten einfach mal wieder etwas am Konsumrausch schnueffeln.

Seltsam: Tom wollte gerne mal wieder in eine Shopping Mall. Na ja, mein „Nachtigall ick hoer dir trapsen” Gefuehl wurde nicht enttaeuscht: schon nach dem ersten (!!) Geschaeft hatte er keine Lust mehr. Und wir befanden uns in einer der groessten Malls Afrikas mit ueber 400 Laeden! In solchen Faellen hilft nur eine konsequente Trennung, damit mir nicht der Spass durch einen maulenden „Ich mag nicht mehr” Konsumverweigerer verdorben wird. So zog ich allein durch ein paar Geschaefte, und nachdem ich fast ein Jahr lang nur T-Shirts und Shorts gekauft hatte, schaute ich mich auch mal im aktuellen Damenoberbekleidungsbereich um. Das ist natuerlich genau die spannende Stelle, an der ich mich lieber verabschiede und auf eigene Faust ein paar interessante Geschaefte durchstoebere. Welcher normale Mann haelt schon die 212te Boutique aus, in der dann etwas gekauft wird, was nach dem ersten Tragen den einen oder anderen ploetzlichen Makel aufweist. Davon lebt eine ganze Industrie: Kaufen, einmal tragen und dann ab in die Ecke .. Zumindest Maenner verstehen was ich meine. Hmm, hier war ja einiges anders als vor einem Jahr! Ich probierte einige der vielen gerafften Teile an und stellte fest, dass diese die (kleine) Problemzone Fettwampe ziemlich gut wegretuschieren. Gekauft habe ich allerdings nur ein Kapuzenshirt, was soll ich z.Z. mit Blueschen? Ist zwar alles schoen billig hier, aber ich habe keine Lust, das Zeug mit rumzuschleppen.

Nach der Wiederbegegnung assen wir im Foodcourt und machten uns dann zu einem Cinema Nouveau auf. Der hochtrabende Name repraesentiert letztendlich auch nur eine Kinokette, die aber immerhin nicht nur den Hollywood Muell zeigt. Der Film „The Last King of Scotland” ueber Idi Amin beeindruckte uns sehr und regte unsere Gedanken an: das seltsame Taumeln vieler afrikanischer Staaten durch die Untiefen des Hasses verschiedener Ethnien, der Machtwillen Verrueckter und der korrumpierende Einfluss des Geldes gepaart mit massiven wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen anderer Staaten, die nach dem jeweiligen Gusto den einen oder anderen Belzebub an die Macht bringen…

Die Shopping Mall war ueberhaupt viel mehr als Shopping. Es gab nicht nur drei Kinos mit -zig Saelen, sondern auch jede Menge Restaurants, Spielhallen, Theater, eine (mal wieder weltgroesste) Kletterwand und sogar eine Wellenanlage, wo man surfen konnte. Solche Kunstwelten, wo es scheinbar an nichts fehlt, beeindrucken mich immer wieder. Was fuer riesige Geldrausziehapparate!

Denselben im Quadrat besuchte ich dann allerdings am Abend. Denn in unserem Hotelkomplex gab es ein grosses Casino! Die schoene Glitzerwelt mit ihren Geldauszahlungs Klingellauten hat mich schon immer fasziniert. Tom unverstaendlicherweise nicht so, daher zog ich allein los und hatte fast Probleme, eine meiner Lieblings Slotmachines zu ergattern, so voll war es. Naja, ich sag mal so: reicher bin ich nicht geworden an diesem Abend, aber es hat mir gewaltig Spass gemacht.

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